Heute ging es für mich mittlerweile zum 8. Mal mit dem alten Schulbus quer durch Australien. 3 reizende Fahrtbegleiterinnen machten die Reise unvergesslich. Fangen wir mit Adam an. Jung, schön, frech. Mit dem Traum, Kylie Minogue auf dem Ayers Rock darzustellen. Bernadette, die älteste. Sie hat viel erlebt. Doch fürs Herz hatte sie noch nicht das richtige. Und Tick. Eine Frau hat seine Ehe auseinander gebracht. Die Frau in ihm. Doch seine Frau bittet ihn zu Beginn des Stücks zu ihr zu kommen und in ihrem Hotel aufzutreten. Die drei machen sich auf den Weg und erleben viel. Viel Liebe aber auch Abscheu.
Das ganze wird durch die Songs getragen. Die Songs meiner Jugend. Ein Hit nach dem anderen. Dazwischen Tiefe und ganz viel Komik. Aber immer Glamour und ganz viel Tanz.
Taucht man richtig in das Stück ein, fühlt man immer mehr die Handlung und weniger weniger die Musik. Das zeigt, dass die Folge der Disco-Hits und Szene-Hymnen nur oberflächlich ist. Beeindruckend ist die Altersweisheit von Bernadette. Trotz der Wortgefechte mit Adam zeigt sie immer wieder starke Gefühle. Die Jugend muss auch hier Erfahrungen machen, aber das Alter fängt sie auf, beschützt sie. Erwin Windegger schafft es hier, bei der Verletzlichkeit von Bernadette das Wohlgefühl herzustellen, wenn man eine starke Person braucht. Irgendwie spiegelt das auch viel von mir. Belohnt wird Bernadette mit der Zuneigung von Bob (Frank Berg), der trotz seiner bodenständigen und einfachen Art, im Gegensatz zu der sonstigen Bevölkerung des Outbacks, den Menschen und nicht sein Äußeres beurteilt, und dadurch vorurteilsfrei Kunst genießen kann.
Das Ensemble war fantastisch. Hervorzuheben jedoch die 3 Hauptdarsteller: Neben Erwin Windegger, Armin Kahl und Terry Alfaro. Sowie mein besonderer Liebling, die Vokuhila-Queen, perfekt dargestellt von Angelika Sedlmeier. Tolle Kostüme von Alfred Mayerhofer, eine bewegte Choreografie von Melissa King, in einem abwechslungsreichen Bühnenbild von Jens Kilian. Fantastisch inszeniert von Gil Mehmert.
Einen kleinen Wehmutstropfen hatte ich aber heute: meinen Platz. Vorn im Parkett aber fast am Rand. Während Bernadette die Kunst der synchronen Lippen beschwörte, konnte ich meine Augen und Ohren nicht richtig synchronisieren. Der Klang kam laut aus dem Lautsprecher von links, zu sehen gab es aber nur etwas rechts. Das macht etwas se(e/h)krank.
Besetzung am 14.03.2018
Dirigat Jeff Frohner
Regie Gil Mehmert
Choreografie Melissa King
Bühne Jens Kilian
Kostüme Alfred Mayerhofer
Licht Michael Heidinger
Video Raphael Kurig, Meike Ebert
Dramaturgie Michael Alexander Rinz
Tick Armin Kahl
Bernadette Erwin Windegger
Adam Terry Alfaro
Diven Dorina Garuci, Amber Schoop, Jessica Kessler
Bob Frank Berg
Marion Tanja Schön
Benji Matthias Thomas
Cynthia Marides Lazo
Shirley Angelika Sedlmeier
Miss Verständnis Eric Rentmeister
Miss Fernanda Falsetta Jurriaan Bles
Jimmy Karim Ben Mansur
Ensemble John Baldoz / Jurriaan Bles / Alex Frei / Dorina Garuci / Luke Giacomin / Jessica Kessler / Marides Lazo / Karim Ben Mansur / Rachel Marshall / Andreas Nützl / Eric Rentmeister / Adriano Sanzò / Tanja Schön / Amber Schoop / Susanne Seimel / Samantha Turton
Zum Abschluss meiner Theaterwoche zog es mich am vergangenen Freitag erstmals ins Theater Drehleier zwischen Ostbahnhof und Rosenheimer Platz. Zusammen mit den Gewinnern unserer Adventsverlosung kam ich an diesem Abend in den Genuss der musikalischen Komödie Dinner with Gershwin, die die drei Künstler Peter John Farrowski, Andreas Michael Roth und Philip Tillotson zusammen auf die Beine stellten.
Foto: Rolf Demmel
Die Handlung spielt in dem heruntergekommenen Wiener Lokal „Zum Weissen Stößel“, in dem der Kellner Franzl sein Dasein als Kellner fristet. Eigentlich ist er Sänger, doch Opern sind ihm inzwischen zu langweilig, er wartet lieber auf seine Chance, im Bereich Jazz und Swing eine Karriere zu machen. Sein Kollege Camillo sitzt indessen auch lieber am Klavier, als in der Küche zu helfen. Eines Tages kündigt der Chef telefonisch den Besuch eines Kontrolleurs vom Gesundheitsamt an, stattdessen taucht jedoch der französische Tenor Fréderic auf, der auf der Flucht vor seinen Gläubigern ist und dem ein Auftritt in einem berühmten Wirtshaus am Wolfgangssee versprochen wurde. Aufgrund des kaputten Türschildes landet er jedoch in Franzls Restaurant. Dort treffen sehr eigene Charaktere aufeinander, etwa die Wiener Nutte Gitti oder der derbe Schweizer Klemptner Rüdisüli. Alle sieben Charaktere werden von den drei Künstlern verkörpert, was tatsächlich dank solistischer Musikeinlagen und Stimmen aus dem Off wunderbar funktioniert. Nicht nur durch die verschiedenen Dialekte wird jeder Figur ein ganz eigener Charakter verliehen, mit ganz vielen Klischees, doch gerade das macht die Aufführung zu einem wunderbaren leichten und lustigen Theaterabend. Schließlich ist nach einer anstrengenden Woche ein humorvolles Stück mehr als perfekt!
Foto: Rolf Demmel
Doch darstellerisch und musikalisch wird bestes Musiktheater geboten. Philip Tilltson hält sich als Pianist Camillo meist im Hintergrund, jedoch immer mit einem kleinen Seitenhieb gegen die anderen Charaktere und einem süffisanten Grinsen auf dem Gesicht. Peter John Farrwoski gibt als Kellner Franzl den „goscherten“ doch sympathischen Bayern, der sich trotzdem sehr gut um den vermeintlichen Restaurantprüfer kümmert und ihm etwa bei einem Fläschchen Vodka die Geschichte des Stroganoff-Filets besingt. Aber das absolute Highlight ist er mit roten High Heels und Miniröckchen als Gitti, mit Wiener Schmäh und fester Arbeitsmoral, die jedoch sehr leicht von mehr oder weniger charmanten Herren umgestoßen wird. Am besten ist der Kollege Roth als Hausmeister Rüdisühli, einem richtigen Antitypen, der über eine verstopfte Damentoilette in Rage gerät und dessen T-Shirt mysteriöse braune Flecken zieren. Am Ende geht es natürlich – allen Konflikten zum Trotz – für alle Charaktere gut aus. Und auch das Publikum darf manchen der Charaktere hautnah kennen lernen, da nicht nur die Bühne bespielt wird und einem die ein oder andere Bühnenfigur auch in der Pause Gesellschaft leistet.
