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Gott, Kot und Fleisch – Die Präsidentinnen im Peppertheater

Die Wichtigkeit dieser kleinen Münchner Keller- und Privatbühnen steht ohne Zweifel. Doch den Abend den drei Vollblut- und sicherlich unkommerziell motivierten Bühnentiere mit ihren Präsidentinnen hingestellt haben, beweist erneut, das Qualität nicht vom Kapital abhängt und Großes auch im kleinen, armen Theater geschaffen werden kann.

Nicht gerade leicht haben es die dreisten Drei sich dabei gemacht, indem sie Werner Schwabs schweren Brocken auf die Pepperbühne gehievt haben. Denn wenig passiert bei dem großen Textstück einer Sezierung dreier großer Frauenfiguren der Theaterbühne. Dialog und Monolog entschlüsseln langsam und grausam zynisch die Schicksale dieser kaputten Personen zwischen Geschlecht, Erinnerung und Lebensentwurf. Das braucht spielen und eine Distanz wie Nähe zu diesen kalten Karikaturen, diesen gebrochenen Menschen voller Leere und Boshaftigkeit und unendlicher Traurigkeit. Drei etablierte Bühnenfrauen haben sich diesem Schwab angenommen und bringen ihn brillant und pointiert auf die Bühne ohne dabei den Fehler zu machen, diesen Brocken als etwas anderes zu nehmen, als er ist – ein theatraler Seidlfilm, noch überzeichneter und in seiner Eindeutigkeit große Karikatur der modernen Vorstadt und der gebrochenen Frau. Manfred Lorenz Sandmeier nimmt sich in seiner Regie zurück, stellt die Frauen sparsam und auf den Text konzentriert im angedeuteten Wohnzimmer nebeneinander und lässt sie agieren, arbeitet die Rollen präzis heraus und lässt den Text sprechen. Mehr braucht es nicht.

Julia Mann gibt die Erna als verkapptes, spleeniges Wrack mit übermenschlichem Sohnkomplex. Mutig, sicher und mit Gespür für Komik gehört ihr die erste Hälfte mit manchmal etwas Hang zur Attitüde. Diese Ticks verträgt das Stück zu Auflockerung der harten Realität. Die macht die Enthaltsamkeit und Lebensverneinung von Erna spürbar, die sich alles spart, vom Gefühl zu Nähe zum Leben. Präsent und bühnenwohl und übersteigert authentisch in jeder Sekunde. Kongenial daneben die Spiegelfigur Grete von Raphaela Zick. Die regelmäßige Pepperdienerin und Bühnenliebling bekannt auch als Mephisto und Elisabeth aus Maria Stuart zeigt hier ihre beste Leistung auf hohem Niveau in der chargierenden, dem Wahn verfallenen Grete. Diese Frau ist zu bemitleiden und offenbart einen tiefen, grausamen Kern hinter der herzigen, schlampigen Oberfläche, den Zick auslotet und tief in die Figur blicken lässt. Mit jeder Träne über dem überzogenen Kajal überzeugt Zick vor allem in der zweiten Hälfte, die sie dominiert. Mann macht es ihr dabei nicht leicht, man sieht großen Akteurinnen immer dabei zu, wie sie miteinander ringen, die Figuren auf die Spitze treiben und sich immer auch einen gelungenen Darstellerwettbewerb liefern. Durch ihr junges Alter wird Schwabs Distanziertheit zu seinen Figuren, die gerne in der dritten Person von sich fabulieren nur noch deutlicher.

Dazwischen und witzigerweise alterstechnisch umgedeutet Waltraut Borchmann als rührenden, naive Mariedl. Zurückhaltend in der ersten Hälfte brilliert sie in ihrer großen Schlusserzählung ebenso wie in ihrer physischen Darstellung, die dem Zuschauer Mitleid für diese entrückte, alte Mariedl erzeugt, die wahrlich nichts trübt, bis sie an ihrer Zurückhaltung und dem Ausnutzen zerbricht. Sie komplettiert das Trio der verlorenen Seelen, die sich aneinander abarbeiten, da Hoffnung, Glück und Zukunft fehlen. Darum gehen sie aufeinander los, verachten sich und demütigen ihre gegenseitigen Schicksale. Der böse Witz funktioniert auch in der kühlen Lösung, die den Glauben an das Gute endgültig zu Grabe trägt. Hoffentlich aber arbeiten diese grandiosen Drei noch regelmäßig und auf diesem Niveau miteinander. München braucht diese Präsidentinnen.

 

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