|
Corinna Klimek am 22. Januar 2014 23:30 [singlepic id=1727 w=320 h=240 float=left]Schon oft wurde es totgesagt, aber wenn es in solcher zauberhafter Opulenz gezeigt wird wie die Zirkusprinzessin am Anhaltischen Theater Dessau, dann wird uns das Genre Operette alle überleben.
Fürstin Fedora Palinska ist kürzlich Witwe geworden und hat das Vermögen ihres Mannes geerbt. Nun soll sie sich wiederverheiraten, natürlich mit einem Russen, damit das Geld im Land bleibt. Ein Anwärter wäre Prinz Sergius Wladimir, doch den will die Fürstin auf gar keinen Fall heiraten. Auf Einladung des Zirkusdirektors Stanislawski sieht sie eine Vorstellung des waghalsigen Mr X, der seine Identität verschleiert, in Wahrheit aber der Neffe ihres verstorbenen Mannes ist und die Fürstin glühend liebt. Der Prinz sinnt nach einem erneuten Fehlschlag bei der Fürstin auf Rache und engagiert Mr X, um Fedora eins auszuwischen. Als Adeliger soll er sich ihr vorstellen und sie am besten gleich heiraten. Der Plan gelingt und nach der Trauung enthüllt der Prinz die ihm bekannte Identität des Bräutigams. Seine Kollegen vom Zirkus sind ebenfalls da und die hochmütige Dame wird als Zirkusprinzessin verspottet. Sie selbst liebt zwar Mr X, hat aber zu viel Standesdünkel, um ihn als Ehemann anzuerkennen und trennt sich von ihm. Parallel dazu entwickelt sich eine Romanze zwischen dem Hotelerben Toni Schlumberger und der Zirkusreiterin Mabel Gibson. Mabel tut zwar so, als ob sie Engländerin wäre, ist in Wahrheit aber genauso wie Toni ein echtes Wiener Gewächs. Weil sie ein anständiges Mädchen ist und der Toni scharf auf sie, wird ebenfalls geheiratet. Tonis persönliche Nemesis ist aber die Frau Mama, die in der Dessauer Fassung nach St. Petersburg kommt und ihm ordentlich einheizt. Natürlich gibt es am Ende für alle Beteiligten ein Happy End, aber bis es so weit ist, gibt es noch jede Menge Klippen zu umschiffen.
[singlepic id=1728 w=320 h=240 float=right]Regisseur Wolfgang Dosch ist ein ausgewiesener Operetten-Spezialist und das merkt man in jeder Minute. Da stimmt das Timing, die Personenführung ist fabelhaft und die eingestreuten Gags bringen das Publikum immer wieder zum Lachen. Bereits zu Beginn gibt es eine poetische Note, wenn ein Pierrot den Vorhang öffnet und die Protagonisten durch die ganze Handlung begleitet. Lediglich die Marotte des Prinzen, jedes dritte Wort falsch zu verwenden, hätte ruhig etwas sparsamer verwendet werden dürfen. Leider habe ich nicht alles verstanden, insbesondere, wenn die Sprechstimmen mit Musik unterlegt waren, hörte ich diese kaum. Ich höre tatsächlich etwas schlecht, aber dies hat mir noch nie in Oper oder Operette Probleme bereitet. Ansonsten war es wirklich großartig, die Ausstattung von Stefan Wiel opulent und märchenhaft mit Schlitten, großen Roben der Fürstin und schneidigen Husaren. Es wurde sowohl die Zirkusatmosphäre wie auch die russische Verortung ausgezeichnet transportiert. Es war in jedem Augenblick etwas geboten auf der Bühne, das ist eine Inszenierung, die man sicher öfter sehen kann und trotzdem noch Neues entdeckt. Das Ballett, von dem man leider hört, dass es politisch gewollt in Dessau abgeschafft werden soll, hatte sichtlich Spaß bei der Sache und konnte sich in den Choreographien von Tomasz Kajdanski so richtig austoben. Der Chor zeigte sich auch sehr spielfreudig, schwamm aber vor allem vor der Pause etwas. Für mich hätte die Anhaltische Philharmonie unter der Leitung von Wolfgang Kluge gerne noch einen Tacken spritziger sein dürfen, an manchen Stellen kam es mir doch ein bisschen langsam vor. Das alles tat aber der guten Stimmung und dem tollen Gesamteindruck des Abends keinen Abbruch.
