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Stefan am 14. April 2019 23:09 Sophie Mitterhuber (Nadina), Daniel Prohaska (Bumerli) © Christian POGO Zach
Ohne Männer hat das Leben keinen Zweck…
… beklagen die drei zurückgelassenen Frauen im Haus des bulgarischen Oberst Popoff. Sind doch Ehemann der Hausherrin sowie Bräutigam der Tochter Nadina und gleichzeitig heimliche Liebe deren Zofe Mascha im Feld. Findet doch gerade der serbisch-bulgarische Krieg statt. Während Nadina vom Held ihrer Träume schwärmt, wird Mascha, die als arme Cousine, ins Haus aufgenommen wurde, darauf hingewiesen, dass genau dieser pekuniäre Zustand dazu führen muss, dass der Held für Nadina und nicht sie bestimmt ist. Wenn man kein Geld hat, darf man sich halt auch seine Träume abschminken. Aber da landet schon ein flüchtender Soldat auf dem Balkon vor Nadinas Schlafzimmer. Es ist Bumerli, ein Schweizer in serbischen Diensten, der seine Schoggi mehr mag als Patronen. Doch eine bulgarische Einheit ist ihm auf den Fersen. Er wird versteckt und die drei Damen haben ihr Abenteuer. Gatte und Bräutigam kommen heim. Auch Bumerli ist wieder zur Stelle. Das nächtliche Abenteuer muss vertuscht werden. Das funktioniert solange, bis auch der Hauptmann auftaucht, der Bumerli am ersten Abend verfolgte, und ihn erkennt. Nadinas Bräutigam erkennt den Betrug seiner Verlobten und kann sich nun Mascha zuwenden. Und Bumerli ist aufgrund seines Reichtums der ideale Schwiegersohn. Nur Nadina ist verschwunden. Shaws Schauspiel über den Krieg wurde urheberrechtsverletzend von Oscar Straus genial vertont. Ein ernstes Thema in Komödie verpackt mit heiterer Musik. Diese Auseinandersetzung mit dem Militarismus muss 1908, als das Werk auf die Bühne kam, radikal gewirkt haben, sehnten sich doch viele nach einem „reinigenden Gewitter“. Und der schneidige Offizier in funkelnder Uniform war immer hübsch anzusehen. Um diese Wirkung ins heute zu bringen, muss man übertreiben, grotesk werden. Peter Konwitschny verlegt die Handlung auf eine fast leere Bühne. Nur wenige notwendige Möbelstücke sind vorhanden, wenn sie benötigt werden, mal ein Bett oder ein paar Stühle. Also muss das fantastische Ensemble den Raum füllen. Das gelingt jedes Mal aufs Neue perfekt. Alle Personen entwickeln Persönlichkeiten. Man kann über sie lachen, obwohl vieles zum Weinen wäre. Und sie lassen sich von ihren Werten nicht abbringen, auch wenn die Welt um sie herum in Trümmern liegt. Mit dieser Inszenierung hat das Gärtnerplatztheater wieder eine Operette gezeigt, wie sie ursprünglich gedacht war. Heiter, witzig, mit ganz viel zum Nachdenken über uns und die Welt und einem Schuss Erotik…
Schade, das Werk bald wieder von Spielplan verschwindet.
Buch von Rudolf Bernauer und Leopold Jacobson
Mit Benutzung von Motiven aus Bernhard Shaws »Helden«
Musik von Oscar Straus
Premiere am 14. Juni 2018
Altersempfehlung ab 13 Jahren
Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Die letzten Termine:
Sa 20.04.2019 19.30 Uhr
So 21.04.2019 18.00 Uhr KiJu
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Marina am 25. Juni 2018 13:15 Wenn es auch gerne in alten Filmen und Bühnenstücken so dargestellt wird, ist das Leben als Soldat alles andere als idyllisch. Das zeigt uns Regisseur Peter Konwitschny bereits in den ersten Minuten seiner Version des Tapferen Soldaten, die am 14. Juni im Gärtnerplatztheater Premiere feierte. Im Schlafzimmer der jungen Nadina schlagen schon zu Beginn Granaten ein, die Wand hat Brandspuren und der Herrenchor robbt in Uniform durch ihr Zimmer und nimmt dabei das Bett der jungen Frau auseinander. Trotzdem träumt das junge Mädchen von ihrem heroischen Verlobten Alexius, ebenso wie die verarmte Cousine Macha, die als Zofe schuften muss.
Als in Nadinas Zimmer eines nachts der feige, übermüdete und hungrige Schweizer Bumerli landet, der für die feindlichen Truppen kämpfte, wird ihre Zuneigung zu Alexis durch die Erzählungen des Flüchtlings jedoch schnell erschüttert. Nadina, ihre Mutter Aurelia und Mascha geben ihm Nahrung und Asyl und stecken ihm Fotos von sich zu, die im späteren Verlauf des Abends noch für allerhand Verwirrungen sorgen sollen.
