Bisher kannte ich nur die geniale Inszenierung von Thomas Schulte-Michels am Münchner Gärtnerplatztheater, deshalb wurde es Zeit, mal eine andere zu sehen.
Leider hat mich das Konzept von Andreas Homoki, dem früheren Intendanten der Komischen Oper, jetzt in Zürich, völlig kaltgelassen. Der Spannungsbogen war eher überspannt, aber da, wo sich in München Gänsehaut eingestellt hat, reichte es hier für nicht mehr als ein Schulterzucken. Warum projeziert man die Regieanweisungen Brechts quasi als Übertitel auf die Bühne, nur um sich dann nicht dran zu halten? Um zu zeigen, dass man es kann? Ich habe hier zwangsläufig einen Vergleich gezogen und finde die Version von Brecht besser.
Die Bühne besteht in der Hauptsache aus einem großen Metallquadrat. Während des Aufbaus von Mahagonny sind riesige Papierwände daran befestigt, auf denen die Losungen von Mahagonny wie “Eintracht” gepinselt werden. Während des Hurricans werden diese Papierwände zerstört und Mahagonny entsteht nun aus quietschebunten Lamellen aus Plastik, die von dem Quadrat herunterhängen und bis in den Zuschauerraum stinken. Ich frage mich, wie man mit einem solchen Gestank auf der Bühne überhaupt singen kann. Jack lacht, statt tot umzufallen, nachdem er sich überfressen hat. Das Geld wird massenhaft in die Luft geworfen, man hätte es auch zum Fenster hinauswerfen können, das wäre genauso ausgelutscht gewesen. Man schleppt das Geld in großen Säcken durch die Gegend, prügelt sich damit, anstatt zu boxen und Sparbüchsenbill hält seinen immer ganz fest. Die Beziehung zwischen Jim und Jenny bleibt oberflächlich und bildet irgendwie nicht mal das Verhältnis Hure-Freier ab. Das war mir alles entwederzu ostentativ oder zu unterkühlt, um mich zu berühren.
Musikalisch war es zum größten Teil hervorragend. Noëmi Nadelmann war mir eine szenisch und stimmlich zu zurückhaltende Jenny, aber vielleicht war das auch so gewollt. Christiane Oertel sang eine umwerfende Witwe Begbick, musste sich szenisch aber meiner Meinung nach auch zu sehr zurückhalten. John Daszak als Jim Mahoney war fulminant, sang aber leider mit Akzent, was mich persönlich etwas störte. Herausragend szenisch und musikalisch waren Philipp Meierhöfer als Sparbüchsenbill und Stafan Sevenich, der in einer seiner Paraderollen am Gärtnerplatztheater, dem Dreieinigkeistmoses, auch an der Komischen Oper glänzen konnte. Christoph Späth als Fatty, Stephan Boving als Jack und Carsten Sabrowski als Joe zeigten überzeugende Rollenportraits.
Der Chor war von André Kellinghaus hervorragend einstudiert, zerfiel jedoch gerne in Individuen, statt eine Einheit zu bilden. Stefan Blunier leitet das Orchester präzise und mit der richtigen Mischung zwischen Bach und Schlager, die Kurt Weill auszeichnet.
Szenisch für mich kein großer Wurf, aber musikalisch durchaus empfehlenswert.
Musikalische Leitung Stefan Blunier, Inszenierung Andreas Homoki, Chöre André Kellinghaus, Leokadija Begbick Christiane Oertel, Fatty Christoph Späth, Dreieinigkeitsmoses Stefan Sevenich, Jenny Noëmi Nadelmann, Jim Mahoney John Daszak, Jakob Schmidt Stephan Boving, Bill Philipp Meierhöfer, Joe Carsten Sabrowski
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