Gestern hatte ich dank Giora Feidman einen wundervollen Abend. Eigentlich sollte das Konzert im Brunnenhof der Residenz der großen Stadt neben der kleinen Gemeinde mit den drei Schlössern stattfinden, allerdings ist das ins Wasser gefallen. Im Herkulessaal war die Atmosphäre zwar anfangs sehr unterkühlt, aber dafür die Akustik bestimmt um Klassen besser. Begleitet wurde er von der Russische Kammerphilharmonie St. Petersburg unter der Leitung von Juri Gilbo.
Das erste Stück, die Holberg-Suite von Grieg, bestritt das Orchester allein, mir hat es gefallen, Herr Nachtgedanken meinte, es hätte stellenweise etwas matschig geklungen. Allerdings hätte sein Orchester es auch nicht besser gekonnt.
Beim zweiten Stück, W.A: Mozart Konzert für Klarinette und Orchester KV 622 (Fassung für Streichorchester), wirkte auch der Meister mit, allerdings lief er hier noch nicht zur Höchstform auf. Mein Eindruck war, dass er halt mehr Solist ohne Orchester ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in einem Orchester gerne gesehen wird, wenn der Solist mitdirigiert. Aber einem Meister verzeiht man halt viel, ein anderer hätte da wohl auch mal einen Geigenbogen im Kreuz gehabt. Mit heftigem An-die-Stirn-tippen quittierte ein distinguierter Herr in der Reihe vor uns die Aufforderung Feidmans an das Publikum mitzusummen. Das war mal was anderes, das klang wirklich gut, ich habe schon fast einen Chor vermutet. Später erklärte Herr Feidman dann noch, dass Mozart sehr viel Wert auf die Stimme gelegt hat und die Beteiligung des Publikums somit seine Berechtigung hatte. Eigentlich sollte es jetzt in die Pause gehen, aber Herrn Feidman lässt sich ja gerne etwas exzentrisches einfallen und so gab es die erste Zugabe bereits vor der Pause: ein Lied, das aus Elementen der deutschen, israelischen und palestinensischen (sagt Herr Nachtgedanken, ich hatte eher argentinischen verstanden und kenne beide leider nicht) Nationalhymnen bestand, sehr ergreifend und mit viel Applaus bedacht.
Nach der Pause punktete das Orchester erwartungsgemäß mit den „Rumänischen Volkstänzen“ für Streichorchester von Béla Bartók. Auch Herr Feidman zeigte sein ganzes Können in den folgenden beiden Stücken: „In the Self“ für Klarinette und Orchester von Ora Bat Chaim und „Porgy and Bess“, Fantasie für Klarinette und Orchester von George Gershwin. Auf letzteres war ich besonders gespannt, zählt die Oper doch zu meinen Lieblingsstücken.
Das begeisterte Publikum ließ ihn erst nach mehreren Zugaben von der Bühne, unter anderem von Piazzolla und eine Melange aus Ave Maria und Dona Dona, bei der auch das Publikum wieder mit von der Partie sein durfte. Die unwiderruflich letzte Zugabe war Shalom Chaverim, da er mitten im Spiel von der Bühne ging und das Orchester gleich mitnahm. Das war auch gut so, sonst hätten meine Kollegin und ich vermutlich wirklich gleich von dort aus an der Protzburg unseres Landesvaters vorbei ins Büro gehen können. Zurück blieb das Gefühl einen sehr besonderen Abend erlebt zu haben, der bei eine Flasche Wein auf dem benachbarten Hof schön ausklang.
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