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Die Bajadere, 14.02.2014, Philharmonie Köln

[singlepic id=1782 w=320 h=240 float=left]Die Bajadere dürfte den meisten Kulturbegeisterten als Ballett begegnet sein, es gibt aber auch eine Operette von Emmerich Kálmán, die zwar nicht durch eine stringente Handlung besticht, dafür aber zauberhafte Melodien bereithält.
Der indische Prinz Radjami ist ein rechter Macho und sehr von sich überzeugt. Als er sich in die Sängerin Odette Darimonde verliebt, ist er davon überzeugt, diese alleine durch seinen Willen von sich zu überzeugen. Odette, die als Bajadere, eine indische Tempeltänzerin, in einem Pariser Theater auftritt, lässt sich als emanzipierte Frau aber nicht so leicht um den Finger wickeln und spielt dem Prinzen ihre Liebe nur vor, um ihn kurz vor der Hochzeit sitzen zu lassen. Nun ist der Prinz in argen Nöten, weil er eigentlich schon längst hätte heiraten sollen und ihm nun die Braut abhanden gekommen ist, die ihn eigentlich so ganz insgeheim ja auch liebt, aber halt erobert werden will. Nachdem sich das Paar 90 Vorstellungen lang angeschmachtet hat, sie auf der Bühne und er in der Loge, erbarmt sich der Theaterdirektor und schmuggelt den Prinzen in den dritten Akt, wo sich das Paar glücklich in die Arme fällt. Und wenn sie nicht gestorben sind usw usw.

Ein weiterer Strang ist der oberflächlichen Marietta gewidmet, die mit dem Schokoladenfabrikant La Tourette verheiratet ist. Der gefällt ihr aber nicht mehr, denn eigentlich steht si ja auf knackige Männer. Nach einigem Zieren lässt sie sich auf Napoleon St. Cloche ein, der gut aussieht und ihr anscheinend ein Leben in Luxus bieten kann. Ihr Exmann erholt sich von seiner anstrengenden Frau und erreicht binnen kürzester Zeit wieder Idealgewicht. Damit ist er für Marietta wieder attraktiv und St. Cloche wird sie gerne wieder los.
So weit, so schlecht das Libretto von Julius Brammer und Alfred Grünwald. Regisseurin Sabine Müller hat daraus das Beste gemacht. Die Musik von Emmerich Kálmán reißt die eher flache Geschichte doch raus. Andererseits könnte ich mir diese Operette als opulente Ausstattungsrevue auch sehr gut szenisch vorstellen. Die Musik ist eine Mischung von ungarischem Feuer mit amerikanischem Jazz, garniert mit einem Tüpfelchen exotischen Flair. Die Melodien sind schwungvoll und mitreissend und haben Ohrwurmqualitäten. Zu den bekanntesten zählen sicher Fräulein, bitte woll’n Sie Shimmy tanzen (ironischerweise wird dazu aber gerade kein Shimmy getanzt) und Oh Bajadere, wenn Dein Bild mich berauscht.

Die Besetzung dieser konzertanten Aufführung war auf höchstem Niveau. Heike Susanne Daum sang die schwierige, weil sehr viel im Passaggio liegende und auch hohe Koloraturen erfordernde, Titelpartie mit enormem Ausdruck. Besonders ihr Auftrittslied, das sie von einer Empore sang, war beeindruckend. Die temperamentvolle Sängerin verlieh der Partie den nötigen Biss, um die Odette glaubwürdig darzustellen. Dabei verstand sie es aber auch, den Zuschauer mit weichen Tönen zu berühren.
Rainer Trost, der kurzfristig die Partie des Prinzen Radjami übernommen hatte, war ihr ein kongenialer Partner. Er meisterte die Partie scheinbar mühelos. Auch Anke Vondung als Marietta sowie Stephan Genz als St. Cloche und Miljenko Turk als La Tourette glänzten in ihren Rollen. Bei allen kam aber auch die Komik nicht zu kurz, so dass sich das Publikum knapp drei Stunden lang köstlich amüsierte. Richard Bonynge leitete das WDR Rundfunkorchester mit leichter Hand und auch der WDR Rundfunkchor Köln war glänzend einstudiert von Robert Blank.
Wer jetzt Lust bekommen hat auf die mitreißende Musik kann sich selbst ein Bild machen, denn ein Mitschnitt des Abends wird am 26.4.2014 um 20.05 Uhr auf WDR 4 gesendet.

