Zuerst mal muss ich ein wenig meckern: auch wenn es diesmal wesentlich besser verkauft war als beim ersten Mal Anfang Juni, das Durchschnittsalter war jenseits von Gut und Böse. Und auch wenn sich meine 80-jährige Theaterfreundin beharrlich verweigert, scheint es im fortgeschrittenen Alter in Mode zu kommen, bei Liedern, die einem vage bekannt vorkommen, mitzuklatschen. Und weil das mit dem Hören oft nicht mehr so gut funktioniert, haut das halt auch mit dem Takt nicht immer ganz so hin. An diesem Abend wars ganz besonders schlimm. Und der Boden des Orchestergrabens, der hochgefahren zur Vorbühne wird, ist schon arg schäbig. Kann man da nicht was drüber tun? Dann tanzt es sich bestimmt auch besser.
Aber genug des Gemaules, der Rest war fabelhaft. Angefangen bei der Stückauswahl, die halt nicht das übliche Repertoire einer Operettengala abspulte, sondern Highlights aus bekannten, aber nicht ganz so oft wie die Fledermaus gespielten Operetten bot. So gab es zum Beispiel drei Lieder aus “Wie einst im Mai”, auch der “Ball im Savoy” war mit zwei Stücken vertreten, “Paganini”, “Die Zirkusprinzessin”, “Das Feuerwerk” und die “Hochzeitsnacht im Paradies” ergänzte die ungewöhnliche Stückauswahl. Und selbst bei den drei Liedern aus “Im weißen Rössl” standen die nicht ganz so bekannten Stücke am Beginn, bevor das titelgebende Lied den Schlusspunkt setzte. Diese Auswahl hört man nicht alle Tage, schade, dass das Operettenkonzert nur zweimal auf dem Spielplan des schönsten Theater Münchens stand.
Fabelhaft agierte das Orchester unter dem jungen, enorm talentierten und leider, leider scheidenden Dirigenten Benjamin Reiners. Fabelhaft waren auch die Solisten, die nicht nur ganz hervorragend sangen, sondern auch, wie es in der Operette halt so üblich ist, tanzten und sich den Stücken entsprechend verkleiden. So sang die famose Rita Kapfhammer, die sich hier einmal mehr für das Genre empfohlen hat, “Spiel auf Deiner Geige” aus “Venus in Seide” in einem wirklich atemberaubenden Kleid und Christina Gerstberger gab eine barocke Primadonna bei dem entsprechenden Lied aus “Der arme Jonathan”. Für Heiterkeitsausbrüche beim Publikum sorgte auch das Kostüm von Marianne Larsen als “Julischka aus Budapest”. Die männlichen Solisten nutzten ihre Möglichkeiten ebenfalls und so trug Daniel Fiolka bei dem Gassenhauer “Mein Mädel ist nur eine Verkäuferin” einen passenden gestreiften Anzug. Stimmlich waren alle Solisten, noch nicht genannt sind Stefanie Kunschke, Tilmann Unger, Dirk Lohr und Mario Podrečnik, in allerbester Form und trugen die genau auf sie zugeschnittenen Stücke hervorragend vor. Besonders Frau Kunschke, die am nächsten Tag die Premiere vor sich hatte, und Frau Gerstberger, die am Sonntag “dran” ist, ist es hoch anzurechnen, dass sie den Wechsel von Barockoper zur Operette (und hoffentlich auch wieder zurück) spielend geschafft haben.
Ein sehr schöner Abend, der mit der Zugabe “Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände” aus “Viktoria und ihr Husar” ein bisschen wehmütig zu Ende ging.
Mal ganz ehrlich, die Handlung dieser selten gespielten Operette von Eduard Künneke ist ein ganz kleines bisschen abstrus. Da fahren zwei deutsche Auswanderer mal eben von Brasilien zurück nach Deutschland, um sich mit Frauen zu treffen, die sie erstens nur aus Briefen kennen und mit denen sie zweitens auch nicht verabredet sind. Als komplizierender Faktor kommt noch hinzu, dass die Korrespondenz nur von einer Frau geführt wurde, die sich zusätzlich noch als Millionärin ausgegeben hat. So weit alles klar? Dann fügen wir noch einen Reisebüroinhaber dazu, der auf die Briefeschreiberin steht sowie ein paar Ballettratten, die für Verwirrung sorgen und fertig ist das Operettenlibretto.
Wäre da nicht die wirklich ganz ausgezeichnete Musik von Eduard Künneke, der ja meistens lediglich mit dem “Vetter aus Dingsda” assoziiert wird und die Dialoge in der sehr guten Fassung von Regisseurin Sabine Müller, könnte so eine konzertante Operettenaufführung leicht in Langeweile umschlagen.