Geboten wird musikalisch nicht nur Gershwin, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. Diverse Meisterwerke der Musical-, Schlager- und Swingmusik wurden von den Herren durchaus passend umgedichtet, wobei manch ein Reim ab und zu etwas holprig wirkt. Doch in jedem Fall ist es sehr amüsant und passt wunderbar ins Gesamtkonzept der Inszenierung. Zwar sind manchen Witze derb, doch nie geschmacklos, weshalb sicher bei keinem Zuschauer ein Auge trocken bleibt. Es gibt also durchaus unterhaltsames und gutes Musiktheater in München abseits der großen Produktionen. Weitere Termine: 2. / 3. März, 20. / 21. April 2018, 20 Uhr
Teile der Einnahmen werden übrigens dem Münchner Tierheim gespendet. Man tut also nicht nur den eigenen Lachmuskeln, sondern auch den Vierbeinern etwas Gutes!
Franzl Bösenböck, Kellner / Wilhelmine Potracek, Hausfrau / Gitti Wagon, Bezirksnutte: Peter John Farrowski
Frédéric la Combuse, Pariser Tenor / Rüdisühli, Hausmeister / Herbert Hartmann, Gerichtsvollzieher: Andreas Michael Roth
Camillo di Pomodoro, Pianist: Philip Tillotson
In München kommt ja mit dem Tollwood-Festival in der Vorweihnachtszeit die ganze Welt nach Bayern. Und so einen Hauch von Exotik bekommt man nun auch im Gärtnerplatztheater zu spüren; zum Einen mit der australischen Videocollage unter dem klassizistischen Bühnenportal, zum Anderen mit den bunten Vögeln, die sich bei der deutschen Erstaufführung von Priscilla – Königin der Wüste dort auf der Bühne tummeln.
Das Musical basiert auf dem gleichnamigen Kultfilm, der vor dreizehn Jahren die Welt im Sturm eroberte, obwohl er mit günstigsten Mitteln gemacht war. Im Jahr 2006 wurde der Stoff dann von Stephan Elliot und Allan Scott für die Bühne adaptiert und feiert weltweit Erfolge. Da wurde es Zeit, dass man das herrlich schräge Stück endlich nach Deutschland bringt und die Münchner können ihrem Intendanten Josef Köpplinger nicht genug danken, dass ihm dieser Coup gelungen ist.
Foto: Marie-Laure Briane
Erzählt wird in Priscilla – Königin der Wüste die Geschichte der Dragqueen Tick, der vor Jahren eine Frau geheiratet hat und nun endlich seinen Sohn kennen lernen will. Unter dem Vorwand, für eine Show in Alice Springs engagiert worden zu sein, überredet er seine Freunde Bernadette und Adam, mit ihm quer durch Australien zu reisen. Bernadette ist eine – etwas in die Jahre gekommene – Transsexuelle, deren Lover erst kürzlich beim Haare-Bleichen erstickte. Adam ist eine erfolgreiche Dragqueen, der aber keine Gelegenheit für ein Abenteuer auslässt. So nimmt das Trio zusammen mit dem ausgemusterten Schulbus namens Priscilla ohne Rücksicht auf die heimische Fauna Fahrt auf und lernt auf der Reise vieles über ihre Mitmenschen und sich selbst.
In erster Linie ist dieses knallbunte Musical mit Hits der 70er und 80er Jahre natürlich eine unterhaltsame Show mit grandiosen Bühnenbildern (Jens Kilian), herausragenden Darstellern und einer wahren Schlacht an opulenten Kostümen (Alfred Mayerhofer). Trotzdem verleiht Regisseur Gil Mehmert seinen Protagonisten auch Tiefe und facettenreiche Charakterzüge. Tick scheint anfangs gar keinen rechten Spaß mehr zu haben an seinem Dasein als Dragqueen Doris Gay in Sydney und sieht in der Reise eher eine Suche nach einem Sinn in seinem Leben. Armin Kahl spielt einen wundervoll sensiblen Mann, der hin und her gerissen ist zwischen der Liebe zu seinem Sohn und der Angst, von ihm wegen seines Berufs abgelehnt zu werden. Terry Alforo hingegen verleiht Adam einen Hand zur Übertreibung und eine jugendliche Aufgedrehtheit. Seine ständige Suche nach Spaß steckt seine Mitreisenden zwar auch mal an, doch bringt sie ihn in einem Bergarbeiter-Städtchen in große Schwierigkeiten. Das Highlight und die größte Überraschung war für mich aber zweifellos Erwin Windegger als Bernadette. Zu keinem Zeitpunkt wirkte er wie eine Parodie auf Transsexuelle, sondern man sah in ihm die würdevolle Diva mit Durchsetzungsvermögen. Die derben Sprüche der alternden Lady sind einfach nur großartig und die zarte Romanze zwischen Bernadette und dem Mechaniker Bob (unglaublich liebenswert und mit fast kindlicher Begeisterung von Frank Berg gespielt) ist wohl eine der schönsten und ehrlichsten Liebesgeschichten, die die Bühne des Gärtnerplatztheaters jemals gesehen hat.
Foto: Marie-Laure Briane
Doch leider werden die Heldinnen im Musical mit ähnlichen Problemen konfrontiert, wie sie auch bei uns immer noch Menschen mit anderen Gesinnungen durchleiden müssen. Zwar scheinen etwa die Bewohner von Priscillas erstem Zwischenstopp nach einem kurzen Streit mit der burschikosen Barbesitzerin Shirley (die von Angelika Sedlmeier großartig derb gespielt wird) tolerant und feiern die Dragqueens, später schmieren sie jedoch „Verpisst euch Schwuchteln“ an den Bus, was die Jungen erschüttert, für die ältere Bernadette jedoch wohl schon so zur traurigen Gewohnheit geworden zu sein scheint. Da tut es gut, dass sie mit Bob und Ticks Sohn Benji auf tolerante Menschen stoßen, die ihnen nicht das Gefühl geben Außenseiter zu sein.
Stimmlich kann man beim besten Willen nichts an dem Ensemble aussetzen, die drei Hauptdarsteller harmonieren wundervoll miteinander und auch mit den drei omnipräsenten „Diven“ Dorina Garuci, Amber Schoop und Jessica Kessler, die als allegorische Weiblichkeit die drei Queens durch die Wüste begleiten. Zwar zickte bei der Premiere ab und an ein Mikrofon, bei meinem zweiten Besuch am 19. Dezember war die Tontechnik jedoch schon weitaus besser.