Heike Susanne Daum Sopran (Odette Darimonde), Rainer Trost Tenor (Prinz Radjami von Lahore), Stephan Genz Bass (Napoleon St. Cloche), Miljenko Turk Bariton (Louis-Phillip La Tourette), Anke Vondung Alt (Marietta, seine Frau), Christian Sturm Tenor (Graf Armand/Oberst Parker), Ulrich Hielscher Erzähler, Gesang, Yvonne Kálmán Sprechrolle (Frau des Theaterdirektors), WDR Rundfunkchor Köln, Robert Blank Einstudierung, WDR Rundfunkorchester Köln, Richard Bonynge Dirigent, Sabine Müller Regie
Emmerich Kálmán Die Bajadere (1921)
Operette in drei Akten. Libretto von Julius Brammer und Alfred Grünwald

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Mal ganz ehrlich, die Handlung dieser selten gespielten Operette von Eduard Künneke ist ein ganz kleines bisschen abstrus. Da fahren zwei deutsche Auswanderer mal eben von Brasilien zurück nach Deutschland, um sich mit Frauen zu treffen, die sie erstens nur aus Briefen kennen und mit denen sie zweitens auch nicht verabredet sind. Als komplizierender Faktor kommt noch hinzu, dass die Korrespondenz nur von einer Frau geführt wurde, die sich zusätzlich noch als Millionärin ausgegeben hat. So weit alles klar? Dann fügen wir noch einen Reisebüroinhaber dazu, der auf die Briefeschreiberin steht sowie ein paar Ballettratten, die für Verwirrung sorgen und fertig ist das Operettenlibretto.
Wäre da nicht die wirklich ganz ausgezeichnete Musik von Eduard Künneke, der ja meistens lediglich mit dem “Vetter aus Dingsda” assoziiert wird und die Dialoge in der sehr guten Fassung von Regisseurin Sabine Müller, könnte so eine konzertante Operettenaufführung leicht in Langeweile umschlagen.
Langweilig war es aber in keinster Weise. Im Gegenteil, die Melodien haben das gewisse Etwas, der Stilmix vom Tango bis zum Lied a la Comedian Harmonists birgt immer wieder neue Überraschungen und ein Ohrwurm jagt den nächsten. Das titelgebende Stück erweist sich als echter Hit beim mitklatschfreudigen Publikum, das überwiegend kurz nach der Uraufführung geboren worden sein dürfte. Auch war es eben nicht komplett statisch-konzertant, sondern durchaus mit ein bisschen Kostüm und Schauspiel, was zusätzlichen Pep in den Abend brachte.
Musikalisch war es ein Hochgenuss. Das WDR-Rundfunkorchester unter Antony Hermus spielte genauso präzise und harmonisch wie das Gesangs-Doppelquartett sang. Die Solisten waren sorgfältig ausgewählt und brillierten in ihren Partien, allen voran die famose Heike Susanne Daum als Lona Vonderhoff, der sie mit ihrem klangschönen Sopran und ihrer Bühnenpräsenz Charisma verlieh. Besonders nett fand ich die kleine Einlage mit einem Geburtstagsständchen für sie, das ja auch live im Radio übertragen wurde. Aber auch ihre Soprankollegin Natalie Karl und die drei Tenöre Stephan Boving, Jürgen Sacher und Boris Leisenheimer beeindruckten mich mit ihrem Gesang und Schauspiel.
Ein sehr schöner Abend!

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