Ich gestehe, als ich das erste Mal gelesen habe, dass zur Vorbereitung der Inszenierung ein Butoh-Workshop gehalten wurde, konnte ich mir erst einmal nichts darunter vorstellen, habe im Netz gesucht, Videos gefunden und war entsetzt. Ich fand diese Art des Tanzes absolut unästhetisch und wollte so etwas am Gärtnerplatz nicht sehen.
Was aber daraus gemacht wurde, war sensationell. Diese Körperbeherrschung von Sängern wie Tänzern ist genial, anders kann ich es nicht ausdrücken. Und passt perfekt zur Musik. Die ist hypnotisch, und ebenso ist das Geschehen auf der Bühne. Eine tolle Personenregie von Carlos Wagner, da sitzt selbst die kleinste Bewegung und passt in das Gesamtbild. Die Bühne besteht aus einem Gerippe eines sehr großen Tieres, das aus einem Teich aus schwarzer, glänzender Folie ragt. Das passt im übertragenen Sinne hervorragend ist doch das Haus Usher nichts anderes als eine aussterbende Tierart oder ein gestrandeter Wal.
Musikalisch war es hervorragend. Die Besetzung im Graben unter dem musikalischen Leiter Lukas Beikircher kammermusikalisch, da ist jedes Instrument solo. Und jedes exzellent. Und die Musik von Philip Glass mochte ich schon seit Koyaanisqatsi, nur wusste ich damals noch nicht, dass es sich um Philip Glass handelt. Die wenigen Solisten waren fantastisch sowohl in Darstellung als auch Gesang, seien es nun Hans Kittelmann und Sebastian Campione in den “Nebenrollen” oder Ella Tyran als Madeline oder Gregor Dalal und Harrie van der Plas in den Titelrollen.
Es war gruselig, klar. Aber mit starken Bildern und einer faszinierenden Musik. ich kann mich dieser Faszination jedenfalls nicht entziehen.
Ich habe die dritte Vorstellung gesehen, und es war wirklich beeindruckend. Kunst kommt von Können. Die Inszenierung ist toll, es ist, als befände man sich mitten im Kopf dieser schizoid-paranoiden manisch-depressiven Hauptfigur. Ein faszinierendes Erlebnis, keineswegs unangenehm, nur etwas anstrengend. Verrücktheit light, sozusagen. Das Orchester webt einen Klangteppich, aus dem der Sopran mit Vokalisen heraussticht. Das optische Gegenstück dazu ist das Leuchten von Madeline in dem wunderbar düsteren Bühnenbild. Dieser Minimal-Ansatz zwingt einen dazu, seine Vorstellungen von Kommunikation noch mal zu überdenken. Die Tänzer des Extraballetts waren übrigens hervorragend. Ein Riesenapplaus, verdientermaßen.