Immer wieder schön ist im Gärtnerplatztheater die musikalische Begleitung der Musicals. Statt einer kleinen Band (wie in anderen Großproduktionen inzwischen leider üblich) sitzen unter der Leitung von Jeff Frohner viele Mitglieder des Orchesters im Graben, die den Discohits einen satten Sound verpassen.
Nicht nur wegen der Bewältigung der spektakulären Choreografien von Melissa King muss übrigens dem Ensemble ein großer Respekt gezollt werden, auch die extrem schnellen Umzüge in die gefühlt zweihundert Kostüme scheinen bereits auf dem Zuschauerraum abenteuerlich und anspruchsvoll. Bei der Show von Tick, Adam und Bernadette in Alice Springs fliegen gerade so die Kostümteile und Perücken durch die Gegend. Priscilla – Königin der Wüste steht den großen Broadway-Hits definitiv in nichts nach. Und man bekommt so viel mehr zu sehen als glitzernde Outfits und schöne junge Männer mit Sixpack. Die Inszenierung ist gleichermaßen berührend und bestens unterhaltend! Noch bis April kann man sich im Gärtnerplatztheater diesen Hauch der 80er entgegen wehen lassen.
Foto: Marie-Laure Briane
Weitere Vorstellungen: 21. und 22. Dezember / 5. und 13. Januar / 1., 2. und 17. Februar / 13., 14. und 17. März / 11. und 12. April um 19.30 Uhr
31. Dezember / 6. und 14. Januar / 18. Februar um 18.00 Uhr
Karten von 8 bis 70 € an den bekannten Vorverkaufsstellen
Dirigat: Jeff Frohner
Regie: Gil Mehmert
Choreografie: Melissa King
Bühne: Jens Kilian
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Licht: Michael Heidinger
Video: Raphael Kurig, Meike Ebert
Dramaturgie: Michael Alexander Rinz
Tick: Armin Kahl
Bernadette: Erwin Windegger
Adam: Terry Alfaro
Diven: Dorina Garuci, Amber Schoop, Jessica Kessler
Bob: Frank Berg
Marion: Tanja Schön
Benji: Timothy Scannell
Cynthia: Marides Lazo
Shirley: Angelika Sedlmeier
Miss Verständnis: Eric Rentmeister
Miss Fernanda Falsetta: Jurriaan Bles
Jimmy: Karim Ben Mansur
Ensemble: John Baldoz / Jurriaan Bles / Alex Frei / Dorina Garuci / Luke Giacomin / Jessica Kessler / Marides Lazo / Karim Ben Mansur / Rachel Marshall / Andreas Nützl / Eric Rentmeister / Adriano Sanzò / Tanja Schön / Amber Schoop / Susanne Seimel / Samantha Turton
Ich muss gestehen, dass ich in den letzten Jahren immer seltener die Inszenierungen der Stage Entertainment besucht habe. Während ich früher noch regelmäßig nach Stuttgart gepilgert bin (z.B. für die großartigen Musicals 3 Musketiere und Wicked Die Hexen von Oz) und sogar bis nach Hamburg und Berlin, so war ich später immer öfter enttäuscht von der mangelnden musikalischen Qualität, weil das Orchester immer kleiner wurde und teilweise sogar nicht mal mehr zu sehen war.
Aber für den Glöckner von Notre Dame hatte ich nach den ersten Infos und Trailern gleich mehrere Gründe, dem Gastspiel in München mindestens einmal beiwohnen zu wollen. Zum einen bin ich eine große Verehrerin der großen französischen Literaten, allen voran Dumas und eben Victor Hugo, dessen Glöckner von Notre Dame ich bestimmt schon sechs oder sieben mal gelesen habe. Außerdem ist die Disney-Verfilmung mein wohl liebster Zeichentrickfilm und ich bin jedes Mal wieder von der Musik Alan Menkens und den Charakteren gerührt. Darum war ich auch vor ein paar Jahren froh, zumindest die 18 Jahre alte CD-Aufnahme der Berliner Uraufführung des Musicals ergattern zu können und einfach gespannt auf die neue Version.
Und tatsächlich habe ich bei meinem Besuch Anfang Dezember keine Sekunde lang meine Entscheidung bereut! Der neue Glöckner ist sowohl musikalisch, darstellerisch als auch in Sachen Regie ein durchweg grandioses Musical! Die hervorragenden Solisten werden von einem vollwertigen Orchester und einem Chor begleitet, was der wundervollen Musik eine angemessene Power verleiht. Auch an der Besetzung hat man nicht gespart: David Jakobs (der dem Münchner Publikum aus dem Gärtnerplatztheater bekannt sein dürfte) ist ein absolut liebenswerter Titelheld; Felix Martin gibt dem Bösewicht Frollo mit einer wundervollen Baritonstimme eine enorme Würde und als charismatischen Zigeunerkönig Clopin sieht man mit Jens Janke sogar denselben Darsteller in dieser Rolle, wie schon bei der Uraufführung 1999 (und er ist wohl der Darsteller, den ich in den letzten 10 Jahren auf diversen Stadttheater- und Musicalbühnen am häufigsten gesehen habe).
Das Besondere ist an diesem Musical jedoch, dass vom Disneyfilm eigentlich nur noch die Musik geblieben ist, die Geschichte orientiert sich zum großen Teil am Roman, es fließen sogar einige Zitate ein. Natürlich ist die Inszenierung nicht so bunt wie im Zeichentrick, auch die Charaktere sind um einiges tiefsinniger und bekommen mehr Hintergrundgeschichte. So ist Quasimodo etwa fast taub, Hauptmann Phoebus leidet immer noch an den Erinnerungen des Krieges und Frollo ist schier zerfressen zwischen Pflichtgefühl und menschlichten Trieben. Für Kinder sicher noch schwerer verdaulich, als der Film, aber das alles macht den Glöckner von Notre Dame zu mehr als nur einer Show und zweifellos zur spannendsten Stage-Produktion der letzten Jahre!
Noch bis zum 7. Januar ist die Inszenierung im Deutschen Theater zu sehen, ab Februar dann in Stuttgart.
Von der fleischfressenden Pflanze zum modernen Monster-Smartphone. Im Hofspielhaus feierte am Donnerstag das Musical Der verrückte Handyladen des Münchner Künstlers Thomas Erich Killinger seine fulminante Uraufführung.
Erzählt wird in der Inszenierung von Christiane Brammer eine sehr ähnliche Geschichte wie Alan Menkens Kult-Musical Der kleine Horrorladen aus dem Jahr 1982. Der Held Mugdan arbeitet in einem erfolglosen Handyladen, dessen Besitzer Herr Trumpf schon schließen möchte. Doch dann findet Mugdan in einem Kinderwagen ein merkwürdiges Handy, das er Mrs. Alice nennt und im Laden ausstellt. Schnell stellt auch heraus, das das Gerät smarter ist, als ein gewöhnliches Mobiltelefon. Ihm kann der junge Mann seine Sorgen und seine unglückliche Liebe zu seiner Kollegin Alice anvertrauen, die mit dem gewalttätigen Anwalt van Haylen zusammen ist und jeden Tag mit neuen Blessuren auftaucht.