Langweilig war es aber in keinster Weise. Im Gegenteil, die Melodien haben das gewisse Etwas, der Stilmix vom Tango bis zum Lied a la Comedian Harmonists birgt immer wieder neue Überraschungen und ein Ohrwurm jagt den nächsten. Das titelgebende Stück erweist sich als echter Hit beim mitklatschfreudigen Publikum, das überwiegend kurz nach der Uraufführung geboren worden sein dürfte. Auch war es eben nicht komplett statisch-konzertant, sondern durchaus mit ein bisschen Kostüm und Schauspiel, was zusätzlichen Pep in den Abend brachte.
Musikalisch war es ein Hochgenuss. Das WDR-Rundfunkorchester unter Antony Hermus spielte genauso präzise und harmonisch wie das Gesangs-Doppelquartett sang. Die Solisten waren sorgfältig ausgewählt und brillierten in ihren Partien, allen voran die famose Heike Susanne Daum als Lona Vonderhoff, der sie mit ihrem klangschönen Sopran und ihrer Bühnenpräsenz Charisma verlieh. Besonders nett fand ich die kleine Einlage mit einem Geburtstagsständchen für sie, das ja auch live im Radio übertragen wurde. Aber auch ihre Soprankollegin Natalie Karl und die drei Tenöre Stephan Boving, Jürgen Sacher und Boris Leisenheimer beeindruckten mich mit ihrem Gesang und Schauspiel.
Ein sehr schöner Abend!
18 lange Monate musste ich auf die Rückkehr meines absoluten Lieblingsstück warten. Viel zu lange!
Hach, diese Melodien, diese Dialoge, diese Sänger, dieser Chor, dieses Orchester, diese Energie und diese gute Laune, die dieses Stück versprüht. erst als ich es wieder auf der Bühne gesehen habe, merkte ich, wie sehr ich es vermisst habe. Die Aufnahme der Premiere aus dem Radio hilft zwar über die piratenlose Zeit hinweg, ist aber kein adäquater Ersatz.
Ich bin ja normalerweise kein Freund der bespielten Ouvertüre, aber der Blick auf die Piraten bei ihrem Gentleman-Zeitvertreib zwischen zwei Raubzügen ist einfach zu köstlich. Und dieser heiter-ironische Blick inklusive exzellenter Choreografie von Fiona Copley zieht sich durch das ganze Stück und macht es zu einem einzigen Vergnügen.
Musikalisch war an diesem Abend alles von Feinsten: Jörn Andresen leitete das Orchester souverän und mit dem gewissen britischen Touch, den dieses Stück braucht. Gunter Sonneson ist zwar kaum zu erkennen als Generalmajor Stanley, lässt aber mit präziser Komik und einem Affentempo in seiner Arie keinen Zweifel daran, dass ihm die Rolle auf den Leib geschrieben ist. Frances Lucey und Neuzugang Carolin Neukamm führen die Töchterschar souverän und herzallerliebst an. Ein besonderes Highlight ist immer Ulrike Dostals Meerjungfrau, diese Szene muss man einfach gesehen haben.
Der Herrenchor, ob Piraten, an der Spitze Gregor Dalal als Samuel, oder Bobbies, die durch Martin Hausberg hervorragend angeführt wurden, besticht wie schon so oft durch enorme Spielfreude und präzisem Gesang, ob es sich nun um Branntwein oder Poesie handelt.
Holger Ohlmann singt und spielt den Piratenkönig, wie es kaum besser geht. Er darf zwar nicht an einem Seil über den Orchestergraben schwingen und auch den Säbel holt er nur selten hervor, aber er macht das Beste aus seiner Rolle. Seine Gesten sind auf den Punkt und es macht Spaß, ihm zuzuhören.
Rita Kapfhammer als Ruth mit dem perfekten th ist einfach eine Schau, sie muss man gesehen haben. Sicher nicht zu Unrecht bejubelt wurde das Liebespaar des Abends, Robert Sellier als naiv-pflichtbewusster Piratenlehrling Frederic und Thérèse Wincent als tatkräftige Mabel, die bereit ist, 63 Jahre auf ihn zu warten. Aber natürlich bekommt sie ihn früher, dass ist schließlich eine Operette 😉
Das war jetzt meine 15. und zugleich letzte Vorstellung (weil ich bei der letzten in dieser Spielzeit am 25.5. in London weile) und es war mit Sicherheit die Beste von allen! Das Publikum applaudierte dementsprechend während der Vorstellung viel mehr, das erste Mal auch so richtig im ersten Akt, der dadurch eine ganz eigene Dynamik bekam und ganz anders wirkte als sonst.