[singlepic id=1729 w=320 h=240 float=left]David Ameln als Toni und Cornelia Marschall als Mabel zeigten auf jeden Fall die akrobatischen Höchstleistungen des Abends. Singend ein Rad schlagen oder die Partnerin längere Zeit über die Bühne tragen stelle ich mir nicht gerade einfach vor und beide sangen wirklich in jeder Lage sehr gut. Ihr Duett Wenn Du mich sitzen lässt, fahr ich sofort nach Budapest war einer der Höhepunkte des Abends. Leider zeigten beide ebenso wie Mutter Schlumberger und Pelikan nur Anklänge des Wiener Dialektes, so hat mir ein bisschen der Schmäh gefehlt. Zusammen mit der Änderung, dass der dritte Akt nicht in Wien spielt, hätte man sich hierfür vielleicht auch was einfallen lassen können.
Ungewöhnlich, aber luxuriös besetzt waren die Partien von Fürstin Palinska mit der Mezzospranistin Rita Kapfhammer und Mr. X mit dem niederländischen Bariton Wiard Withold. Ich bin ja eh ein Fan der tiefen Stimmen und insbesondere Rita Kapfhammer meisterte die Sopranpartie fabelhaft und spielte dabei dabei auch noch leidenschaftlich mit großer Bühnenpräsenz. Dirk Lohr als Prinz Sergius Wladimir mit seinem eilfertigen Adjutanten Tizian Steffen komplettierten den hervorragenden Cast.
Am Ende Standing Ovation von einem begeisterten Publikum, das ist unterhaltsames Theater für Jung und Alt!
Inszenierung Wolfgang Dosch, Musikalische Leitung Wolfgang Kluge, Bühne und Kostüme Stefan Wiel, Choreographie Tomasz Kajdanski, Chor Helmut Sonne, Dramaturgie Felix Losert
Fürstin Fedora Palinska Rita Kapfhammer, Prinz Sergius Wladimir Dirk Lohr, Peter Brusowsky, Adjutant des Prinzen Tizian Steffen, Direktor Stanislawski Thomas Skambraks, Mister X alias Fedja Palinski Wiard Witholt, Luigi Pinelli, Regisseur und Clown Jan-Pieter Fuhr, Miss Mabel Gibson, Zirkusreiterin Cornelia Marschall, Toni Schlumberger David Ameln, Carla Schlumberger, Hotelbesitzerin Christel Ortmann|Kristina Baran, Pelikan, Oberkellner Hasso Wardeck, Olga, Dame an Kassa Jagna Rotkiewicz
Ähnliche Artikel- Premiere Esclarmonde, 26.05.2013, Anhaltisches Theater Dessau
- Premiere Rheingold, 30.01.2015, Anhaltisches Theater Dessau
- Premiere Norma, 04.10.13, Anhaltisches Theater Dessau
- Premiere Carmen, 08.11.2014, Anhaltisches Theater Dessau
- Alice im Wunderland, 31.03.2013, Anhaltisches Theater Dessau
NachtMusik am 2. März 2012 21:38 [singlepic id=1134 w=320 h=240 float=left]
Die Fledermaus am Rosenmontag mit einem bestens aufgelegten Ensemble und ein ausverkauftes Gärtnerplatztheater – was braucht man mehr!