Doch bald wird aus dem leuchtenden Smartphone als Kummerkasten ein humanoides Ungeheuer, dem Geschichten alleine nicht mehr reichen. Mugdan lockt also van Haylen in den – inzwischen florierenden – Handyladen, wo ihm Mrs. Alice die Persönlichkeit und schließlich das Leben aussaugt. Von da an geht scheinbar alles schief für Mugdan und er muss versuchen, seine große Liebe Alice zu beschützen und gleichzeitig seine “Schöpfung” am Leben zu erhalten. Daraus entwickelt sich eine schräg-trashige Geschichte, die vor allem Fans schwarzen Humors gefallen dürfte.
Was den Zuschauer erwartet lässt ja bereits das großartige Kostüm- und Bühnenbild von Tamara Oswatitsch erahnen. Alle Wände sind mit bunten und großformatigen Pop-Art-Bannern dekoriert, die Kostüme sind passend dazu für jeden Charakter in einem Farbton gehalten.
Der verrückte Handyladen – Foto Thomas Wild
Die Darstellerin dieser Alice, Marina Granchette war übrigens sowohl darstellerisch als auch stimmlich ein absolutes Highlight des Abends. Sie hat eine wundervolle Stimme und eine und zeugt eine sympathische und unschuldige junge Heldin. Allgemein sind die Darsteller sehr gut gewählt und spielen, tanzen und singen mit viel Herzblut. Sebastian Killinger als Mugdan zeigt eine tolle Wandlung vom schüchternen Träumer zum leibhaftigen Superhelden. Sehr wandlungsfähig ist Sebastian Brummer, der gleich drei Figuren darstellt: den schleimigen Anwalt, den proletenhaften Geschäftsführer und den selbstverliebten Moderator.
Schade fand ich lediglich, dass die Sänger in leiseren Momenten stimmlich neben dem Playback untergehen. Kraft hätten sie alle genug, das beweisen sie oft genug. Dass die Instrumentalmusik nicht life gespielt wird, stört ansonsten überhaupt nicht, schließlich ist das Theater nicht sonderlich geräumig. Auch der Chor der Handygirls wird mittels Video eingespielt, können also als “Schwestern” des bösen Handy-Monsters Mrs. Alice gesehen werden, dem Ben Schobel eine diabolische und sadistische Ader verleiht, dass es dem Zuschauer eiskalt den Rücken runter läuft. Schade eigentlich nur, dass Magda Stief als einzige komplett mit Playback singt. Sie spielt die ältere Kundin Frau Eigelb nämlich sehr liebenswürdig und schrullig. Der verrückte Handyladen macht seinem Namen alle Ehre, die Geschichte und die Inszenierung sind schrill und fetzig. Und auch der treueste Musicalfan kann das Fehlen von Lifemusik sicher dank des großartigen Ensembles schnell vergessen!
Mugdan: Sebastian Killinger
Alice: Marina Granchette
Mrs. Alice: Ben Schobel
Herr Trumpf / Dr. Herbert van Haylen / Tim Tilman: Sebastian Brummer
Frau Eigelb: Magda Stief
Handygirls: Julia Haug, Sampaguita Mönck, Dalma Viczina
Regie: Christiane Brammer
Bühne / Kostüm: Tamara Oswatitsch
Film: Michael Klinsik
Choreografie: Ben Schobel
Ton / Licht: Florian Hofbauer
Maske: Charmaine Gezgin
Eigentlich ist es eine Schande, sich als Kabarettfan und inzwischen offizielle Münchner Bürgerin einzugestehen, dass man noch nie im Lustspielhaus war. Aber besser spät als nie, sagt man ja so schön. An einer Litfaßsäule und bei Facebook bin ich auf “Siegfried – Götterschweiß und Heldenblut”, ein sogenanntes Germanical gestoßen und habe mich sehr gefreut, der Premiere dieses ungewöhnlichen Projektes beiwohnen zu dürfen.
Das Buch stammt von den Kabarettisten Alexander Liegl und Manfred Oskar Tauchen und Schauspielerin/Regisseurin Gabi Rothmüller, die auch selbst inszenierte. Vier Musiker und sechs Darsteller sind auf der kleinen Bühne des Lustspielhauses an diesem Abend aktiv.
(c) Gila Sonderwald
Zur Grundgeschichte sollte man eigentlich nicht viel sagen müssen, das Nibelungenlied sollte schließlich jedem im Deutschunterricht einmal untergekommen sein. Diese Inszenierung beginnt unmittelbar nach dem Kampf des Helden Siegfried mit dem Drachen Fafnir, der zu Beginn der Vorstellung noch als Luftballon über die Bühne schweben darf. Da der Bau des Walhall von Göttervater Wotan zu teuer war, verlangt seine resolute Gattin Fricka, dass er seine unverheirateten Töchter endlich unter die Haube bringen soll, um die Unterhaltszahlungen los zu werden. Vor allem Brünhilde macht ihr dabei Kopfzerbrechen, kann sie doch nur von einem Mann geehelicht werden, der sie körperlich überwältigen kann. So sendet also Wotan den Helden Siegfried aus, um Brünhilde aus der Waberlohe zu befreien. Dieser landet jedoch am Hofe des gelangweilten Burgunderkönigs Gunther und verliebt sich dort – nicht ganz freiwillig – in dessen Schwester Kriemhild. Doch auch der König sucht praktischerweise eine Gattin, weshalb er mithilfe von Siegfrieds Stärke auszieht, um Brünhilde zu umwerben. Dies gelingt mithilfe einer Tarnkappe aus dem Schatz des Drachen, die Siegfried zusammen mit dem Ring der Nibelungen bei sich trägt. Dieser Ring erweckt die Gier des Zwergenkönigs Alberich und seines Sohnes Hagen, die ihn stehlen und damit die Welt regieren wollen.
So weit ist das Musical also eigentlich von der altbekannten Geschichte, die wir vermutlich vor allem dank Richard Wagner kennen, nicht entfernt. Jedoch wäre es natürlich keine Komödie, würden die Handlungselemente und Charaktere nicht völlig absurd dargestellt, was auch herrlich gelungen ist. Unser Held Siegfried ist hier Niederbayer, eher schmächtig und tollpatschig, Alberich dagegen erinnert mit seiner aggressiv-kindischen Art eher an umstrittene amerikanische Politiker oder berühmte Diktatoren. Brünhilde macht ihrem Ruf als Mannweib alle Ehre, wird sie doch von Thomans Wenke reimend in einem engen blauen Samtkleid so gar nicht lieblich verkörpert.
