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Qualen eines Bibliophilen

Voraus: Ich besitze viele Bücher und lese sehr viel (zu viel, wie manche meinen, vor allem abends vor dem Einschlafen). Ich behandle meine Bücher sorgsam, wie man gute Freunde eben behandelt. Für unterwegs werden sie fest in eine Plastiktüte eingewickelt, Schutzumschläge werden zum Lesen abgenommen und selbstverständlich benutze ich ein Lesezeichen. Bücher kopfüber abzulegen ist ein absolutes NoNo. Ich verleihe Bücher nur an sehr gute Freunde, von denen ich weiß, dass sie meine Ansichten teilen.
Da ich sehr viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, sehe ich auch viele andere Menschen in Büchern lesen. Grundsätzlich freut mich das, weil es mir zeigt, das Lesen halt doch nicht out ist. Allerdings schüttelt es mich, wenn ich sehe, wie manche ihre Bücher behandeln. Dass nebenbei gegessen und getrunken wird ohne Rücksicht auf fettige Finger und Krümel, die sich als Einmerker in den Seiten festsetzen (Dabei frage ich mich immer, ob die Menschen vor zehn Jahren unglücklicher waren als sie ihren Morgenkaffee noch nicht in der S-Bahn trinken konnten. Irgendwann schaffe ich es sicher, mit einem auf dem Abfalleimer abgestellten halbvollen Becher eine große Sauerei zu veranstalten). Schlimmer ist ist jedoch, dass umgeknickte Ecken als Lesezeichen dienen, Taschenbücher einmal um sich selbst gewickelt werden (ich habe es noch nie ausprobiert, liest es sich so wirklich angenehmer?) und generell den Buchrücken solche Knicke zugefügt werden, dass ich Angst habe, die armen Bücher brechen in der Mitte auseinander. Das tut mir weh. Ok, bei Arztromanen und Romance nicht so sehr, aber es fängt schon bei Krimis an, die ich gerne zur Entspannung lese. Ganz schlimm wird es dann bei den Klassikern. Gestern wurde eine Jane Eyre so übel misshandelt, dass ich mich zurückhalten musste, um nicht derjenigen das Buch aus der Hand zu reissen. Wenn man schon das Buch nicht als Freund für unterhaltsame, lehrreiche und amüsante Stunden betrachtet, sollte man doch wenigstens Respekt vor dem Werk eines Autors haben.
Übrigens: bei der Münchner Bücherschau hatte ich einen Roman in der Hand, der davon handelt, was passiert, wenn zwei Bibliophile zusammenziehen. Kennt jemand den Titel? Ich habe ihn mir leider nicht aufgeschrieben.

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