[singlepic id=1427 w=240 h=320 float=left]Hänsel und Gretel ist sicher eine der meist gespielten Opern in deutschen Opernhäusern. Sie wird als Kinder-, Familien- oder Märchenoper verkauft, aber oft fürchten sich die kleinen Besucher vor der gruseligen Hexe oder langweilen sich, weil man die Texte kaum versteht.
Verena Sarré, die Gründerin der gemeinnützigen Sarré Musikprojekte gGmbH, geht neue Wege, um die Oper auch Kindern wirklich nahezubringen. So werden die Hauptrollen von Kindern gesungen, man kann der Hexe beim Schminken zusehen und verliert so die Scheu vor ihr und auch die Rollenkonzeption ist eher komisch denn schaurig. Die Premiere war denn auch rundherum gelungen, musikalisch und szenisch auf hohem Niveau und für Klein und Groß gleichermaßen geeignet. Das Bühnenbild von Caroline Neven du Mont ist eher klassisch, zeigt aber auch sehr poetische Momente, etwas wenn hinter gespannten Tüchern die Sterne aufgehen. Die Kostüme von Christina Bauer setzen die Oper in einen zeitlosen Kontext, bis auf den Beginn, als deutlich wird, dass Armut ausgrenzt und dass es sie heute noch genauso wie vor 100 Jahren gibt.
Die Regisseurin Julia Riegel schaffte es, Jung und Alt einen vergnüglichen, aber auch berührenden Abend zu bereiten. Viele kleine, witzige Regieeinfälle sowie die ausgezeichnete Personenführung der fast durchweg Laiendarsteller machen diese Inszenierung zu etwas ganz besonderem. Die Hexe ist tatsächlich eher lustig als gruselig, ohne aber die Originalgeschichte zu verzerren. Ein Rollator (der nicht immer als Gehhilfe verwendet wird) und ein nicht immer funktionierender Zauberstab tragen sehr zur Erheiterung bei ohne ins klamaukige abzudriften. Als Besonders gelungen empfinde ich die Abend-Segen-Szene, in der bekannte literarische Kinderfiguren wie Pippi Langstrumpf, der kleine Muck und sogar Harry Potter über die Geschwister wachen.
Die absoluten Stars des Abends sind die Geschwister Nicholas von der Nahmer, vielen noch sehr gut in seiner Rolle als Oliver im gleichnamigen Musical in Erinnerung, und Lilian von der Nahmer, die ebenfalls in Oliver! mit virtuosem Geigenspiel glänzte. Sie singen und spielen die Hauptrollen der verlorenen Kinder so anrührend, dass man sich immer eine Besetzung mit Kindersolisten für diese Oper wünscht. Beide verfügen bereits über sehr schöne Stimmen, die vor allem im ersten Akt voll zur Geltung kommen. Natürlich sind diese Partien im Grunde für Kinder noch zu schwer, aber in dieser Produktion ist das clever gelöst. Teils singen die Beiden, teils sprechen sie den Text, teils singt der Kinderchor. Das hat auch den großen Vorteil, dass man endlich mal die Worte versteht 😉
Auch die übrigen Kinder und Jugendlichen auf der Bühne, die unter anderem Hexen und Waldbewohner singen und spielen, sind mit viel Herzblut und Spaß dabei. Alle sind von Verena Sarré ausgezeichnet einstudiert, die zusammen mit Julia Riegel auch die Choreographie erarbeitet hat. Für die Partien der Eltern konnten für diese Produktion die Münchner Publikumslieblinge Rita Kapfhammer und Torsten Frisch gewonnen werden, die es schafften, eine wirklich natürliche Atmosphäre zu zaubern. Eine Schau war natürlich Malte Arkona als Hexe. Natürlich ist es üblich, diese Rolle mit einem Mann zu besetzen, aber wenn man dafür einen so begnadeten Entertainer verpflichten kann, ist das schon etwas besonderes. Sand- und Taumännchen (Florence Losseau/Simone Stäger) fügten sich nahtlos in die Riege der tollen Darsteller auf der Bühne ein. Martin Steinlein am Dirigentenpult führt die Mitglieder des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz ausdrucksvoll durch den Abend.
Eine rundherum gelungene Produktion, die man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen darf. Endlich wird aus dem Repertoirestück eine wirkliche Kinder- und Familienoper auf hohem Niveau. Weitere Vorstellungen am Montag 17.12. um 17.30 Uhr, Samstag 22.12. um 17.30 Uhr sowie am Sonntag 23.12. um 11.00 und um 17.00 Uhr. Karten zu 24,10€, 37€ und 48€, Kinder ab 15€ gibt es bei Münchenticket.
