|
||
[singlepic id=1516 w=320 h=240 float=left]Über die letzte Vorstellung in dieser Spielzeit hab ich wieder drüben bei mucbook geschrieben.
Ähnliche Artikel[singlepic id=1485 w=240 h=320 float=left]Was wurde nicht alles gesagt, geschrieben und geschimpft über diese Fastneuproduktion des Weihnachtsklassikers an der Bayerischen Staatsoper: Nostalgietrauer um die List–Inszenierung, Aufregung über den Produktionsrestverkauf um den Globus, moderne Küche, gestrichene Engel und dieser Fisch… zu neu, zu brutal, zu nicht-kitschig. Lassen wir die Produktion für sich selber sprechen. Dazu sollte man sich kunstgeschichtlich diesem Abend nähern. Denn Richard Jones malt Bilder für die Bühne, nutzt sie im Prospekt und baut starke Momente. Viel Magritte zu Anfang, ein bisschen Beuys, sehr starker Warhol in den Zwischenakten (John MacFarlane Bühne und Kostüm). Fluchtpunktperspektivisch wird so das Märchen zum Ästhetikkammerspiel. Das ist surreal und Popart, sieht gut aus und funktioniert. Ein Kammerspiel des Hungers, wie im Libretto deutlich belegbar und schlüssig ausformuliert entsteht in den kühlen Räumen, in einer hübschen Leere ohne Nahrung wie der leere Mottoteller zu Beginn. Der Wald verkommt zur Tapete die Statisterie in cooler Ent-Optik zu den rauschenden Bäumen. Verständlich bleibt das alles und die Abstraktion zeigt den Kindern und ihren oft konservativeren Eltern, mit welchen Mitteln das Theater im Kleinen zaubern kann. Getragen wird dieser Minimalismus durch elaborierte szenische Arbeit des Hochleistungsmärchentraumpaares Tara Erraught und noch eine Spur zauberhafter Hanna-Elisabeth Müller. Mit allerhand Choreografie und Gezank bleibt der Fokus auf dem ersehnten Mahl. Auch bei den Eltern. Besenbinder Alejandro Marco-Buhrmester putzt dabei stimmlich wie spielerisch seine Frau Janina Baechle an die kahle Wand. Dieser Vater ist Suffkopf, Angsthase und liebender Vater zugleich. Mutter steht kleine angedeutet vor dem Pillensuizid und spuckt vor Angst die Wurst wieder aus. Darüber lässt sich streiten, bleibt aber den Kleinen eher verborgen als den Großen, die diese existenzielle Seite des Überlebensmärchens durchaus erkennen dürfen. Denn existenziell ist dieser Text und der Konflikt Wovon träumt wohl ein an Hunger leidendes Kind? Sicherlich nicht von Rauschgoldengeln, sondern von Essen, von Küche und von Genuss. Eine Mischung aus Groteske und Sei-Hier-Gast-Disney-Optik erscheint dann auch wirkungsmächtig und kindgerecht durch aufmarschierende Comicköche und eine livrierte Makrele (Christian Prager) – wohl getimt ins Finale Akt II. hineingeschneidert. Das passt, ist komisch anzusehen und vor allem für die Kindelein schlüssig. Und auch das soll nicht aus den Augen verloren werden. Das Gruselhutzelmännlein des Sandmannes überzeugt weniger als die spülende Taufrau, die die letzten Reste des schönen nächtlichen Traumes beseitigt, bevor der Grundtenor des Abends mit dem überdimensionierten Mäulchen zurückkehrt. Da hüpfen die 4-8-Jährigen kurz vom