(c) Gila Sonderwald
Dass diese Übertreibungen tatsächlich großartig funktionieren ist den großartigen Darstellern zu verdanken, die jeder, der sich mit Kabarett auseinandersetzt, wohl irgendwo schon einmal gesehen hat. Besonders hervorzuheben ist hierbei Mit-Autor Alexander Liegl, der die beiden Könige verkörpert. Zum einen den gelangweilten Gunther, der sehr der – für München ja typischen – Schicki-Micki-Gesellschaft entsprungen zu sein scheint und ein rechter Warmduscher ist, wenn es um Konfrontationen und Intrigen geht. Auf der anderen Seite der Wutzwerg Alberich, der auf den Knien über die Bühne rutscht, dem es aber trotzdem nicht an Lautstärke und Größenwahn mangelt.
Der Titelheld der Geschichte kommt dabei gar nicht so heldenhaft rüber, wie man ihn sich vorstellen mag. Der junge Niederbayer Martin Frank gibt einen putzigen, übereifrigen und naiven Siegfried, der gerne mal über seine eigenen Füße stolpert aber dafür mit einer wirklich starken und rockigen Stimme auftrumpfen kann.
Bei den Frauen sticht vor allem Constanze Lindner als liebestolle Kriemhild heraus, die Siegfried mittels Liebetrank erobert, um dann erstmal in ihrer Rolle als glückliche Ehefrau aufzublühen.
Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich an “Siegfried” weder musikalisch noch darstellerisch etwas auszusetzen hatte. Es ist vor allem beeindruckend, wie viel man alleine mit ein paar Kulissen (eine kleine Treppe als Gunters Thronsaal und Zinnen seiner Burg, ein paar Stoffbahnen als Wald und eine aufblasbare Wolke als Walhall), Licht und viel Fantasie aus der kleinen Bühne des Lustspielhauses herausholen kann. Der Ton war auch auf den hinteren Plätzen meistens sehr gut, wenn auch bei Ensemblenummern manchmal die Band zu laut war und der ein oder andere Sänger mal etwas unsauber artikulierte, was aber wirklich selten vorkam. Gesanglich wie schauspielerisch ist das Ensemble jedenfalls top!
Die Kostüme von Ulrike Harrassowitz wirkten gewollt-trashig, was ja auch perfekt zum Stück passt. Siegfried kommt mit engem, gold-glitzerndem Shirt und Lendenschurz daher, Brünhilde wirkt eher wie eine Clubsängerin mit ihrem/seinem blauen Samtkleid und langen Wimpern. Bloß hat sich mir nicht ganz erschlossen, wieso Gunther und Hagen Anzüge tragen, während alle um sie herum zumindest zum Großteil eher mittelalterlich angehauchte Gewänder tragen. Gestört hat mich dieses Detail jedoch keineswegs.
(c) Gila Sonderwald
Alles in allem hatte ich an diesem Abend sehr großen Spaß, so wie offenbar der Rest des Publikums auch. Bei diesem schrägen, sehr bayrisch angehauchten Musical bleibt jedenfalls kein Auge trocken und man sieht die Nibelungengeschichte definitiv mit ganz neuen Augen!
Anbei noch eine Mini-Kritik meines britischen Begleiters Jasper, der die Geschichte noch nicht kannte und auch – trotz sehr guter Deutschkenntnisse – mit dem bairischen Dialekt noch Probleme hat. Ihm hat vor allem die Musik gefallen und auch, wenn er nicht alles verstanden hat, hatte er trotzdem dank der visuellen Komik und der Darstellung der Charaktere (vor allem Brünhilde, Kriemhild und Alberich ) sehr großen Spaß. Ich denke mal, seine ersten Schritte in der Kultur des bayerischen Humors sind uns somit geglückt.
Noch bis 31. August könnt ihr die Abenteuer Siegfrieds im Lustspielhaus erleben!
Manch einer, der meine Theaterleidenschaft nicht teilt, hat mich schon gefragt, warum ich mir ein Stück mehrfach ansehe. Meine Standardgegenfrage ist dann, wie oft sie oder er den Lieblingsfilm schon gesehen hat. Und im Gegensatz zum Film, der statisch ist, ist eine Vorstellung etwas Lebendiges, die jedes Mal anders ist.
Warum habe ich mir Jesus Christ Superstar in der Inszenierung von Staatsintendant Josef E. Köpplinger sieben Mal angesehen? Zugegebenermaßen hat es mich selbst überrascht, wie stark ich auf das Stück reagiert habe. Das war nach der halbszenischen Aufführung im Cirkus Krone im Juli 2014 nicht zu erwarten. Ich denke, ich war damals zu sehr mit mir selbst beschäftigt, schließlich hatte ich davor und danach selbst Vorstellungen mit der Zirkusprinzessin.
Es berührt mich. Wenn Jesus seinen Vater anfleht Take this cup away from me oder wenn Maria Magdalena singt Could We Start Again, Please?, schießen mir die Tränen in die Augen. Das liegt nicht nur an der sehr ergreifenden Musik, sondern zum sehr großen Teil auch an den fantastischen Darstellern Armin Kahl und Bettina Mönch.
Überhaupt ist ein Glück, so viel Talent auf der Bühne erleben zu dürfen. Neben den genannten ist auch David Jakobs ein Glücksfall, der die innere Zerrissenheit des Judas in jeder Geste und in jeder Note grandios darstellt. Aber auch die Mitglieder des Ensembles des Theaters zeigen, dass sie an einem Haus, das sowohl Oper wie auch Operette und Musical spielt, bestens aufgehoben sind. So überrascht der junge Tenor Maximilian Mayer (Simon Zelotes) mit einer großartigen Rocknummer, nachdem er in dieser Spielzeit schon an zwei Opern-Uraufführungen, einem Purcell, der Dreigroschenoper und einer Operette mitgewirkt hat. Auch Erwin Windegger, der in dieser und vorangegangen Spielzeiten seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt, erreicht mit der Rolle des Pontius Pilates einen neuen Höhepunkt. Eigentlich könnte man wirklich jeden Einzelnen der Mitwirkenden bis hin zu den Statisten namentlich benennen, weil sie alle so großartig sind. Obwohl ich ja sonst eher sparsam mit Standing Ovation bin, hat es mich bei keiner Vorstellung auf dem Sitz gehalten. Auch der wie immer äußerst spielfreudige Chor und das fantastische Orchester unter Jeff Frohner bzw. Andreas Partilla tragen zu diesen sehr emotionalen und erfüllenden Abenden bei.
Es sind starke Bilder. Egal ob wütender Mob, das letzte Abendmahl oder der Selbstmord von Judas, Josef E. Köpplinger erzählt die letzten sieben Tage von Jesus in der Jetztzeit stringent und aufregend. Wie immer ist es eigentlich mit einmal Ansehen nicht getan, selbst in der siebten Vorstellung habe ich noch Neues entdeckt. Die Bühne von Rainer Sinell ist minimalistisch und unterstützt die Übertragung in die Gegenwart ebenso wie die Kostüme von Anja Lichtenegger. Die Choreografie von Ricarda Regina Ludigkeit ergänzt das Team großartig.