In der Inszenierung von (Noch-) Intendant Ulrich Peters tummelten sich die Ensemblemitglieder des Theaters. Heike Susanne Daum und Tilmann Unger standen als Ehepaar Eisenstein auf der Bühne. Tilmann Ungers Tenor passt sehr gut zum Eisenstein, und Heike Susanne Daum beeindruckte nicht nur schauspielerisch: sehr schön gelang den beiden das Uhrenduett. Mit ausdrucksstarker Stimme interpretierte Frau Daum die Rosalinde und bot auf dem Ball des Prinzen einen feurigen Csardas. In weiteren Rollen Ella Tyran als quicklebendige Adele und Ulrike Dostal als Ida. Torsten Frisch verlieh dem Dr. Falke seinen Bariton und Spielfreude. Mit schönem sattem Mezzo sang Franziska Rabl den Prinzen Orlowsky. Robert Sellier als Gesanglehrer Alfred und Hans Kittelmann in der Rolle des Advokaten Dr. Blind brachten die Figuren überzeugend auf die Bühne. Auch immer wieder schön: der Gefängnisdirektor Frank, von Dirk Lohr verkörpert. Mit Thomas Peters hat das Haus einen ausgezeichneten Gefängniswärter Frosch gefunden. Es kommen keine Längen, wenn er zu den alten Gags den Bezug auf die Politik und aktuelle Themen aufnimmt. Einfach super!
Der Chor war wie gewohnt in dieser Produktion gut und hatte an diesem Tag besonders viel Spaß. Auch das Orchester war in Champagner-Laune: Dirigent Andreas Puhani entlockte dem Orchester mit leichter Hand schmissige Rhythmen, schnelle Tempi, und die Funken sprühten. Danke!
Ähnliche Artikel
Corinna Klimek am 30. Juni 2011 18:36 Zuerst mal muss ich ein wenig meckern: auch wenn es diesmal wesentlich besser verkauft war als beim ersten Mal Anfang Juni, das Durchschnittsalter war jenseits von Gut und Böse. Und auch wenn sich meine 80-jährige Theaterfreundin beharrlich verweigert, scheint es im fortgeschrittenen Alter in Mode zu kommen, bei Liedern, die einem vage bekannt vorkommen, mitzuklatschen. Und weil das mit dem Hören oft nicht mehr so gut funktioniert, haut das halt auch mit dem Takt nicht immer ganz so hin. An diesem Abend wars ganz besonders schlimm. Und der Boden des Orchestergrabens, der hochgefahren zur Vorbühne wird, ist schon arg schäbig. Kann man da nicht was drüber tun? Dann tanzt es sich bestimmt auch besser.
Aber genug des Gemaules, der Rest war fabelhaft. Angefangen bei der Stückauswahl, die halt nicht das übliche Repertoire einer Operettengala abspulte, sondern Highlights aus bekannten, aber nicht ganz so oft wie die Fledermaus gespielten Operetten bot. So gab es zum Beispiel drei Lieder aus “Wie einst im Mai”, auch der “Ball im Savoy” war mit zwei Stücken vertreten, “Paganini”, “Die Zirkusprinzessin”, “Das Feuerwerk” und die “Hochzeitsnacht im Paradies” ergänzte die ungewöhnliche Stückauswahl. Und selbst bei den drei Liedern aus “Im weißen Rössl” standen die nicht ganz so bekannten Stücke am Beginn, bevor das titelgebende Lied den Schlusspunkt setzte. Diese Auswahl hört man nicht alle Tage, schade, dass das Operettenkonzert nur zweimal auf dem Spielplan des schönsten Theater Münchens stand.