Stuhl und bleiben gespannt dabei. Ebenso wie beim folgenden entstaubten Hexenküchenakt. [singlepic id=1486 w=320 h=240 float=right]Eine Verbeugung vor der großartigen Fatsuit-Travestie dieser tollen Knusperhexe von Rainer Trost. Im Gegensatz zur alten Karikatur der Karikatur (Ulrich Reß) mischt er in seiner Küche genau die richtigen Mischung aus Überdrehtheit, wohl dosiertem Grusel, Klamauk und (weiblichem) Talent, damit sich auch die Kleinen ein wenig fürchten ohne Angst zu bekommen. Die Kühlschranktür bleibt immer nur so lange offen, um die Kinderhaxerl zu erahnen und die Backekinder verwandeln sich natürlich alle zum HappyEndFinale mit Osterbotschaft in brave Kindelein. Wie es nun mal im Märchen sein soll. Und wo wenn nicht im Schutzraum Theater, ohne die Konsequenz des Alltags darf man eine Hexe – wie von den Grimms ja nun mal vor-geschrieben – in den Ofen schieben und in einen Hefezopf verbacken, wo doch jedes Kind weiß, dass sie spätestens beim Applaus wohlbehalten wieder an die Rampe tritt. An der Rampe wurde das starke Ensemble dann auch euphorisch gewürdigt und die Reaktionen von Jung und Alt steigerten sich im Vergleich zur Listseligkeit. Das liegt vor allem am satten und wachen Sound des Orchester unter Tomáš Hanus der meiner Ansicht nach jede Stunde Humperdincks an der Nibelungenkanzlei zutage treten lässt. Zopfschneider Bachler wünscht dieser Inszenierung und – indirekt damit verbunden – auch seiner Fortdauer der Intendanz ein langes Leben. Diesem Wunsch will man sich nach dieser modernen und guten Hänselneuauflage gerne anschließen, da sich Erwachsene nicht langweilen und die Anspielungen durchdringen, dieser Abend aber vor allem für die Kinder durchaus etwas von der Opern- und Bühnenmagie überträgt, sie ernst nimmt, fordert und dabei glänzend unterhält. Besucht wurde die Vorstellung am 01.04.2013. Musikalische Leitung Tomáš Hanus, Inszenierung Richard Jones, Bühne und Kostüme John Macfarlane, Neueinstudierung Benjamin Davis , Lichtkonzept Jennifer Tipton , Licht Michael Bauer, Choreographie Linda Dobell, Einstudierung Choreographie Anjali Mehra , Einstudierung Kinderchor Stellario Fagone, Peter, Besenbinder Alejandro Marco-Buhrmester , Gertrud Janina Baechle , Hänsel Tara Erraught , Gretel Hanna-Elisabeth Müller , Die Knusperhexe Rainer Trost , Sandmännchen / Echo IV Yulia Sokolik , Taumännchen / Echo II Golda Schultz , Echo I Iulia Maria Dan, Echo III Agnes Preis , Echo V Silvia Hauer , Bayerisches Staatsorchester K, inderchor der Bayerischen Staatsoper Ähnliche Artikel[singlepic id=1471 w=320 h=240 float=left]Sie funktioniert noch, diese russische, sperrige Politopera mit Zaren, Bojaren und Mönchen. Denn sie schneidet zeitlose Themen an: Die Rücksichtslosigkeit und damit verbundene Einsamkeit der Macht. Und darauf hat es Calixto Bieito auch abgesehen mit seiner modernen, naturalistischen, schlüssigen und wachen Interpretation von Mussorgskys Werk, die hier in der neuerdings gebräuchlichen Urfassung gegeben wird.