[singlepic id=1405 w=320 h=240 float=left]Am ersten Abend meiner New-York-Reise besuchte ich ein Konzert in der legendären New Yorker Carnegie Hall. Das Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von Riccardo Muti eröffnete die Saison der Carnegie Hall mit drei Konzertabenden. Ich besuchte das zweite Konzert am Donnerstag Abend im Isaac Stern Auditorium.
Zu Beginn des Konzertes hörte man eine energiegeladene und farbenreiche Interpretation von Richard Wagners Ouvertüre zu der Oper Der Fliegende Holländer.
Das zweite Stück des Abends, Alternative Energy, war eine New Yorker Erstaufführung des 1977 geborenen Komponisten Mason Bates. Geschrieben wurde das Werk für das Chicago Symphony Orchestra und 2011 uraufgeführt. Die vier Sätze der Komposition tragen die Bezeichnungen “Ford’s Farm, 1896” – “Chicago, 2012” – “Xian Jian Province, 2112” – “Reykjavik, 2222”. Das Werk besteht aus einer Mischung des klassischen Orchesters mit verschiedenen elektronischen Elementen, die in den Orchesterklang eingebunden werden. So werden die vier Orte in den Zeiten wiedergespiegelt. Hier meisterte das Orchester die vielen und heiklen Soli mit höchster Bravour.
Gerade der Konzertmeister Robert Chen hatte in den Sätzen einiges zu spielen und bestach nicht nur durch perfektes Spiel, sondern auch mit seiner Interpretation. Riccardo Muti leitete das Orchester mit sicherer Hand und freute sich sichtlich, dass auch der Komponist an diesem Abend anwesend war, um den Beifall entgegen zu nehmen.
Nach der Pause war das Chicago Symphony Orchestra mit dem sehr engagierten Dirigenten Riccardo Muti voll in seinem Element! In den drei Sätzen der D-Moll Sinfonie von César Franck konnte der Zuhörer die volle Bandbreite dieses Orchesters erleben. Die Instrumentengruppen bestachen durch Geschlossenheit und das ganze Orchester durch die Dynamik: Vom leisesten Pianissimo bis zum Forte ein tolles Klangbild. Besonders die Bläser des CSO machten ihrem weltweiten Ruf bei dieser Sinfonie alle Ehre.
Der Besuch in der Carnegie Hall lohnte sich nicht nur wegen Riccardo Muti und des Orchesters, sondern auch wegen der guten und sehr ausgeglichenen Akustik des New Yorker Konzertsaales.
[singlepic id=1402 w=320 h=240 float=left]Klassische Musik ist steif und förmlich, die Ausführenden verstehen keinen Spaß und leben ein todernstes Leben. So oder so ähnlich dürften sich viele äußern, wenn sie nach der Relation von Humor und klassischer Musik gefragt würden. Vielleicht würde sich so mancher eher in einen Konzertsaal trauen, wenn man ihn vom Gegenteil überzeugen könnte. Noseland: The Movie ist dazu geeignet, Berührungsängste abzubauen. Scheinbar als Dokumentation zum 10-jährigen Bestehen des von Julian Rachlin ins Leben gerufenen Musikfestivals in Dubrovnik geplant, wird schnell klar, dass das Format etwas ungewöhnlich ist.
Aleksey Igudesman interviewt Beteiligte des Festivals und bringt dabei Roger Moore zum Weinen, kassiert Ohrfeigen und wird nicht nur einmal sitzen gelassen. Er tritt immer in das größtmögliche Fettnäpfchen und bleibt dabei aber knuffig-liebenswert. Es ergeben sich zum Brüllen komische Situationen, in denen alle Beteiligten aber immer Mensch bleiben. Die Gespräche zeigen, dass klassische Musiker Humor haben, dass sie auch gute Schauspieler sind. Und dass sie gut aussehen. Eine Freundin von mir schrieb kürzlich über einen Tenor, dass eine Fotostrecke mit ihm in der Bravo pubertierende 15-jährige in die Opernhäuser bringen würde. Das könnte mit Julian Rachlin auch funktionieren.
Besondere Highlights sind die Vorstellung der Mitwirkenden im Stile eines Fußballkommentars und The Malkovich Torment, eine Komposition von Aleksey Igudesman, bei der John Malkovich eine Rezension eines Auftrittes von ihm in Istanbul vorträgt. Das ist wirklich unglaublich schräg und macht Lust darauf, es live zu erleben. Und die Erkenntnis, dass Bratschenwitze universell sind.