Marianne Larsen setzte immer noch mal eins drauf, sang und spielte hervorragend und verlieh der öffentlichen Meinung eine nicht wiederholbare Urkomik. Mario Podrečnik sang den Pluto erst mit honigsüßen Schmelz und nach dem Identitätswechsel sehr dämonisch, wie es selbst der echte Herr der Unterwelt nicht besser hinbekommen hätte. Ann-Katrin Naidu hinterlies den Zuschauer mal wieder ratlos, wie um Himmels Willen Zeus sich überhaupt nach anderen Frauen umsehen kann, wenn er doch mit einer so schönen verheiratet ist. Christina Gerstberger sang die Arie der Diana einfach hinreißend und hat auch im Spiel das richtige Quäntchen Komik, genau wie Frances Lucey, die als trunkene Venus einfach unschlagbar ist. Stefanie Kunschke bereitete stimmlich die Verwandlung von Zeus, wie immer ausgezeichnet verkörpert von Dirk Lohr, in eine Fliege vor und überzeugte als frecher Lausebengel Cupido. “Mutti” werde ich vermissen.Hans Kittelmann sang die Arie des Merkur rasant, aber dennoch verständlich und Gunter Sonneson ist ein Styx zum Niederknien. Cornel Frey als Orpheus und Sibylla Duffe als Eurydike zeigten ebenfalls herausragende Leistungen. Das übrige himmlische Personal, das aus den Chorsolisten Marcus Wandl, Florian Wolf, Stefan Thomas, Ute Walther und Shirli Polena gebildet wurde, fügte sich harmonisch mit ein. Das Extraballett setzte die in meinen Augen langweilige und zum teil unpassende Choreografie spritzig um und der Chor, der das irdische Personal stellte, bestach mal wieder mit Spielfreude und präzisem Gesang.
Danke an alle Beteiligten für einen wirklich gr0ßartigen Abend!
[singlepic id=1134 w=320 h=240 float=left]Die letzte Fledermaus, glücklicherweise nur in dieser Spielzeit. Ich halte die Inszenierung nach wie vor für gelungen, einzig die Herren Balletttänzer könnten in der Sommerpause mal bei Stefan Sevenich in die Lehre gehen, damit der ihnen zeigt, wie man einen Spagat richtig macht.
Das Publikum taute leider erst im dritten Akt richtig auf, der hatte es aber auch wieder in sich. Thomas Peters brachte wieder einen topaktuellen Bezug zum Tagesgeschehen, einen neuen Witz des Tages und war auch sonst als Frosch unschlagbar mit pointiertem Spiel und genialem Witz. Franziska Rabls Prinz Orlofsky war meiner Meinung nach der beste, den ich bisher gehört habe, Ella Tyran überzeugte mich als Adele, auch Juan Fernando Gutièrrez gefiel mir als Dr. Falke sehr gut.
Mein persönliches Highlight war das Terzett im dritten Akt zwischen Mario Podrečnik, der wieder einen Alfred zu Dahinschmelzen sang, Daniel Fiolka, dessen Eisenstein für mich in Spiel und Gesang zu den Besten gehört, und Heike Susanne Daum als Rosalinde, deren Sopran von innen leuchtet und die dem Czárdás so viel Feuer verleiht, dass dort gut und gerne eine echte ungarische Gräfin stehen könnte. Auch der Chor war wieder sehr präsent und spielfreudig. Es lohnt sich, einen ganzen Abend mal nur diese Damen und Herren zu beobachten, wie viele kleine liebenswerte Details da gespielt werden, da lässt sich auch beim fünften Mal ansehen noch etwas Neu entdecken.
Auch wenn, das Programm nochmal das Gleiche war wie im Herbst, habe ich mich doch sehr auf dieses Konzert gefreut. Außerdem weiß ich als Mehrfachtäterin ja: auch Gleiches ist nie gleich.
Stefan Sevenich, der sich ja vor einer guten Woche erst als Musicalsänger profiliert hat, zeigte heute, dass er auch in der Operette daheim ist. Sei es im Duett mit Franziska Rabl oder Dirk Lohr oder solo mit einem komödiantisch aufgepeppten Schulterkuss, das Genre liegt ihm. Genauso wie Mario Podrečnik, der die so schwere leichte Muse aus dem Effeff beherrscht. Tilmann Unger erinnerte nochmal an die leider schon abgespielte Mariza und Christina Gerstberger empfahl sich wärmstens für die Partie der Adele.Dort trifft sie dann auf Franziska Rabl, die sich als Prinz Orlovsky die Gäste einlädt und Dirk Lohr, der sie dann einsperrt, der aber an diesem Abend eine wundervolle Hommage an Paul Abraham sang mit “Bin nur ein Johnny”. Spritzige Ensembleszenen, eine humorvolle Moderation von Andreas Kowalewitz, der auch vom Klavier aus das sehr gut spielende Salonorchester dirigierte rundeten den Abend ab. Danke an alle Beteiligten!