Bieito geht dabei in die Vollen. Seine Schläge bluten, die Bühnenmorde gehen leicht und spröde, ja professionell von der Hand; Gewalt und Bedrohung hinter jeder Wodkabude und Schüsse selbst von Kinderhand. Politik besteht hier in der Kraft des Stärkeren, die Logik der Mafia. Die (nicht mehr ganz) aktuellen Politikhäupter werden dazu aktuellerweise schon zu Beginn überdimensional zur Schau und zu Grabe getragen. Das geknechtete, zum Jubel gezwungene Volk erhöht Putin, Blair und (wieder) Berlusconi. Damit es das tut, wird es geschlagen, getriezt, gepeinigt. Nun ja, Kindermörder sind unsere modernen Staatsoberhäupter nun nicht gerade, doch die Mechanismen der Mediendemokratie wie des modernen Populismus hat Bieito damit recht gut wiedergegeben. Der Regiejux, dass der neue, sich zur Regentschaft überreden lassende Boris aus der Königsloge seinem Volk und dem Publikum entgegentritt, erinnert an die Kür des TV-Hochadels. Auch die Idee, aus den chronikenschreibenden Mönchen Journalisten zu machen, überzeugt. Grigorij (mit noch zu steigerndem Tenor Sergey Skorokhodor) – mit Phototasche auf der Flucht vor dem System – gibt den Kriegs- und Krisenberichterstatter. Nach Uraniumskandalen und wiederholten Repressionen gegen die freie Presse auch im arabischen Frühling aktueller denn je. Doch er will mehr. Vom Kirchenanzeiger zur Hauptstadtpresse sozusagen. Und nach der kühlen Logik der Macht und mit genügend mörderischer Rücksichtslosigkeit erreicht er sein Ziel am Ende. Hoffnung durch den Machtwechsel entsteht dadurch aber keine.[singlepic id=1472 w=320 h=240 float=right] Überhaupt beschreibt diese Inszenierung pessimistische Isolation. Am grandiosesten mit dem beeindruckenden Bühnenkubus, dem Bunker, dem Öltank, der Skulptur von Rebecca Ringst. Abgeschlossen, wendig und aufklappbar spiegelt sie die Misere der Macht. In einem oligarchischen feschen Mikrokosmos vegetiert dieser Boris an seinen Skrupeln und am Alleinsein der Herrschaft. Stimmgewaltig und nachvollziehbar auf dem Weg in den tödlichen Wahn überzeugt trotz weniger Glanzlichter in der Partitur nach der Art der Operà dialogué Alexander Tsymbalyuk. Er sitzt in seiner russischen Arche und sieht dem Geschehen zu. Egozentrisch mit sich beschäftigt, seine Skrupel los und doch diesen am Ende ausgeliefert. Daneben Volk, Masse, Mensch. Analog zum bereits bestechend am Haus inszenierten Khovanshchina, das die diversen Soli noch via Splitscreen auf die Bühne aufteilte, streicht Bieito einfach – etwa den aus dem Rahmen fallenden Polenakt. Er konzentriert Handlung, Agieren und die eindringliche Musik zu einem Politkammerspiel. Bei der Besetzung greift das Haus auf bewährte Kräfte um den sensationellen Anatoli Kotscherga als Chroniker Pimen und den quietschigen Ulrich Reß in einer Nebenrolle zurück. Nagano hantiert, wie bereits 2007, gekonnt mit der schweren, seidigen Musik und den donnernden brillianten Chören. Damit ist ein aktueller, schwerer und doch zeitloser Kommentar gelungen. Mussorgsky liefert dafür eine reiche Musik und offene Handlung, aus der Bieito das Optimum herausholt, ohne den Sinn zu verfälschen. Musikalische Leitung Kent Nagano /Inszenierung Calixto Bieito /Bühne Rebecca Ringst /Kostüme Ingo Krügler /Licht Michael Bauer /Dramaturgie Andrea Schönhofer /Chöre Sören Eckhoff /Boris Godunow Alexander Tsymbalyuk / Fjodor Yulia Sokolik /Xenia Eri Nakamura / Xenias Amme Heike Grötzinger /Fürst Schuiskij Gerhard Siegel /Andrej Schtschelkalow Markus Eiche /Pimen Anatoli Kotscherga /Grigorij Otrepjew Sergey Skorokhodov /Warlaam Vladimir Matorin /Missail Ulrich Reß /Schenkwirtin Okka von der Damerau /Gottesnarr Kevin Conners /Nikititsch Goran Jurić /Leibbojar Dean Power /Mitjucha Tareq Nazmi /Hauptmann der Streifenwache Christian Rieger Ähnliche Artikel[singlepic id=1464 w=320 h=240 float=left]Zwischen Hitze und Kälte sind sie hin- und hergerissen. Bellinis Varianten des berühmtesten aller Liebespaare. Romeo zwischen kalter Rache und heißer Liebe, Giulietta zwischen kühlem Ehrbegriff und warmem Gefühl. Ebenso warm der Bellinisound, der selbst die dramatischste Phrase mit bezauberndem Belcanto überzieht. Schöngesang und Schönklang in der Einigkeit, die dem Paar nur sehr kurz und in dieser Inszenierung (Vincent Boussard) gar nicht gegönnt ist. Nicht nur einmal lässt er seine Soli wahrlich zu Stein werden, zu Statuetten, die auch im Bühnenhimmel erscheinen. Bewusst leblos und erst behaucht bewegt. So tritt das sterbende Paar am Ende dann auch aus der Handlung und auf das vertraute Im-Grabe-Vereint-Bild wird verzichtet.