[singlepic id=1401 w=320 h=240 float=right]Der Film vermittelt vor allem eines: die Freude an der klassischen Musik. Die Emotionen, die sie transportiert. Den schmalen Grat zwischen Lügen und Wahrheit und wann man ihn überschreiten darf. Er spielt mit Vorurteilen und entkräftet sie. Er beschäftigt sich mit der Rolle des Kritikers. Interessant ist hier übrigens, dass auch namhafte Kritiker meinen Standpunkt vertreten: eine Kritik ist immer subjektiv. Kritiker, die ihre Kritik als einzig selig machende verkaufen, kann man nicht ernst nehmen.
Der ganze Film ist mit wunderbarer Musik unterlegt; gäbe es den Soundtrack zu kaufen, würde ich sofort den Laden stürmen. Bisher gibt es aber leider nur den Wrap Rap und das Main Theme im iTunes Store zu kaufen. Neben einer Mozartsonate wird viel Kammermusik gespielt, also genau die Musik, bei der man still sitzen muss, nicht husten und nicht an der falschen Stelle klatschen darf. Hier wird sie aber so mitreißend präsentiert, dass ich in Zukunft sicher auch vermehrt auf Kammerkonzerten zu finden bin.
Abgerundet wird der Film durch wunderbare Aufnahmen von Dubrovnik. Sie machen mir Lust, im nächsten Jahr das Festival in meinen Terminkalender einzuplanen. Diese Stadt hat schon auf den Bildern ein besonderes Flair und ist mit Sicherheit einen Besuch wert.
[singlepic id=1403 w=320 h=240 float=left]Noseland: The Movie ist eine Low-Budget-Produktion, die andere Filme mit stärkerer Finanzierung alt aussehen lässt. Was Igudesman und der junge Filmemacher Sebastian Leitner auf die Beine gestellt haben, ist wirklich bewundernswert. Momentan läuft der Film mit großem Erfolg auf Festivals. Seine österreichische Uraufführung findet am 14. Oktober um 17.30 Uhr auf dem 1. Tyrolean Independent Film Festival in Innsbruck statt. Das erste Mal in Deutschland wird der Film im November in Köln auf dem exposed Festival für erste Filme zu sehen sein. Für den genauen Termin in den nächsten Tagen auf der Homepage vorbei schauen.
Und wer gerne wissen möchte, woher der Film seinen überaus passenden Titel hat: selbst anschauen 😉
[singlepic id=1394 w=320 h=240 float=left]Zum vierten Mal seit 2006 präsentierte sich das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz während des Gärtnerplatzfestes mit einem OpenAir Konzert, diesmal unter seinem neuen Chefdirigenten Marco Comin. Möglich gemacht wurde dies, wie schon die Jahre zuvor, mit Hilfe einer Vielzahl von Sponsoren und der unermüdlichen Arbeit einiger. Alle Solisten und auch das Orchester musizierten unentgeltlich, und der Funke sprang von Anfang an auf das zahlreiche Publikum über. Staatsintendant Josef E. Köpplinger führte charmant und humorvoll durch das Programm. Das Ergebnis war ein rundherum gelungener Abend.
Gleich zu Beginn zeigte Marco Comin, dass er auch die oft so schwere, angeblich leichte Muse beherrscht. Die Ouvertüre zum Zigeunerbaron klang spritzig und machte Lust auf den Rest des Abends. Die Zusammenstellung war ungewöhnlich, gefiel mir aber ausgesprochen gut. Das Orchester zeigte sich bei allen Stücken in Höchstform, egal ob es der Slawische Tanz von Antonin Dvorak oder In der Halle des Bergkönig von Edvard Grieg war. Ein absolutes Erlebnis war die Ouvertüre zu Wilhelm Tell von Gioacchino Rossini. An diesem Abend konnten sowohl das Orchester wie auch Chefdirigent Marco Comin zeigen, wie breitgefächert ihr Repertoire und wie hoch gleichzeitig das Niveau ist. Einen kleinen Ausblick auf die kommende Spielzeit gab es mit Zuschaun kann I net aus Im weißen Rössl, (dirigiert von Michael Brandstätter), gesungen von Daniel Prohaska, der die Partie des Zahlkellner Leopolds in der Produktion des Gärtnerplatztheaters übernimmt. Premiere ist am 11.10.2012 im Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmaning. Auch im Oktober, nämlich am 25., hat die Opera Comique Don Pasquale von Gaetano Donizetti im Cuvilliéstheater Premiere. Der Bariton Mathias Hausmann präsentierte daraus Bella siccome un angelo. Leider nicht auf dem Spielplan stehen Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach, wünschen würde man es sich, nachdem man Ann-Katrin Naidu und Elaine Ortiz Arandes die Barcarole singen gehört hat.