Mir wurde vorgeworfen, ich wäre unkritisch. Tatsächlich hat mich in dieser Spielzeit praktisch jedes Stück von der Opernuraufführung über die Operette bis zum Ballett fasziniert. Aber ok, die Herodesszene gefällt mir nicht ganz so gut. Aber wie sagt Previn Moore als König Herodes so schön: This is my Song und so dominiert er mit seiner groovigen Soulstimme die Szene und drängt die etwas schrägen weiteren Beteiligten in den Hintergrund.
Ich hätte es gerne öfter gesehen als sieben Mal. Ich bin kein religiöser Mensch, meine Entwicklung diesbezüglich reicht von der katholischen Taufe erst mit zehn Jahren über den Übertritt in die evangelische Kirche als junge Erwachsene zum jetzigen pragmatischen Atheismus, aber trotzdem berührt mich diese Darstellung der letzten sieben Tage von Jesus Christus. Weil er ein Mensch ist, mit Zweifeln, mit Hoffnung, mit Liebe. Ich habe es aus verschiedenen Perspektiven gesehen, von ganz nah bis ganz weit weg, von rechts oder von links. So sehr ich mich freue, dass das Stück nächstes Jahr in meiner Herzensheimat, dem Stammhaus wieder gespielt wird, so sehr bedauere ich es, dass es manche Perspektiven wohl nicht mehr geben wird. Ansehen werde ich es mir trotzdem, so oft es geht.
PS: erwähnte ich das Licht schon? Das ist einfach großartig!
[singlepic id=2072 w=320 h=240 float=left]Eine berühmte Romanvorlage und bekannte Adaptionen machen eine Neuinterpretation schwierig. Das Team um Regisseur Josef Köpplinger konnte mit der Uraufführung des Musicals Gefährliche Liebschaften trotzdem neue Akzente setzen.
Die Marquise de Merteuil ist eine Meisterin im Intrigenspiel um Macht und Sex. Sie möchte, dass der Vicomte de Valmont eine ehemalige Klosterschülerin verführt, die kurz vor der Heirat mit einem Grafen steht. Dieser war einst der Liebhaber der Marquise und hatte sie verlassen, das hat sie ihm nicht verziehen. Doch Valmont ist hinter der prüde-verschlossenen Madame de Tourvel her, ihre Eroberung sieht er als sein Meisterstück. Sollte ihm dies gelingen, winkt ihm als Belohnung eine Liebesnacht mit der Marquise, die gegen ihn gewettet hat. Anfangs läuft alles nach Plan, aber als Valmont sich in Madame de Tourvelle verliebt, wenden sich die Intrigen der Marquise gegen sie selbst.
[singlepic id=2073 w=320 h=240 float=right]Dass das Stammhaus am Gärtnerplatz mittlerweile seit fast drei Jahren geschlossen ist, bedeutet Unannehmlichkeiten, aber auch Chancen. Die Musicaluraufführung von Gefährliche Liebschaften im wundervollen Rokokoambiente des Cuvilliéstheaters spielen zu können, ist definitiv eine. Die aufwendigen Kostüme von Alfred Mayerhofer passen perfekt in die Zeit und lassen ein Gefühl für die Zeit aufkommen. Die Bühne von Rainer Sinell ist schon fast sensationell in ihrem raffnierten Understatement: eine Treppe, ein Podest, ein riesiger Spiegel und ein paar wechselnde Möbel auf einer Drehbühne lassen vom Opernhaus über ein intimes Bouduoir bis hin zum Nonnenkloster alles entstehen. Das Podest ist wirklich genial: der Boden wechselt immer wieder, schachbrettartige Fliesen, fließender Stoff, Blätter und rinnendes Blut werden passend zur jeweiligen Handlung angezeigt. Zusammen mit dem Spiegel, der beweglich ist und in verschiedene Höhen und Neigungswinkel gefahren werden kann, ergeben sich je nach Sitzposition des Betrachters verschiedene faszinierende Einblicke. Das Licht von Michael Heidinger und Regisseur Josef Köpplinger ist sehr athmosphärisch.
[singlepic id=2056 w=320 h=240 float=left]Zusammen mit seinem Co-Regisseur und Choreograf Adam Cooper gelingt letzterem eine überzeugende Umsetzung des bekannten Stoffes. Es passiert sehr viel auf der Bühne, so dass man schon sehr genau oder am Besten mehrfach hinschauen muss, um alles mitzubekommen. Manches passiert sogar gleichzeitig, da wird ein Brief geschrieben und gelesen, in einem Zug oder nahtlos ineinander übergehend. Briefe spielen natürlich eine große Rolle, ist doch die literarische Vorlage von Choderlos de Laclos ein Briefroman. Als besonders beeindruckend empfand ich die Szene, als die Briefe der Marquise vom Himmel fallen und einer mit ein bisschen Verzögerung schon fast majestätisch zu Boden schwebte. Die Regie arbeitet die Figuren sehr gut heraus, vor allem der Wandel der Madame de Tourvel von der zurückhaltenden, fast schon vergeistigten Prüden zur rückhaltlos verfallenen Liebenden war gut nachvollziehbar. Und ja, es gibt einigen Sex in diesem Stück, schließlich gehts ja darum. Aber er ist immer mit Gefühlen verbunden – Gier, Liebe, Hass – so dass man das Gefühl hat, die Darstellung gehört
[singlepic id=2049 w=320 h=240 float=right]Das Libretto von Wolfgang Adenberg bietet eine ansprechende Umsetzung des Stoffes, er hält die Spannung den ganzen Abend. Die Musik von Marc Schubring erschließt sich so richtig leider erst beim mehrfachen Hören. Sein Anspruch, sie von Parfüm zu Gift zu verwandeln, hat zur Folge, dass bis kurz vor der Pause kein einziger wirklich eingängiger Song dabei ist, allerdings dreht er dann mit Valmonts Allmächtig auch mächtig auf. Nach der Pause beginnt das Gift zu wirken und das Erzähltempo wird schneller und die Melodien eingängiger. Das Orchester unter Andreas Kowalewitz arbeitete feinste Klangnuancen heraus, die dem Stück Tiefe verliehen. Die Sänger überzeugten in ihren jeweiligen Rollen, sie spielten sehr expressivund leidenschaftlich und sangen auch ganz hervorragend.
Standing Ovation für eine gelungene Uraufführung eines Musicals, das die deutsche Musiktheaterlandschaft bereichert.
Musik von Marc Schubring, Buch und Liedtexte von Wolfgang Adenberg. Nach dem Roman von Choderlos de Laclos. Auftragswerk des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Das Thema Mobbing nimmt in unserer Gesellschaft immer breiteren Raum ein und jeder kann davon betroffen sein. Das geht schon im Kindergartenalter los und nimmt seit dem Übersprung auf elektronische Medien immer krassere Formen an.