Überhaupt passiert wenig. Passend zum gerade wieder gefeierten Minimalismus vergeht dieser Abend semikonzertant mit nur szenischen Ansätzen. Statisch stehen und singen die geteilten Chöre, nichts bewegt sich wirklich – allein Romeo und Giulietta. Ein Regieansatz? Oftmals scheint es Einfallslosigkeit und nur ein kleiner Skandal tritt auf: Statt einem Balkon – ein weißes Waschbecken, an das sich Giulietta klammert, und aus dem sie singt. Die Bühne minimaler, leerer Raum mit groben Marmorprojektionen, die an die Medicikapellen in Florenz erinnern (Bühne: Vincent Lemaire). AZ-gossip zur Premiere war die Zusammenarbeit der Netrebko mit Christian Lacroix, der zeitlose, unaufgeregte Kostüme beisteuert. Allein die farbenprächtigen Damen der Hochzeit erzeugen, über eine riesige Bühnentreppe wackelnd, Kostümzauber. Alles in allem eine konzentrierte, minimale Szenenarbeit. Jedoch die Sänger: Wunderschön und gesanglich hervorragend begeistert Joyce DiDonato als inhaltliches wie stimmliches Zentrum des Werks das Publikum. An ihrem präzisen, maskulinen Spiel können sich durchaus noch einige schmachtende Jungs ein Beispiel nehmen. Mit guter Maske, ohne peinliche Hosenrolle, in dunkler Mähne hängt ihr das Publikum an den Lippen und an ihrem überirdischen Mezzo. An ihrer Seite Ekaterina Siurina als Giulietta, die verspricht, was die Netrebko zur Premiere sicher gehalten hat. Etwas abseits der Handlung, doch mit zwei wunderschönen Arien im 1. Akt der starke Joseph Calleja mit klingendem, klarem Tenor. Der wie immer hochwertige Chor gibt hier den geteilten Schillerauftritt als Gefolge der jeweiligen Parteien. Das in kleiner Besetzung präzise und auf vertrautem Niveau spielenden Opernorchester folgt dem anscheinend innig mit Bellini vertrauten Yves Abel. Hätte sich diese hitzige Kühle im Gasteig ebenso produziert? Wahrscheinlich, doch dann hätten wir auf die hervorragende szenische und charakterliche Arbeit der DiDonato verzichten müssen. Denn da wird dem Zuschauer und Zuhörer heißkalt. Musikalische Leitung Yves Abel; Inszenierung Vincent Boussard; Bühne Vincent Lemaire; Kostüme Christian Lacroix; Licht Guido Levi; Dramaturgie Rainer Karlitschek; Chor Sören Eckhoff; Romeo Joyce DiDonato; Giulietta Ekaterina Siurina; Tebaldo Joseph Calleja; Capellio Goran Jurić; Lorenzo Andrea Borghini; Bayerisches Staatsorchester; Chor der Bayerischen Staatsoper Ähnliche Artikel[singlepic id=1449 w=320 h=240 float=left]Obwohl mir die Inszenierung am Gärtnerplatztheater besser gefallen hat, wird mir auch die Version der Staatsoper von 1965 fehlen, war diese doch im Winter 1977/78 meine erste Liveaufführung einer Oper. Ich weiß noch genau, dass meine Eltern damals mit mir vor der Vorstellung besprochen haben, wie man sich in einem Opernhaus verhält. Wir haben auch die Oper zu Hause schon