Zum Ende gab es für mich ein besonderes Schmankerl: Das Capriccio Italien von Peter Tschaikowsky. Dieses Stück kenne ich in- und auswendig, es war das erste, das ich bewusst wahrgenommen habe. Ich habe meine Mutter damit in den Wahnsinn getrieben, dass ich es als Sechsjährige nie unter zehnmal am Stück auf dem Plattenteller hatte. So gut wie an diesem Abend habe ich es noch nicht gehört. Das Publikum bedankte sich mit lautstarken Bravorufen und viel Applaus. Erst nach zwei Zugaben durften die Akteure die Bühne verlassen und es gab im Publikum sicher einige, die so wie ich bedauert haben, dass es in dieser Spielzeit kein Weihnachts- oder Neujahrskonzert gibt.
Ein fulminanter Auftakt der Spielzeit 2012/13 und ein gelungener Einstand für alle neuen Mitglieder des Hauses.
[singlepic id=75 w=240 h=320 float=left]Die neue Spielzeit hat schon begonnen und es ist wirklich an der Zeit, Bilanz zu ziehen für die vorhergehende. Die Zeit zwischen September 2011 und August 2012 stand unter dem düsteren Stern des Abschieds. Abschied von lieben Menschen, Abschied von einem Haus, das ich in den letzten fünf Jahren sehr lieb gewonnen habe. Es war ein Abschied auf Raten und deshalb besonders schmerzhaft. Aber aus den Augen heißt nicht aus dem Sinn. Ich denke oft an die bewegenden, lustigen, emotionalen Momente in Münchens schönstem Theater zurück, ich bleibe mit den Menschen in Kontakt, meine Freunde geworden sind. Aber so banal es klingt, jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne, und ich hoffe sehr, Altes und Neues in der nächsten Spielzeit vereinen zu können.
Alle besuchten Vorstellungen des Gärtnerplatztheaters in der Spielzeit 2011/12
Auftakt
3
Der geduldige Socrates
1
Die Fledermaus
13
Die Liebe zu den drei Orangen
5
Die verkaufte Braut
11
Die Zauberflöte
6
Künstlergespräch
2
Matinee
1
Theatervergnügen
1
Die Omama im Apfelbaum
2
Der Mikado
11
Hänsel und Gretel
6
Operncafé
2
Der Freischütz
5
Weihnachtskonzert
1
La Cage aux Folles
3
Der Nußknacker
2
Neujahrskonzert
1
Der Zauberer von Oz
1
Soirée
4
L'Italiana in Algeri
6
Der Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny
1
Faschingskonzert
1
Joseph Süß
10
Heimatlos
3
Abschiedsgala
1
La Traviata (Gastspiel in Ingolstadt)
2
Falstaff (Prinzregententheater)
8
Die Zauberflöte (Prinzregententheater)
2
Das schlaue Füchslein (Prinzregententheater)
5
Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny (Gastspiel in Fürth)
1
Orpheus in der Unterwelt (Gastspiel in Heilbronn)
2
Das waren 32 verschiedene Veranstaltungen, insgesamt 123.
Besuchte Vorstellungen der Bayerischen Staatsoper in der Spielzeit 2011/12
Einführungsmatinee
2
Les Contes d'Hoffmann
1
Turandot
1
Parsifal
1
Ringmatinée 4: Geschlechter
1
La Cenerentola
4
Siegfried
1
Das schlaue Füchslein (Opernstudio im Cuvilliés-Theater)
1
Liederabend Simon Keenlyside (Prinzregententheater)
1
Das waren 9 verschiedene Veranstaltungen, insgesamt 13.
Sonstige besuchte Vorstellungen in der Spielzeit 2011/12
[singlepic id=1373 w=320 h=240 float=left]Über die wirklich sehr gelungene Premiere der Kammeroper München habe ich wieder drüben bei mucbook geschrieben.
[singlepic id=1369 w=320 h=240 float=left]Können Sie uns zu Beginn einen Einblick in Ihren Werdegang geben?
Ich habe als Kind immer gesungen. Viel im Chor und manchmal auch solistisch. Mit 14 habe ich dann angefangen, Gesangsunterricht zu nehmen in Vasa am Musikinstitut. Ich habe nach dem Abitur ein Jahr Musikwissenschaft in Turku und Gesang am Konservatorium studiert, ich war seitdem ich 15 war jeden Sommer beim Gesangskurs, u.a. in Rom, Wien und dann in Salzburg. 1988 habe ich die Aufnahmeprüfung am Mozarteum bestanden. Bis 2005 habe ich dann studiert, danach fing ich am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover meine Karriere an. 1999 wechselte ich nach Dresden an die Semperoper, von wo ich meine internationale Karriere starten konnte. 2008 wurde ich zur sächsischen Kammersängerin ernannt.
