Eine halbszenische Aufführung, noch dazu auf einer Konzertbühne, ist ja immer etwas heikel, weil nur wenig Platz zur Verfügung steht. Regisseur Wolfgang Gratschmaier, den ich bisher nur als Sänger kannte (zuletzt als Sigismund im Weißen Rössl am Staatstheater Nürnberg), löste das Dilemma sehr gut. Der Salon der Eisensteins bestand aus Stühlen und einem Tisch und ein paar Palmen, verwandelte sich wenig später in den Ballsaal des Prinzen Orlofskys und selbst das fidele Gefängnis lies sich damit gut abbilden. Dabei agierten alle Beteiligten immer sehr natürlich und mit tollem Ausdruck. Ein paar Besonderheiten hatte er sich einfallen lassen, die das Ganze noch zusätzlich aufpeppten. All zu viel sei hier für eventuelle zukünftige Vorstellungen nicht verraten, aber das Publikum sollte sich schon darauf einstellen, auch mal mitmachen zu dürfen – oder müssen.
Bereits bei der Ouvertüre merkte man, dass die Philharmonie Baden-Baden unter dem musikalischen Leiter Thomas Rösner in Höchstform ist. Da stimmte jede Nuance, es klang sehr frisch und knackig von der Bühne. Die Besetzung an diesem Abend war absoluter Luxus. Angefangen bei Sigrid Hauser, die als Dr. Blind, Ida und Frosch nicht nur komische Akzente setzte, sondern sich auch harmonisch in die Ensembles einfügte. Wolfgang Gratschmaier selbst trat als Erzähler und in verschiedenen anderen, meist stummen Rollen auf und verstärkte die Ensemble. Die Chorszenen wurden damit wirkungsvoll präsentiert, so weit sie beibehalten wurden. César Augusto Gutiérrez verlieh dem Alfredo einen passenden glutäugigen Latinocharme sowie einen sehr ansprechenden Tenor. Mit Renée Schüttengruber war der Prinz Orlofsky mit einem wohlklingenden Sopran besetzt, sie zeichnete auch ein außerordentlich Rollenportrait. Ihre Schweizer Wurzeln spielte die junge Sopranistin Marysol Schalit aus, als Adele agierte sie sehr kokett, ihre Stimme ist aber schon ein bisschen weiter. Bei Carlo Hartmann war der Gefängnisdirektor Frank in den besten Händen und Mathias Hausmann als Dr. Falke sprühte vor Witz, guter Laune und prächtigem Bariton. Mit Paul Armin Edelmann sang ebenfalls ein Bariton den Eisenstein. Ich ziehe diese Variante dem Tenor vor und an diesem Abend war es das Tüpfelchen auf dem i. Er harmonierte stimmlich und schauspielerisch prächtig mit der Berliner Kammersängerin Michaela Kaune als Rosalinde.
Alles in allem ein wundervoller Abend. Leider war es die letzte der bisher geplanten Vorstellungen der Fledermaus in dieser Fassung und mit dieser Besetzung. Im stürmisch applaudierenden Publikum mag sich so mancher eine Wiederholung gewünscht haben.
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