Fabelhaft agierte das Orchester unter dem jungen, enorm talentierten und leider, leider scheidenden Dirigenten Benjamin Reiners. Fabelhaft waren auch die Solisten, die nicht nur ganz hervorragend sangen, sondern auch, wie es in der Operette halt so üblich ist, tanzten und sich den Stücken entsprechend verkleiden. So sang die famose Rita Kapfhammer, die sich hier einmal mehr für das Genre empfohlen hat, “Spiel auf Deiner Geige” aus “Venus in Seide” in einem wirklich atemberaubenden Kleid und Christina Gerstberger gab eine barocke Primadonna bei dem entsprechenden Lied aus “Der arme Jonathan”. Für Heiterkeitsausbrüche beim Publikum sorgte auch das Kostüm von Marianne Larsen als “Julischka aus Budapest”. Die männlichen Solisten nutzten ihre Möglichkeiten ebenfalls und so trug Daniel Fiolka bei dem Gassenhauer “Mein Mädel ist nur eine Verkäuferin” einen passenden gestreiften Anzug. Stimmlich waren alle Solisten, noch nicht genannt sind Stefanie Kunschke, Tilmann Unger, Dirk Lohr und Mario Podrečnik, in allerbester Form und trugen die genau auf sie zugeschnittenen Stücke hervorragend vor. Besonders Frau Kunschke, die am nächsten Tag die Premiere vor sich hatte, und Frau Gerstberger, die am Sonntag “dran” ist, ist es hoch anzurechnen, dass sie den Wechsel von Barockoper zur Operette (und hoffentlich auch wieder zurück) spielend geschafft haben.
Ein sehr schöner Abend, der mit der Zugabe “Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände” aus “Viktoria und ihr Husar” ein bisschen wehmütig zu Ende ging.
Ähnliche Artikel
Corinna Klimek am 5. Juli 2009 00:19 Für mich heute beides zum ersten Mal: zum ersten Mal überhaupt Madame Butterfly und zum ersten Mal im Theater meines Vertrauens.
Bereits an der Eingangstreppe begrüßt mich eine goldene, winkende Katze, die mir vage bekannt vorkommt. Die Inszenierung überträgt die Handlung in das Japan der Gegenwart und ist unglaublich gut gelungen. Die Freunde sind Cosplayer, wobei ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich keinen einzigen erkannt habe. Besonders interessant finde ich, dass das Cosplay auch eine erotische Komponente hat. Amerikanische Attribute werden geschickt eingesetzt, und wie sich Butterfly aus ihrem Kokon befreit, ist sagenhaft.
Der Schluss ist sehr emotional und das ist der Verdienst der großartigen Elaine Ortiz Arandes. Aber auch ausnahmslos alle anderen haben mir in ihren Rollen sehr gut gefallen. Adrian Xhema ist toll als Pinkerton, ebenso wie Sonja Leutwyler als Suzuki und Florian Simson als Goro. Er hat mir vor allem zusätzlich noch darstellerisch sehr gut gefallen. Johannes Wiedecke legte einen fulminanten Kurzauftritt als Bonze hin. Torsten Frisch kannte ich noch nicht, sein Sharpless hat mir zugeagt. Komplettiert wurde das excellente Ensemble durch Frances Lucey, Dirk Lohr, Martin Hausberg, Rotraut Arnold und einige Chorsolisten und natürlich den Chor an sich. Auch das Orchester unter David Stahl war bestens aufgelegt. Das ist nochmal ein echtes Highlight, bevor die traurige Gärtnerlose Zeit anbricht.
Zur Pause war ich noch ziemlich aufgebracht, weil die letzten Takte bereits im Applaus untergingen. Leute, das Stück ist vorbei, wenn der Dirigent seinen Taktstock ablegt und nicht, wenn der Vorhang sich langsam schließt! Am Ende konnten sich wenigstens die Ich-klatsche-aber-als-Erster so lange zurückhalten, bis der letzte Ton einigermaßen verklungen war. Ich musste noch einen Moment innehalten, zu sehr hatte mich das Gesehene ergriffen. Tosender Applaus für alle Beteiligten.
Danke für einen wunderbaren Abend!
Ähnliche Artikel
|
|
Letzte Kommentare