Nach dem Verschwinden Bumerlis träumt Nadina vor einem Matterhorn-Plakat nun doch von einem idyllischen Leben mit dem scheinbar friedliebenden Schweizer und steht den heroischen Allüren ihres aus der Schlacht zurückgekehrten Vaters und ihres Verlobten eher abweisend gegenüber. Schließlich scheint sie im letzten Teil, in dem der Krieg draußen als auch im Hause Popoff eskaliert ist und Alexis sich mit Mascha verlobt hat, endlich mit ihrem Schweizer vereint. Der hat jedoch eine unerwartete Überraschung für sie und ihre skeptische Familie parat.
Foto: Christian POGO Zach
Regisseur Konwitschny geht an den Stoff, der auf den deutschen Bühnen nicht so häufig zu finden ist, mit viel Augenzwinkern und schwarzem Humor heran. Nadina, gespielt von Sophie Mitterhuber, ist anfangs eigentlich recht verträumt und naiv, da ihr die Vaterlandsliebe von allen Seiten eingetrichtert wurde. Dass sie sich schnell mit dem gestrandeten Bumerli anfreundet, zeigt jedoch deutlich, wie weit her es mit ihrem Patriotismus tatsächlich ist. So entwickelt sich Mitterhubers Charakter von dem idealistischen jungen Mädchen schnell zur selbstbewussten Frau, die nun eher zickig auf ihre militärversessene Familie reagiert und desillusioniert bemerkt, wie dumm ihr Verlobter eigentlich ist. Den gibt Maximilian Mayer herrlich hohl und zackig, mit dem sprichwörtlichen Stock im Hintern. Trotzdem ist Alexis ein Meister des Versteckspiels mit seiner eigentlich Geliebten Mascha, die er anfangs nur wegen ihrer verarmten Familiensituation nicht heiraten will, ihr aber in Nadinas Armen verliebte Seitenblicke zuwirft. Und seien wir einmal ehrlich, wirklich treu ist niemand an diesem Abend. Oberst Popoff baggert seine Nichte an, dessen Frau Aurelia den jungen Schweizer und trotzdem scheinen – fast – alle am Ende irgendwie glücklich zu werden.
Foto: Christian POGO Zach
Bei all dem Militarismus ist tatsächlich Daniel Prohaska als Bumerli mit schweizer Akzent und Toblerone in der Tasche wohl für die meisten der Sympathieträger der Inszenierung. Er hat es aber auch schwer in Konwitschnys Inszenierung, erst muss er vom Krieg fliehen, dann bedrohen ihn die Damen mit Gewehren und zuletzt wird er noch von seiner Liebsten gequält. In der Beziehung von Bumerli und Nadina lässt der Regisseur aber auch wirklich keinen Kitsch aufkommen, lieber legt er im dritten Akt die ganze Welt in Schutt und Asche und aus den zarten Spitzenkleidern in Pastelltöne werden schmutzige Fetzen. Die Kostüme von Johannes Leiacker werden so vom Rüschentraum zu einem düsteren Fundus, der eher an einen Tim Burton-Film erinnert. Das Bühenbild bleibt dabei mit wenigen Versatzstücken eher schlicht, mit Bett und Blumenfeld, die jedoch auch schon in den ersten beiden Akten schnell zerstört werden.
Ganz viel Absurdes und Slapstick bekommt man beim Tapferen Soldaten im Gärtnerplatztheater vorgesetzt. Das wirkte auf manche Zuschauer – inklusive mich selbst – vielleicht erstmal sogar ein bisschen viel, man muss die Inszenierung auf sich wirken und sie sich vielleicht auch nochmal durch den Kopf gehen lassen. Der schwarzhumorige Ton im dritten Akt setzt dem optischen Kitsch der ersten beiden jedoch einiges entgegen und aus der romantischen Liebesgeschichte wird eine gekonnte Kritik an der Verherrlichung des Soldatentums, die ja in manchen Ländern wie den USA durchaus heute noch betrieben wird.
Das Orchester unter der Leitung von Anthony Bramall lässt die Musik von Oscar Straus rasant vorangaloppieren, was perfekt zum Tempo der Inszenierung passt. Die Darsteller und der Chor zeigen gesanglich und darstellerisch wieder einmal, was sie können und sorgen so, trotz vereinzelter Verwirrung um die Inszenierung, durchaus für viele Lacher und begeisterten Applaus im Publikum. Spielerisch ist diese Inszenierung mit ihren Gegensätzen sicher nicht einfach, trotzdem darf man sich bestens unterhalten fühlen.
