Ich weiß noch genau, dass meine Eltern damals mit mir vor der Vorstellung besprochen haben, wie man sich in einem Opernhaus verhält. Wir haben auch die Oper zu Hause schon mehrfach angehört und ich war völlig gefangen genommen bei dieser Liveaufführung. Warum ich meine Liebe zur Oper dann erst 25 Jahre später entdeckt habe, kann ich nicht genau sagen, eines weiß ich jedoch sicher: Verhaltensregeln bringt man den Kindern und Jugendlichen heute nicht mehr bei. Ich habe mich ja schon damit abgefunden, dass in dieses als Kinderoper verkauftes Werk bereits Dreijährige hineingeschleppt werden, die dann ihre Umgebung mit munterer Plapperei unterhalten. Aber dass mitten während der Vorstellung eine Sechzehnjährige telefoniert und die Mutter ungerührt dabei sitzt, damit werde ich mich nicht abfinden. Dann kann man nämlich in 10 Jahren keine Vorstellung mehr besuchen. Wenn schon die Eltern ihren Kindern keinen Benimm mehr beibringen, sollte man es vielleicht in den Musikunterricht mitaufnehmen.
Die Inszenierung ist klassisch, man sieht eine richtige Kate der Eltern, es werden noch Besen gebunden, es gibt eine richtige Hexe und ein richtiges Hexenhaus. Zugegeben, die Engel finde ich extrem kitschig, aber insgesamt ist es eine schöne Inzenierung. Die an diesem Abend leider zum drittletzten Mal lief. Denn laut Bayerischer Staatsoper sind die Kulissen nicht mehr zu retten und anstatt sie neu zu erstellen, kauft man lieber eine neue Produktion ein, die am 24. März 2013 Premiere hat. Wir werden sehen. Ich lass mich überraschen.
Musikalisch war es ein ausgesprochen schöner Abend. Eri Nakamura als schwarzhaarige Gretel sang ganz bezaubernd und textverständlich, Angela Brower nahm man den kecken Hänsel in Gesang und Darstellung jederzeit ab. Irmgard Vilsmaier und Markus Eiche waren als Eltern ein tolles Paar und Yulia Sokolik und Iulia Maria Dan verliehen dem Sand- bzw. Taumännchen jugendliche Frische. Einzig Ulrich Reß konnte mich als Hexe nicht ganz überzeugen, das mag aber auch daran gelegen haben, dass er an diesem Tag schon zum zweiten Mal ran musste. Kazushi Ono leitete das Staatsorchester souverän und schaffte es trotz der teilweise bombastischen Musik von Humperdinck die Solisten nicht zuzudecken. Allerdings hätte es mir besser gefallen, wenn zwischen dem ersten Akt und dem Zwischenspiel keine Pause gewesen wäre, damit fällt die Spannung meiner Meinung nach ziemlich ab. Der Kinderchor schließlich rundete den sehr schönen Abend gut ab.
Es ist wirklich sehr schade, dass diese Produktion abgesetzt wurde. Es bleibt nur zu hoffen, dass dem Opernliebhaber wenigstens die schöne Inszenierung des Gärtnerplatztheater erhalten bleibt.
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