mehrfach angehört und ich war völlig gefangen genommen bei dieser Liveaufführung. Warum ich meine Liebe zur Oper dann erst 25 Jahre später entdeckt habe, kann ich nicht genau sagen, eines weiß ich jedoch sicher: Verhaltensregeln bringt man den Kindern und Jugendlichen heute nicht mehr bei. Ich habe mich ja schon damit abgefunden, dass in dieses als Kinderoper verkauftes Werk bereits Dreijährige hineingeschleppt werden, die dann ihre Umgebung mit munterer Plapperei unterhalten. Aber dass mitten während der Vorstellung eine Sechzehnjährige telefoniert und die Mutter ungerührt dabei sitzt, damit werde ich mich nicht abfinden. Dann kann man nämlich in 10 Jahren keine Vorstellung mehr besuchen. Wenn schon die Eltern ihren Kindern keinen Benimm mehr beibringen, sollte man es vielleicht in den Musikunterricht mitaufnehmen. Die Inszenierung ist klassisch, man sieht eine richtige Kate der Eltern, es werden noch Besen gebunden, es gibt eine richtige Hexe und ein richtiges Hexenhaus. Zugegeben, die Engel finde ich extrem kitschig, aber insgesamt ist es eine schöne Inzenierung. Die an diesem Abend leider zum drittletzten Mal lief. Denn laut Bayerischer Staatsoper sind die Kulissen nicht mehr zu retten und anstatt sie neu zu erstellen, kauft man lieber eine neue Produktion ein, die am 24. März 2013 Premiere hat. Wir werden sehen. Ich lass mich überraschen. Musikalisch war es ein ausgesprochen schöner Abend. Eri Nakamura als schwarzhaarige Gretel sang ganz bezaubernd und textverständlich, Angela Brower nahm man den kecken Hänsel in Gesang und Darstellung jederzeit ab. Irmgard Vilsmaier und Markus Eiche waren als Eltern ein tolles Paar und Yulia Sokolik und Iulia Maria Dan verliehen dem Sand- bzw. Taumännchen jugendliche Frische. Einzig Ulrich Reß konnte mich als Hexe nicht ganz überzeugen, das mag aber auch daran gelegen haben, dass er an diesem Tag schon zum zweiten Mal ran musste. Kazushi Ono leitete das Staatsorchester souverän und schaffte es trotz der teilweise bombastischen Musik von Humperdinck die Solisten nicht zuzudecken. Allerdings hätte es mir besser gefallen, wenn zwischen dem ersten Akt und dem Zwischenspiel keine Pause gewesen wäre, damit fällt die Spannung meiner Meinung nach ziemlich ab. Der Kinderchor schließlich rundete den sehr schönen Abend gut ab. Es ist wirklich sehr schade, dass diese Produktion abgesetzt wurde. Es bleibt nur zu hoffen, dass dem Opernliebhaber wenigstens die schöne Inszenierung des Gärtnerplatztheater erhalten bleibt. Ähnliche Artikel[singlepic id=1404 w=320 h=240 float=left]Was für eine Vorstellung! Nach Monaten der Beschäftigung mit der kleinen Schwester Operette (die ihre Berechtigung und ihren Reiz hat) durfte ich wieder einen herzzerreißenden Abend erleben, wie man ihm im Leben eines Opernjunkies nicht oft erfährt.