Was gab den Ausschlag, Sängerin zu werden?
Ich habe immer gesungen, konnte alle ABBA-Lieder auswendig, wollte eigentlich Pop-Sängerin werden. Durch den Gesangsunterricht bin ich dann zum klassischen Gesang gekommen. Meine erste klassische Platte war eine Mozart-Platte mit Kathleen Battle, die hat mich schwer beeindruckt.
Mit welchen Rollen haben Sie nach den Anfängen international debütiert?
Ich habe mit Strauss-Partien wie Marschallin, Arabella und Salome international debütiert sowie mit Leonore in Fidelio und Elisabeth in Tannhäuser .
Gibt es ein Opernhaus, in dem Sie besonders gerne singen?
Ich singe sehr gerne in Wien. Das Wiener Publikum ist toll und kennt sich wirklich gut aus. Die Semperoper ist mein altes Stammhaus, mit fantastischer Akustik und einem tollen Orchester, leider singe im Moment gar nicht dort.
Sie singen nun im zweiten Jahr in Bayreuth die Elisabeth im Tannhäuser, inszeniert von Regisseur Sebastian Baumgarten.Wie sehen Sie die Inszenierung und wie ist Ihre Rolle angelegt? Wie kann man sich die Arbeit in Bayreuth vorstellen?
Der zweite Sommer ist bald zu Ende, ich muss sagen, dass es mir diesen Sommer viel besser gefallen hat. Wir hatten ja diesen Sommer mit Thielemann einen neuen Dirigenten, und das hat dem Stück viel gebracht. Ich finde die Inszenierung sehr interessant und es gibt besonders für meine Rolle als Elisabeth neue Aspekte. Sie inszeniert sich als Märtyrerin. Die Gesellschaft bringt sie dazu. Ich finde es sehr entspannend, in Bayreuth zu sein. Man kann sich sehr gut konzentrieren auf seine Aufgaben.
Wie erarbeiten Sie sich eine neue Rolle?
Ich studiere immer meine Partien mit meinem Pianisten Jobst Schneiderrat in Dresden und gehe danach zu meiner Gesangslehrerin Irmgard Boas, um die Partie mit ihr durchzuarbeiten.
Wie wichtig ist Ihnen der schauspielerische Aspekt in ihrer Arbeit?
Sehr wichtig! Ich liebe Oper, weil man hier singen und agieren kann. Ich liebe es, in eine neue Rolle zu schlüpfen!
In diesem Jahr gab es am grünen Hügel einen Dirigentenwechsel. Christian Thielemann dirigierte statt Thomas Hengelbrock. Was bedeutet es für das Ensemble, wenn ein Dirigent kurzfristig wechselt, und gab es große musikalische Veränderungen?
Für die Produktion hat es viel bedeutet. Wir hatten diesen Sommer einen viel besseren Erfolg. Christian Thielemann hat die Fähigkeit, dem Stück mehr Dichte zu geben.
Haben Sie einen Lieblingskomponisten?
Ich singe sehr gerne Richard Strauss.
Welche Rolle singen Sie am liebsten?
Eigentlich immer die Rolle, die ich gerade singe!
Sie haben auch Operette in ihrem Repertoire. Wie wichtig ist Ihnen dieses Genre?
Operette gut zu machen ist sehr schwierig. Ich habe damals bei der Rosalinde in Die Fledermaus sehr viel gelernt. Dialoge zu sprechen ist nicht immer leicht, da benutzt man die Stimme ganz anders als beim Singen.
Gibt es eine Traumrolle für Sie, die in Zukunft auf Sie zukommt?[singlepic id=1368 w=320 h=240 float=right]
Ich hoffe, dass ich noch viele Strausspartien singen werde und natürlich, dass ich eines Tages die Isolde singen kann.
Bleibt neben der regen Tätigkeit in der Oper noch Zeit für moderne Musik oder Liederabende?
Liederabende mache ich manchmal. Leider fehlt die Zeit, um sie regelmäßig zu machen. Das gleiche gilt für die moderne Musik.
Können Sie uns noch einen Ausblick in Ihre Zukunft geben? Wo und mit welchen Rollen können wir Sie hören?
In Zukunft werde ich viel Strauss singen. Kaiserin in Die Frau ohne Schatten von Strauss kommt in ein paar Jahren, sonst werde ich viele Partien wieder singen, die ich im Repertoire habe. Ich gebe auch viele Konzerte und habe auch da in Zukunft viele interessante Aufgaben.