Das Musical Konzert Starke Kids! Gib Mobbing keine Chance! enstand nach einer Idee der bekannten Regisseurin Julia Riegel, die bereits zuvor erfolgreich mit der Sarré Musikprojekte zusammengearbeitet hat. Sie inszenierte auch den Abend, der einerseits eine sehr beeindruckende Leistungsschau der Akademisten der Sarré Musikprojekte war und andererseits das Thema Mobbing unter Kindern und Jugendliche in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte.
Willkommen Bienvenue Welcome hieß es zu Beginn des Abends und Redner Kilian Bohnensack begrüßte damit nicht nur das Publikum, sondern auch alle Arten von Mobbingopfern. Das war eine witzige Annäherung an das Thema und schaffte genau die Mischung von Ernsthaftigkeit und Humor, die den pädagogischen Zeigefinger nicht allzustreng werden lies, ihn aber auch nicht ganz vernachlässigte.
Immer wieder im Verlaufe des Abends berichteten Kinder aus eigenen Erfahrungen, werden Videos (Stefan A. Wisiorek) eingespielt, bei denen auch Erwachsene zu Wort kamen. Allerdings war ich mir nicht ganz sicher, ob zum Beispiel die Ratschläge wirklich immer so sinnvoll waren, hier wurde meiner Meinung nach zu wenig differenziert und das kann manchmal gefährlich sein.
Die etwa 40 Kinder und Jugendlichen im Alter von 8 bis 20 Jahren zeigten großartige Leistungen. Sie sangen nicht nur fantastisch, mein Highlight des Abends war Vois Sur Ton Chemin aus Die Kinder des M. Mathieu, sondern zeigten auch sehr anspruchsvolle tänzerische Einlagen. Der Choreograf Alan Brooks hat fantastisch mit den Teilnehmern gearbeitet, das hatte schon hohes künstlerisches Niveau.
Die Musikauswahl passte perfekt zu den einzelnen Stimmungen, von Cabaret über die West Side Story bis hin zu Oliver! und Das Phantom der Oper boten die von Verena Sarré hervorragend einstudierten Akademisten ein buntes Programm. Unterstützt wurden sie dabei von zwei Starsolisten, der wunderbaren Iva Schell und dem bekannten Sänger Volker Bengl, und der Band, bestehend aus Martin Steinlein, Liviu Petcu, Maximilian Fraas und Burkhard Fabricius. Den Abschluss bildete Abba mit Thank you for the Music, was man durchaus wörtlich nehmen durfte, macht die Musik diese jungen Talente doch stark.
Ein wirklich sehr schöner, bewegender, unter die Haut gehender Abend. Thank you for the Music!
[singlepic id=1861 w=320 h=240 float=left]Ein Regisseur hat einen Kindheitstraum und ein ganzes Theater träumt mit ihm. Heraus kommt ein fulminanter Abend, der allen Beteiligten lange im Gedächtnis bleiben wird.
Charmant erzählte Regisseur und Staatsintendant Josef E. Köpplinger bei der Einführung, dass er als Fünfjähriger den Film zum ersten Mal sah und sofort im Anschluss den Besuch einer weiteren Vorstellung durchsetzte, wie, das wollen wir hier nicht verraten 😉 Seitdem hegte er den Wunsch, den Film auf die Bühne zu bringen und 2002 schien sich dieser sich zu erfüllen, als der Musicalfilm von 1968 für die Bühne bearbeitet wurde. Zwölf Jahre hat es gedauert, bis er das Stück endlich für das Gärtnerplatztheater inszenieren durfte. Es war sehr schwierig, die Rechte zu bekommen, schließlich hat es aber doch geklappt. Die kontinental-europäische Erstaufführung ist ein hinreißender Abend geworden, den man wirklich jedem nur empfehlen kann.
[singlepic id=1868 w=320 h=240 float=right]Caractacus Potts ist ein Erfinder, der seine zwei Kinder zusammen mit dem Großvater aufzieht, nachdem die Mutter gestorben ist. Es ist zwar nie viel Geld vorhanden, aber man liebt sich und die Kinder wachsen in einer glücklichen Umgebung auf. Das Herz der Beiden hängt an einem Schrottauto, das nun an einen Alteisenhändler verkauft werden soll. Um seinen Kindern nicht das Herz zu brechen, treibt Caractacus das Geld unter im wahrsten Sinne haarsträubenden Bedingungen auf. Dabei lernt die kleine Familie eine entzückende Frau kennen, die wunderschöne Truly Scrumptious. Abgesehen auf das Auto hat es aber auch der böse Baron Bomburst, der eigentlich immer noch ein Kind ist und immer bessere, größere und schönere Spielzeuge braucht. Was er nicht braucht, ist die Frau Baronin, aber die wird er leider nicht los. Die hat eine Kinderallergie und so gibt es im Reiche Vulgarien, das beide regieren, keine Kinder, es wird ihnen sogar der Garaus gemacht durch einen fiesen Kinderfänger. Der Baron lässt den Großvater entführen, den er irrtümlich für den Erfinder hält und Caractacus, Truly und die Kinder reisen ihnen in inzwischen umgebauten Auto nach. Tschitti Tschitti Bäng Bäng heißt es und kann Schwimmen und sogar Fliegen. Natürlich gibt es ein Happy End, aber erst nach dem die kleine Familie Stärke und Zusammenhalt bewiesen hat.
[singlepic id=1867 w=320 h=240 float=left]Josef E. Köpplinger greift in die Vollen, stellt 123 Darsteller auf die Bühne, lässt für die 39 Mann im Orchestergraben von John Owen Edwards eine erweiterte Orchesterfassung arrangieren und beschäftigt 92 Kollegen hinter der Bühne. Der Aufwand ist riesig, aber jede Minute ist es wert. Die Bühne vom bewährten Team Judith Leikauf und Karl Fehringer ist ein Musterbeispiel dafür, wie man auch mit wenig Platz großartige Illusionen erzeugen kann. Es fühlt sich echt an, wie das Auto fährt schwimmt und auch fliegt. Wann hat schon jemals ein technisches Gerät einen Auftrittsapplaus bekommen? In dieser Premiere war das irgendwie selbstverständlich. Es ist wirklich ein technisches Wunderwerk, die Werkstätten des Gärtnerplatztheaters haben wirklich Großartiges vollbracht. Wenn man gehört hat, mit wie viel Leidenschaft der neue Technische Direktor Heiko Pfützner bei der Einführung über das Auto gesprochen hat, kann man vielleicht nachvollziehen, wie viel Herzblut und Arbeit in dieser Produktion steckt.