Ich wechselte zwischen Gänsehaut und Tränen. Unglaublich, was Musik, fantastische Stimmen und exzellente Darstellung mit mir anstellen. Die Inszenierung von Luc Bondy wird oft als langweilig beschrieben, mir hat sie ausgezeichnet gefallen, weil sie Raum für die großen Gefühle und die großen Sängerschauspieler dieser Oper und dieses Abends lässt. Und diese braucht es auch, in diesem Opernthriller um Gier, Geilheit, Leidenschaft, Patriotismus und Liebe, den Giacomo Puccini so fabelhaft in Musik umgesetzt hat. Das Bühnenbild von Richard Peduzzi und das Licht von Michael Bauer unterstützen diese Weite, die Kostüme von Milena Canonero waren passend für den Anfang 19. Jahrhundert, wären aber auch später nicht fehl am Platze gewesen. Tatiana Serjan berührte meine Herz in der Titelrolle. Ihre Leidenschaft, ihre Hingabe, mit der sie die dramatisch Liebende spielt, gepaart mit einer überwältigenden Stimme, machte den Abend zu etwas ganz Besonderem. Jonas Kaufmann in der Rolle des Mario Cavaradossi überzeugte mit einer wunderbaren, manchmal vor Leidenschaft dunklen und dann wieder hell aufflammenden Stimme wie bei den Vittoria! Vittoria!-Rufen. Beeindruckend auch der Scarpia von Scott Hendricks, den ich auf meinem Platz in der Galerie sehr gut hören konnte und der es verstand, seiner Stimme einen wahrhaft dämonischen Klang zu verleihen. Goran Jurić, Christoph Stephinger, Francesco Petrozzi Christian Rieger und Tim Kuypers in ihren jeweiligen Rollen waren ideal besetzt. Der Chor hat mir sehr gut gefallen, sowohl gesanglich als auch endlich darstellerisch. Carlo Montanaro leitete das Bayerische Staatsorchester mit Umsicht und richtiger Dosierung. Ein wunderbarer Abend, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Ähnliche ArtikelDie lettische Mezzosopranistin Elina Garanca beeindruckte mit ihrem Liederabend im Münchner Nationaltheater. Auf dem Programm stand eine schlüssige und geschickte Auswahl an deutschen Liedern von Robert Schumann, Alban Berg und Richard Strauss. Der erste Teil des Konzerts stand ganz im Zeichen der Lieder von Robert Schumann. Vier Lieder aus dem Liederkreis “Myrthen”: Widmung, Der Nussbaum, Jemand und Zwei Lieder der Braut. Der zweite Block war Frauenliebe und -leben, op. 42 nach Gedichten von Adalbert von Chamisso. Vor allem in den Liedern von Frauenliebe und -leben konnte die Mezzosopranistin durch ihre schöne Tiefe und Mittellage überzeugen.
Im zweiten Teil nach der Pause waren Sieben frühe Lieder von Alban Berg zu hören. Hier konnte Elina Garanca die ganze Stimmfarbe zeigen, die ihr leuchtender Mezzo zur Verfügung hat. Bei den folgenden Liedern Leises Lied, All mein Gedanken, Ach Lieb, ich muss nun scheiden, Meinem Kinde, Allerseelen und Heimliche Aufforderung von Richard Strauss war Elina Garanca genau in ihrem Fach. Textverständlichkeit, Stimmfärbung und Ausdruck – einfach toll. Das ausverkaufte Nationaltheater brach in Jubel aus! Als erste Zugabe hörte Zueignung. Dann forderte ein Herr im Publikum die Habanera aus Carmen, und Elina Garanca lachte und sprach: “Ich habe gedacht, es wäre ein Liederabend!” Eine kurze Abstimmung zwischen Sängerin und Pianist, und Roger Vignoles holte die Habanera-Noten. Das Publikum war aus dem Häuschen, und Elina Garanca dankte mit einer zweiten Arie: Al Pensar von Ruperto Chapí. Ein beglücktes Publikum und Standing Ovations!