[singlepic id=1367 w=240 h=320 float=left]Sehr geehrte Frau Baumgartner, vielen Dank für dieses Interview. Zum Einstieg möchte ich Sie bitten, etwas über Ihren Werdegang zu erzählen.
Ich war zuerst Geigerin; ich habe Geige studiert, obwohl ich immer als Kind sehr gerne gesungen habe, aber das war so ganz selbstverständlich. Dann ging es darum, ein Instrument zu lernen. Da habe ich mir die Geige ausgesucht – ich glaube, auch aus dem Grund, weil die Farbe der Geige der einer Stimme am nächsten ist. Irgendwann hatte ich dann einen sehr guten Lehrer und fing an, sehr viel zu üben, da ich auch merkte: Musik muss in meinem Leben doch eine zentrale Rolle spielen. Ich habe dann Violine studiert, in Freiburg, bis zum Diplom. Ich habe im Orchester als Aushilfe gespielt, im Theater Freiburg und der Jungen Deutschen Philharmonie. Ich habe aber schon während des Studiums auch meine Stimme entdeckt, und es hat immer so ein kleines weinendes Auge zu den Sängern herübergeschaut. Ich habe dann beschlossen, danach Gesang zu studieren. So kam das.
Wie kam dann der berufliche Einstieg auf der Bühne?
Am Anfang war ich Sopran. Ich habe also ganz hoch begonnen; ich habe wirklich zur Aufnahmeprüfung die erste Arie der Königin der Nacht gesungen, und “Exsultate, Jubilate”. Man glaubt es jetzt nicht mehr. (Beide lachen.) Ich habe dann aber als Sopran hauptsächlich Konzerte gesungen, auf der Opernbühne hat man mir den lyrischen Sopran nicht geglaubt. Ich war einfach immer Mezzo, schätze ich, allerdings mit einem sehr großen Stimmumfang, der viel ermöglicht. Aber es war auch schön, die Schöpfung, Jahreszeiten, Elias und die wunderbaren Oratorien und Passionen als Sopran zu singen. Eine meiner ersten Opernpartien war an der Jungen Oper in Stuttgart, in einer Kinderoper. Danach kam der Wechsel, und mein Debüt als Mezzo war in Wien an der Kammeroper als Rosina.
Wann war das?
Das war 2002. Danach kam sofort das erste Teilzeit-Engagement in Luzern.
Luzern, genau, bis 2008. Da gibt es ja bestimmt auch viele Erinnerungen an diese Zeit?
Ja, es war eine schöne Zeit. Ich meine, in so einem Ensemble – am Anfang ist es aufregend. Aber dann lebt man ja relativ ruhig an einem kleinen Haus. Man hat zwar viel zu tun, aber man singt 25 Mal die Zauberflöte, dritte Dame und solche Partien. Einige größere Partien, aber auch viele kleine und unbekannte Partien, bei denen man sich ganz ruhig frei spielen und singen kann.
Und größere Rollen kamen dann auch schon?
Doch, doch, es kam Charlotte (Werther), es kam eine Mrs. Quickly (Falstaff) – es gab eine Giulietta in Hoffmanns Erzählungen, Baba the Turk (The Rake’s Progress), usw. Aber die größeren Fachpartien habe ich dann eigentlich in Basel gemacht, mit Penthesilea, Prinzessin Eboli (Don Carlo).
Wie erarbeiten Sie sich eine Rolle, wenn Sie neu an eine Rolle herangehen?
Ich lese erst einmal die Noten und den Text, dann gehe ich an die Hintergründe und historischen Zusammenhänge. Dann gehe ich zu meinem Pianisten. Ich gehe meistens relativ früh und lerne gerne mit meiner eigenen Aufnahme dann das Stück. Ich versuche, mir so eine Master-Aufnahme zu machen. Am liebsten eigentlich so. Denn ich finde, dann hat man auch einen freieren Kopf. Ich lerne es auch am besten mit meiner eigenen Stimme. (Lacht.)
Singen Sie lieber Neuproduktionen oder Repertoire?
Ich finde beides spannend. Ich finde, eine Neuproduktion ist immer etwas Tolles, denn natürlich hat man sehr viel Zeit für die Rolle. Auf der anderen Seite, in einer Repertoire-Vorstellung, wenn das Stück schon sehr lange läuft, kann es auch sehr spannend sein, sich da hineinzufinden. Es muss eben dann sehr schnell gehen und man muss sehr viel Interpretationsarbeit zu Hause machen. Es wird mehr von einem selber gefordert.
