Kategorien

Carmen, 03.06.2010, BSO

Die Erwartungen waren groß auf Grund der hochkarätigen Besetzung und die erste Aufführung der Serie wurde von vielen bejubelt, es gab aber auch die ein oder andere kritische Stimme. Für mich ist wichtig, was von Gesang und Ausdruck der Akteure unterm Dach ankommt und hier schnitt Jonas Kaufmann als Don José eindeutig am Besten ab. Auch wenn seine Stimme für mich für diese Rolle etwas zu dunkel gefärbt ist, so war er doch immer authentisch. Ich nahm ihm seine Verliebtheit genauso wie seine rasende Eifersucht ab.

Elīna Garanča sang sehr schön, meistens, aber vom Typ her passt sie für mich nicht zur Carmen. Sie sieht trotz schwarzer Perücke und Schminke nicht aus wie eine Zigeunerin und sie bewegt sich vor allem nicht wie eine. Ich habe schon bei einem früheren Besuch dieser Inszenierung die mangelnde Erotik der Carmen angemeckert, zum Beispiel ist es absolut abtörnend, wenn sie, statt lasziv mit Kastagnetten zu klappern, die Absätze ihrer Schuhe zusammenschlägt. Es liegt also wohl nicht ausschließlich an ihr, aber sie hätte mehr daraus machen können. Und die weißen Füße, die immer wieder gerne beim Hochziehen des Rockes gezeigt wurden, waren auch nicht gerade förderlich.

Mag sein, dass der Escamillo schön gesungen wurde, einen so untoreromäßigen Torero habe ich aber noch nie gesehen. Aber das war auch schon egal. Das größte Ärgernis an diesem Abend war übrigens die Rolle des Chores. So unbeweglich festzementiert auf der Bühne sind keine Arbeiter, keine Soldaten, keine Schmuggler. Wenn man schon die Inszenierung nur noch “nach” dem Original spielt, würde es nicht schaden, wenn der Chor etwas mehr Bewegung und Ausdrucksunterricht bekäme. Der Kampf der Arbeiterinnen in der Zigarettenfabrik war jedenfalls im höchsten Maße lächerlich.

Ich habe an diesem Abend für mich keine Sternstunde erlebt und ich werde in Zukunft der Carmen bei der kleinen Schwester am Gärtnerplatz wieder den Vorzug geben.

Ähnliche Artikel