[singlepic id=1866 w=320 h=240 float=right]Die Szene wechselt ständig, die Bühne ist wie gezeichnet, wirklich sehr, sehr schön. Die Techniker an diesem Abend haben wirklich herausragend gearbeitet, jeder Wechsel klappte reibungslos. Bedingt durch die vielen Darsteller und die ständigen Szenenwechseln braucht es natürlich auch viele Kostüme, die Alfred Mayerhofer wirklich zauberhaft entworfen hat. Ungefähr 700 wären es, erzählte er bei der Einführung. Das ist natürlich aufwändig, aber es lohnt sich. Die Choreografie von Ricarda Ludigkeit hat sehr viel Schwung, einer der Höhepunkte des Abends war sicher der Bombie-Samba, im sehr langen Applaus gab es sogar Zugabe-Rufe. Die Melodien gehen selbst Menschen wie mir, die den Film nicht kennen, sofort ins Ohr. Das Publikum folgte atemlos der Handlung, es war bei einer Dauer von 2 Stunden 40 Minuten keine Sekunde weder für das junge Publikum noch für die Erwachsenen langweilig. Die Regie von Josef E. Köpplinger zeigt einmal mehr, wie gut er sich auf das jeweilige Stück einstellen kann, da stimmt jede Geste, da klappten die Slapstickmomente genauso gut wie die etwas ruhigeren, etwa wenn Caractacus seine Kinder ins Bett bringt oder er und Truly sich zum ersten Mal tief in die Augen schauen. Es passiert unglaublich viel auf der Bühne, einmal ansehen ist wirklich zu wenig, man hat immer grad irgendwas verpasst. Ein wirklich toller Abend für alle Generationen. In meiner Begleitung waren drei einer Familie und alle waren begeistert.
[singlepic id=1865 w=320 h=240 float=left]Die beiden sehr talentierten Kinder Marinus Hohmann und Amelie Spielmann waren die unbestrittenen Stars des Abends. Sie wirkten sehr natürlich und hatten nicht nur viel zu Singen, sondern auch sonst sehr viel Text und waren sehr präsent auf der Bühne. Peter Lesiak als Caractacus und Nadine Zeintl als Truly sind den Münchner mittlerweile von ihren vorherigen Produktionen ein Begriff und waren ein tolles Paar. Ihre Gegenspieler, Baron und Baronin Bomburst, wurden von Erwin Windegger und Sigrid Hauser verkörpert, die beiden sind ebenfalls keine unbekannten in München mehr. Besonders Sigrid Hauser räumte mit ihrer fabelhaften Darstellung der kinderfeindlichen Baronin im großen Stil ab, die Wandlung von der resoluten Rösslwirtin über die naive Erma in Anything Goes zur schnuckelig-bösen Baronin ist äußerst gelungen. Die vielseitige Sängerin wird ab Juli als Hotelbesitzerin Schlumberger in der Zirkusprinzessin zu sehen sein.
Frank Berg war ein sehr liebenswerter Großvater Potts und Markus Meyer verlieh dem Kinderfänger etwas Dämonisches, das mir Schauer über den Rücken liefen lies. Eigentlich müsste man wirklich jeden Einzelnen erwähnen, es ist ein großartiges Ensemble, das Josef E. Köpplinger für das Stück verpflichtet hat. Der Chor (Einstudierung Jörn Hinnerk Andresen) zeigte mal wieder, wie eigentlich immer, dass er nicht nur Singen, sondern vor allem auch Spielen kann. Das trägt zum Gelingen von Stücken wie diesem maßgeblich bei. Der Kinderchor, bestens vorbereitet von Verena Sarré, ist sicherlich einer der Besten in Deutschland. Auch das Ballett schien Spaß zu haben, das Publikum hatte ihn sicherlich. Last but not Least zeigte das Orchester unter dem 1. Kapellmeister Michael Brandstätter seine Wandlungsfähigkeit und trug dazu bei, dass dieser Abend ein ganz großer wurde.
[singlepic id=1864 w=320 h=240 float=right]Ich bin jetzt noch heiser vom vielen Bravo rufen, die Zuschauer im ausverkauften Prinzregententheater sprangen wie ein Mann auf, nachdem der Vorhang sich geschlossen hatte und der Applaus wollte schier nicht enden. Selten habe ich so großen Jubel gehört und noch seltener habe ich aus vollem Herzen mitgemacht. Danke für diesen großartigen Abend an ein großartiges Staatstheater!
Kontinentale Erstaufführung
Musik und Gesangstexte von Richard M. Sherman und Robert B. Sherman, für die Bühne bearbeitet von Jeremy Sams und Ray Roderick, basierend auf dem gleichnamigen MGM-Film, Deutsch von Frank Thannhäuser Dauer ca 2 Stunden und 40 Minuten
Musikalische Leitung Michael Brandstätter, Regie Josef E. Köpplinger, Choreografie Ricarda Regina Ludigkeit, Bühne Judith Leikauf, Karl Fehringer, Kostüme Alfred Mayerhofer, Licht Michael Heidinger, Dramaturgie Michael Otto
Caractacus Potts Peter Lesiak, Truly Scrumptious Nadine Zeintl, Großvater Potts Frank Berg, Baron Bomburst Erwin Windegger, Baronin Bomburst Sigrid Hauser, Der Kinderfänger Markus Meyer, Jeremy Potts Marinus Hohmann, Jemima Potts Amelie Spielmann, Boris David Jakobs, Goran Hannes Muik, Lord Scrumptious / Ausrufer u.a. Alexander Franzen, Der Spielzeugmacher / Bill Coggins u.a. Frank Winkels, Truthahnzüchter Patrick A. Stamme, Schrotthändler / Hauptmann / Sidney Andreas Goebel, Violet Evita Komp, Edison / Soldat Nicola Gravante, Miss Phillips Susanne Seimel, Erfinder Alexander Franzen, Carl van Wegberg, Patrick A. Stamme, Peter Neustifter, Jörn Linnenbröker, Christian Schleinzer, Ensemble Carl van Wegberg, Kerstin Ibald, Patrick A. Stamme, Peter Neustifter, Andreas Goebel, Evita Komp, Jörn Linnenbröker, Corinna Ellwanger, Nicola Gravante, Katharina Lochmann, Christian Schleinzer, Susanne Seimel, Chor, Kinderchor und Ballett des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz Weitere Vorstellungstermine Mi. 30. April 2014 19.30 Uhr, Fr. 2. Mai 2014 19.30 Uhr*, So. 4. Mai 2014 18.00 Uhr*, Di. 6. Mai 2014 19.30 Uhr, Do. 8. Mai 2014 19.30 Uhr, Sa. 10. Mai 2014 19.30 Uhr*, Mo. 12. Mai 2014 19.30 Uhr, Mi. 14. Mai 2014 19.30 Uhr, Fr. 16. Mai 2014 19.30 Uhr*, Sa. 17. Mai 2014 19.30 Uhr*, So. 18. Mai 2014 18.00 Uhr* * KiJu-Vorstellung Altersempfehlung ab 6 Jahren
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