Ähnliche ArtikelAlso, wenn es um Wagner geht, bin ich ja immer noch ein Waisenkind. Als sich nun die Gelegenheit bot, den Parsifal zu sehen, schlug ich zu, denn seit dem denkwürdigen Lohengrin vor etwas über einem Jahr bin ich ein halber Fan des Meisters. Ich kannte vorher weder die Musik noch eine andere Produktion. Peter Konwitschnys Bilder und Deutung haben mir gefallen. Vielleicht eben weil ich nichts anderes kenne. Ich bin ja kein Fan von modernen Inszenierungen, das kann leicht mal in die Hose gehen. Obwohl, so was Verstaubtes wie die Traviata in Hamburg mag ich ja auch nicht. An diesem Abend hat jedoch alles gepasst. Außer, dass man den Statisten, der sich tarzanmäßig am Seil über die Bühne schwingt, bevor er den Schwan erlegt, vielleicht mehr nach der Statur des Parsifal hätte aussuchen sollen, das war schon sehr offensichtlich, dass das ein anderer war. Ansonsten war für mich alles schlüssig, von Kundry als Marienerscheinung bis zum roten Papierherz. Einen großen Anteil am Gelingen des Abends hatten sicherlich die Sänger der Hauptpartien, die nicht nur verdammt gut sangen, sondern auch hervorragend spielten. Ich gehe zwar meistens mit Opernglas in die Vorstellungen, benutze es aber selten, weil es für mich als Brillenträgerin sehr störend ist. Umso schöner ist es, wenn die Emotionen und das Spiel auch so im dritten Rang ankommen. Und so war das an diesem Abend. Michael Volle sang und spielte den Amfortas so ergreifend, dass ich mir seine Parsifaltermine für März 2013 schon mal vorgemerkt habe. Ebenfalls hervorragend in Spiel und Gesang waren Christopher Ventris als Parsifal und Stephen Milling als Gurnemanz. Wenn man bedenkt, dass Waltraud Meier ihr Debüt als Kundry vor 29 Jahren gegeben hat, war ihr Auftritt phänomenal. Lediglich Klingsors Zaubermädchen hätten vielleicht noch ein bisschen mehr proben sollen. Das klang in meinen ungeübten Ohren schräg und wurde mir auch später von geübten bestätigt. Kent Nagano deckte mir manchmal die Sänger etwas zu sehr zu, aber insgesamt blieb der Eindruck des Ätherischen, das ich mit Wagner verbinde. Alles in allem ein toller Abend, der mir Lust auf mehr Wagner machte. Ähnliche ArtikelIn der Inzenierung von Günter Krämer haben in den letzten 19 Jahren viele Sänger ihr Rollenportrait gezeigt. Nun waren zwei neue an der Reihe, und ein Sänger, der über 20 Jahre nicht an der Bayerischen Staatsoper gesungen hatte. Der siebzigjährige Leo Nucci überzeugte in der Rolle des Vater Germont. Er stattete die Rolle mit Ausdruck und Klarheit seines Baritons aus, verlieh dem Vater die nötige Persönlichkeit und ein eigenes Profil. In der Rolle des Alfredos war der Tenor James Valenti zu hören, mit schöner Stimme, und er klang bis in die Höhen am ganzen Abend nicht einmal angestrengt. In der Darstellung hielt er sich an die Anweisungen des Regieassistenten, und das Publikum sah einige der alten Operngesten. Die Sopranistin in der Titelrolle hatte es schwer bei so vielen und legendären Vorgängerinnen, wie z.B. Cristina Gallardo-Domas, Angela Gheorghiu und Anja Harteros. Ihre große und nicht gut sitzende Stimme hatte in ihrer Arie im ersten Akt Ungenauigkeiten und Intonationschwächen. In den Folgeakten wurde es etwas besser, vor allem im Duett mit Vater Germont. Diese Stimme ist zu groß, und es fehlt an Linie. Als Schauspielerin hatte die Dame mehr zu bieten. Nach dem etwas überdrehten ersten Akt gelang ihr der Wandel zur ehrlich Liebenden. Bleibt noch der “Neuling” am Pult des Bayerischen Staatsorchesters. Der ungarische Dirigent Henrik Nánási führte das Orchester zu einer guten Abendleistung. Bei den zarten Vorspielen beeindruckten die Musiker mit hoher Klangkultur. Der Dirigent war immer bei den Sängern und unterstützte sie in den großen Ensembleszenen mit federnder Rhythmik. Leider konnte da der Chor der Staatsoper nicht immer in der Klangkultur mithalten. Dem Dirigenten alles Gute für seine Arbeit an der Komischen Oper Berlin, wo er ab der Saison 2012/13 Generalmusikdirektor sein wird. Ein Abend in der Bayerischen Staatsoper mit Höhen und Tiefen! Ähnliche Artikel |
||
Copyright © 2024 Nachtgedanken - All Rights Reserved
Header ©Traumstoff Buchdesign Motiv ©victor zastolskiy Fotolia.com Powered by WordPress & Atahualpa |
Letzte Kommentare