Man kann sich auch besser einbringen?
Es kommt darauf an, manchmal hat man in einer neuen Produktion einen Regisseur, der einem viele Freiheiten lässt, manchmal nicht. Dasselbe gilt auch für die Assistenten in einer Wiederaufnahme.
Seit der Spielzeit 2009/10 sind Sie in Frankfurt am Haus. Wie kam es zu dem Engagement?
Der Intendant der Oper Frankfurt war in einer Repertoire-Vorstellung im Luzerner Theater und hat mich als Mrs. Quickly gehört, und hat mir am nächsten Tag schon einen Vertrag angeboten. Dann kam er noch zur Penthesilea in Basel, danach war alles klar. Zwei Jahre später habe ich dann in Frankfurt begonnen.
Hatten Sie vorher schon Verbindungen nach Frankfurt?
Außer, dass ich dort einmal eine Vorstellung von Faust gesehen habe, keine.
Und vom Ensemble her fühlen Sie sich da auch sehr wohl, vom Ausprobieren her, oder von …?
Ja, sehr! Ich habe tolle Kollegen, und das Opern- und Museumsorchester ist ein fantastischer Klangkörper, was ich sehr, sehr wichtig finde, wenn man irgendwo fest ist. Dann finde ich es schön, weil wir so viel Repertoire spielen – es gibt ca. 30 oder 32 Opern und davon 14 oder 16 Neuproduktionen, ich weiß die Zahlen nicht ganz genau. Aber es ist eine gute Mischung. Und es ist doch viel drin: italienisches, deutsches, auch französisches Repertoire. – Sie kennen die Oper Frankfurt?
Ich bin öfters in Frankfurt, ich habe auch ein Abonnement für die Oper Frankfurt.
Das freut mich. Gefällt es Ihnen?
Ja. Gerade das Ensemble in Frankfurt ist eine tolle Sache. Die Grund-Qualität ist so hoch, dass es immer wieder interessant ist und Spaß macht.
Ja, das macht auch Spaß. Ich finde es schon wichtig, wenn die Kollegen toll sind. Ich hatte jetzt gerade ein Kammermusik-Konzert hier in Salzburg, mit dem Bennewitz-Quartett. Ich war so berührt, mit dem Quartett Musik machen zu dürfen. Das funktioniert natürlich auch in einem guten Ensemble genauso. Wir kennen uns und wissen, obwohl wir alle Solisten sind und natürlich oft die rein solistische Fähigkeit gefragt ist, so sind wir doch auch Teamplayer.
Und dann das sehr gute Orchester noch – das macht bestimmt auch den Sängern immer wieder Spaß, die Unterstützung von dem Orchester zu haben.
Ja die unterstützen uns sehr, sie geben uns oft ein Feedback und man merkt, dass sie jedem Sänger auch zuhören und ihn begleiten und unterstützen wollen.
Gibt es Vorlieben bei Ihnen für eine bestimmte Richtung?
Dem italienische Repertoire, dem gehört schon meine besondere Liebe. Wobei – Wagner ist auch für mich sehr, sehr spannend, und im französischen Repertoire gäbe es auch noch sehr viel zu entdecken: Gerade diese Meyerbeer-Sachen, die sehr selten gespielt werden, die sehr viel Virtuosität erfordern – also, das würde mich sehr reizen. Carmen habe ich ja jetzt gerade gesungen, das werde ich immer wieder gerne machen. Aber eben mal so was Außergewöhnliches…
Gibt es da im italienischen Fach eine Lieblingsrolle? Ich glaube, Verdi-Partien liegen Ihnen auch sehr am Herzen?
Ja, schon Prinzessin Eboli (Don Carlo), Amneris (Aida) auch, die zwei, ja. Eboli vielleicht sogar noch mehr.
In Frankfurt und in Basel, Sie haben es schon erwähnt, haben Sie die Titelrolle in Othmar Schoecks Penthesilea gesungen, in der Inszenierung von Hans Neuenfels – ein großer Erfolg. Wie ist es denn, auf der Bühne alleine das Ganze zu gestalten, da einzutauchen, quasi?
In diesen Wahnsinn? (Beide lachen.) Am Anfang, die erste Produktion, also in Basel diese Rolle zu erarbeiten, das war unglaublich, wirklich sehr viel Arbeit, und es ging an physische und psychische Grenzen. Denn das ist schon eine Rolle, die einen einfach sehr mitnimmt. Sowohl sängerisch, sie liegt extrem unsanglich in vielen Teilen, als auch physisch, denn natürlich, jede Sekunde muss da gefüllt und konzentriert sein, und psychisch. Diese Spannung, und dieser Wahnsinn, in den die Figur sich begibt, das ist nicht ganz leicht auszuhalten. Denn man hat ja auch keine Pause – ich glaube, ich gehe einmal ab, für fünf Minuten. Oder vielleicht sind es sieben oder so, aber das war es dann eigentlich. Und davor geht es Schlag auf Schlag.