In dieser Saison ist Der tapfere Soldat noch am 29. Juni sowie dem 4., 7. und 8. Juli zu sehen, in der nächsten Spielzeit dann nochmals im April.
https://www.gaertnerplatztheater.de/de/produktionen/tapfere-soldat.html/m=279
Musikalische Leitung: Anthony Bramall
Regie: Peter Konwitschny
Bühne / Kostüme: Johannes Leiacker
Licht: Michael Heidinger
Choreografische Beratung: Karl Alfred Schreiner
Choreinstudierung: Karl Bernewitz
Dramaturgie: Bettina Bartz, Michael Alexander Rinz
Oberst Kasimir Popoff: Hans Gröning
Aurelia, seine Frau: Ann-Katrin Naidu
Nadina, beider Tochter: Sophie Mitterhuber
Mascha, eine junge Verwandte: Jasmina Sakr
Major Alexius Spiridoff: Maximilian Mayer
Bumerli: Daniel Prohaska
Hauptmann Massakroff: Alexander Franzen
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Corinna Klimek am 21. Februar 2012 14:41 Gestern war die wohl leider letzte Wiederaufnahme der schönen Inszenierung dieses selten gespielten Stückes. Ich habe drüben bei mucbook drüber berichtet.
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Corinna Klimek am 12. Januar 2011 19:45 Ich war noch nie im Künstlerhaus und die Örtlichkeit gefällt mir außerordentlich gut, allerdings sind die Reihen nicht ansteigend und die Bühne nicht besonders hoch, so dass die Sicht teilweise schon sehr eingeschränkt ist. Ich hatte mich glücklicherweise für einen Gangplatz entschieden, so hatte ich zumindest bei allem, was in der Bühnenmitte passierte, freie Sicht. Aber für jemand meiner Körpergröße wäre ein anderer Platz nur ein sehr eingeschränktes Vergnügen gewesen.
Dominik Wilgenbus, der Regisseur, und Alexander Krampe, der für das Arrangement verantwortlich zeichnet, führten eine Stunde vor Beginn ausführlich in das Stück und die Inszenierung ein. Das war wirklich informativ, vor allem für jemanden wie mich, dem zwar sämtliche Namen aus der Nibelungensage ein Begriff sind, aber die Geschichte nur in groben Zügen geläufig ist. Sie gingen auch ziemlich ausführlich auf die musikalische Seite ein, was mich später beim Zuhören bestimmte Aspekte intensiver Erleben lies. Eine schöne Einstimmung auf die folgende Vorstellung!
Die Musik war außerordentlich schön, abwechslungsreich, vom Wiener Walzerschmäh bis zu volksliedhaften Klängen war alles dabei. Allerdings hat mich diesmal das Akkordeon gestört, vor allem an den Stellen, wo ich es allein hörte, es passte nicht so gut wie bei der Diebischen Elster. Ansonsten hat mir das kleine Orchester unter der souveränen Leitung von Oleg Ptashnikov gut gefallen.
Die Bühne war sehr schön gestaltet, nicht überladen, und genial den örtlichen Gegebenheiten des Künstlerhauses angepasst. Auch die Kostüme passten sehr gut, unterstützten den karikierenden Charakter der ganzen Operette. Fantastisch war die Choreografie, die super zur Musik passte, manchmal etwas unorthodox, aber immer schön anzusehen und von den Akteuren auf der Bühne bestens dargeboten. Die Regie war einfallsreich, witzig und zeigte, dass das totgesagte Genre der Operette noch höchst lebendig ist und auch ohne große Veränderungen tagesaktuell sein kann.
Von den Sängern war ich rundum begeistert, auch wenn ich einige Zeit brauchte, bis ich mich “eingehört” hatte und den Text verstanden habe. Wirklich hervorragend funktioniert hat die Besetzung der Ute mit dem Countertenor Thomas Lichtenecker, nicht nur gesanglich, sondern auch szenisch. Überhaupt zeichneten sich alle Akteure durch ein großes komödiantisches Talent aus, sonst hätte der Abend nicht so gut funktioniert. Gesanglich war die gesamte Besetzung top, meine persönlichen Favoriten waren Thomas Lichtenecker, David Jerusalem als Hagen, Wolfgang Wirsching als Gunther und Silvia Lilienfeld als Brunhilde.
Auf der Seite der Kammeroper München finden sich Fotos der Inszenierung und teilweise weiterführende Links zu den Akteuren. Es gibt noch sieben weitere Termine bis Ende Januar im Künstlerhaus, ich kann dieses Stück allen Operettenliebhabern und solchen, die es werden wollen, nur wärmstens empfehlen.
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