Am 05.06.2011 gibt es dann ein weiteres Operettenkonzert mit teilweise anderen Solisten und dem kompletten Orchester, das zum ersten Mal von Benjamin Reiners dirigiert wird.
Auch in dieser Vorstellung sang Undine Dreißig aus Magdeburg die Öffentliche Meinung vor fast ausverkauftem Haus. Das Publikum amüsierte sich prächtig und ging auch besser mit als bei den letzten Vorstellungen. Bei “Mutti” könnte ich mich jedesmal wieder wegschmeißen. Frances Lucey gefällt mir als Venus außerordentlich gut und Stefanie Kunschke als Cupido gibt immer schon eine Vorahnung der Fliege. Das war wieder ein herrlicher Spass!
Ich liebe es ja total, dass man ein Stück so oft sehen kann, wie man will, jede Vorstellung ist einzigartig, sei es durch besonders gut gelungene Darstellungen, kleine Missgeschicke oder eben Umbesetzungen. An diesem Abend sang Undine Dreißig aus Magdeburg die Öffentliche Meinung und sie hat das wirklich sehr gut gemacht. Natürlich gab es kleine Abweichungen, aber die fielen nur jemandem auf, der das Stück so oft gesehen hat wie ich. Der Rest des Publikums kam in den Genuss einer guten Öffentlichen Meinung und einer tollen Vorstellung insgesamt.
Sehr gut besucht war auch an diesem Abend eine weitere Vorstellung der genialen Operette von Jacques Offenbach. Sie macht einfach Spaß beim Zusehen und -hören und ist wirklich wie geschaffen für dieses Haus. Sehr schön finde ich auch die Fassung, einige der Lieder habe ich bisher nur in einem Querschnitt gefunden und nicht in der Gesamtaufnahme von 1958. Sicher könnte sie noch ein bisschen mehr Pep vertragen, aber inzwischen habe ich mich dran gewöhnt und den anderen Zuschauern gefällts auch. Ich kann sie mir jedenfalls immer wieder ansehen bzw. vor allem anhören. Das ist so ein Stück, von dem ich gerne eine Aufnahme hätte. Wäre es nicht an der Zeit, über 30 Jahre nach der letzten deutschen CD, die im allgemeinen nicht so gut wegkommt, mal eine richtig schöne neue herauszubringen?
Der Titel passte hervorragend zu diesem Tag der Verliebten, auch wenn mit Eros eher nicht der griechische Liebesgott gemeint war, aber welches junges Mädel war denn damals nicht in Eros Ramazotti verliebt? Also ich nicht 😉
Das Foyer war dekoriert und zeigte schon ein bisschen, wohin die Reise gehen würde: ins Italien der Fünfziger Jahre. So mancher Stammbesucher dürfte das ein oder andere Stück zum Beispiels aus “Boccaccio” wiedererkannt haben. Auch war im weiteren Verlauf des Abends von Vorteil, dass erst vor kurzem eine andere Oper mit italienischen Versatzstücken Premiere hatte 😉 Begleitet wurden die sympathischen Solisten am Flügel durch den nicht minder sympathischen Kapellmeister Liviu Petcu.
Der Abend begann mit zwei Arien aus dem “Barbier von Sevilla”, gesungen von Daniel Fiolka, der auch den Abend sehr humorvoll moderierte, bzw. Robert Sellier. Danach kam eine echte Überraschung: wenn es um Italien geht, darf natürlich ein echter Italiener nicht fehlen! Und so erhielten wir als nächstes Italienisch-Unterricht der besonderen Art vom jungen Bass Sebastian Campione. Das war sehr lustig, aber ob ich es bei meinem nächsten Italienaufenthalt wirklich anwende – vielleicht besser nicht. Es folgten noch weitere Arien aus italienischen Opern, immer mit einem Augenzwinkern und viel Humor. Nach der Pause ging es dann weiter mit italienischen Schlagern von den Fünfzigern bis heute, das war wirklich höchst amüsant und dabei aber super musiziert. Ein bisschen ab vom positiven Grundgedanken des Abends war die Arie des Phillip aus “Don Carlo”, aber sie war so hervorragend interpretiert durch Sebastian Campione, das war ein Genuss zum zuhören.
Das begeisterte Publikum lies die Akteure erst von der Bühne, als jeder eine Zugabe gegeben hatte. Ich habe schon lange nicht mehr so herzhaft gelacht wie an diesem Abend. Danke an alle Beteiligten!
Letzte Kommentare