Wie war die Zusammenarbeit mit Hans Neuenfels?
Spannend. Also, ich muss sagen, Neuenfels war einer, der hat bei mir Türen geöffnet, die noch kein anderer vorher so geöffnet hat. Ein künstlerischer Durchbruch.
In Salzburg haben Sie 2010 als Gräfin Geschwitz in Alban Bergs Oper Lulu debütiert. Wie ist die Atmosphäre in Salzburg, wie ist es, in der Festspielzeit hier zu arbeiten?
Aufregend! Es ist toll. Ich finde es wirklich schön. Am Anfang, bevor die Festspiele begonnen haben, ist es sehr, sehr familiär.
Wenn noch keiner da ist …
Genau. Es sind dann doch aber alle Künstler da. Sie haben ein schönes Künstlerfest gemacht, kurz vor der Eröffnung, wo dann alle zusammen noch mal gegessen und gefeiert haben. Das ist schon so richtig Familien-Treffen. Ich würde es ein bisschen vergleichen – also, ohne die Kompetition, aber es ist eine Art Olympiade, vom Treffen her. (Nicht, dass jetzt hier Sport oder Wettkämpfe ausgetragen werden, um Gottes Willen.) Aufregend. Toll. Ja, ich bin sehr gerne hier. Das ganze Festspielhaus atmet die Vergangenheit, und hier haben die größten Sänger gesungen und die größten Dirigenten und Orchester dirigiert respektive gespielt. Ich freue mich unglaublich, dass ich dabei sein darf.
[singlepic id=1366 w=240 h=320 float=right]Die Atmosphäre; die ganze Vergangenheit, die hier in dem Bau steckt.
Genau.
Jetzt in der Festspielzeit singen Sie in Die Soldaten von Bernd Alois Zimmermann die Charlotte – würden Sie uns einen Einblick in das Stück geben, und wie Ihre Rolle da angelegt ist?
Ich bin die Schwester der Soldaten-Marie. Marie hat einen Freund, fängt dann mit einem anderen etwas an, dann kommt der Nächste, immer auf der Suche nach dem Glück und besseren Lebensumständen, bis sie als Soldatenhure endet… ich bin die mahnende Schwester, ich bin auch manchmal ein bisschen neidisch, weil Marie natürlich auch sehr viel Erfolg bei den Männern hat und das Ganze am Anfang etwas leichter nimmt, was ich nicht schaffe.
Wie ist da die Zusammenarbeit, mit dem Regisseur Alvis Hermanis, dem Dirigenten Ingo Metzmacher, den Kollegen, so kleine Eindrücke?
Es ist ein fantastisches und auch nettes Cast, die Kollegen sind so toll und gut. Dieses Stück gilt, glaube ich, als das schwerste Stück der Moderne. Ich dachte, Reimanns Medea sei schwer, aber das toppt es noch. Und das gilt für alle Partien. Der Dirigent hat immer wieder Geduld mit uns, und wir machen wieder Proben, und der Regisseur ist toll. Er gibt sehr viel darstellerische Freiheit und greift nur ein, wenn er denkt, dass man in eine falsche Richtung läuft.
Würden Sie uns einen Ausblick in Ihre nächste Spielzeit geben, bzw. was in Zukunft noch kommt?
Jetzt kommt die Wiederaufnahme von Adriana Lecouvreur in Frankfurt, ein Verdi-Requiem in Straßburg, ein erster Akt Tristan in Glasgow/Edinburgh mit Donald Runnicles, Nina Stemme und Scottish BBC. Meine erste Santuzza in Düsseldorf, Cornelia in Giulio Cesare in Frankfurt, meine ersten Frickas in Frankfurt, die erste Ortrud in Frankfurt, Eboli wieder, dann gibt es einen Opernabend an der Staatsoper in Berlin mit Purcells Fairy Queen Kompositionen von Öhring. 2014 meine erste Brangäne an der Deutschen Oper. Das sind so die Highlights. Eine CD mit Pfitzner-Liedern nehme ich im Dezember auf.
Dann sage ich herzlichen Dank für dieses Interview!
Danke!
(Das Interview wurde geführt am 29. Juli 2012 in Salzburg, Fotos von Luigi Caputo.)
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