[singlepic id=1463 w=320 h=240 float=left]Unterhaltsam, sehr informativ und mit großem Aufwand – die Einführungsmatineen entwickeln sich zum echten Renner.
Diesmal ging es um die nächste Musicalpremiere, die Münchner Erstaufführung von Anything Goes. Was geht? Alles! Ist derzeit in München des Öfteren zu lesen. Nur eine Woche nach der Premiere des Musicals Cabaret in der Reithalle folgt schon der nächste Streich im Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmaning. Michael Otto stellte in mittlerweile gewohnt souverän-charmanter Art das Stück vor und Regisseur Josef. E. Köpplinger – den Intendanten hatte er zu Hause gelassen – erläuterte nicht nur seine Sicht auf das Stück, sondern steuerte auch erheiternde Anekdoten von der Probenzeit in Klagenfurt bei, wo er 2001 das Stück zum ersten Mal inszeniert hat. Interessierte Besucher können ja mal nach der bleibenden Erinnerung am Stadttheater Klagenfurt suchen 😉
Die erste musikalische Einlage kam von Milica Jovanovic und Daniel Prohaska, sie zeigten wirklich ganz bezaubernd It’s delightful mit voller Choreografie und Teilen des Bühnenbildes. Das ist es, was den Reiz der Einführungen in dieser Spielzeit ausmacht: man bekommt nicht nur musikalische Kostproben, sondern tatsächlich schon szenische Eindrücke. Natürlich wäre so etwas in den beengten Platzverhältnissen des oberen Foyers im Stammhauses nicht möglich gewesen, aber trotzdem wird hier schon ein Aufwand getrieben, der einen Besuch unbedingt empfehlenswert macht. Wenn ich richtig gezählt habe, waren bei dieser Einführung allein 25 Personen auf der Bühne, von den “unsichtbaren” Mitarbeitern der Technik, Beleuchtung, Requisite, Möbler ganz zu schweigen. Der Zuschauer bekommt wirklich einen tiefen Einblick in die Produktion und die dazugehörige Probenarbeit, das hilft auch, die unglaubliche Anstrengung, die in einem Stück von der ersten Korrepetition bis zur Premiere stecken zu würdigen.
Anna Montanaro als Reno Sweeney riss das Publikum mit ihrer temperamentvollen Darbietung quasi von den Sitzen. Sowohl mit Boris Pfeifer als Moonface Martin wie auch mit Hannes Muik als Lord Evelyn Oakleigh als Partner rockt die sympathische Musicaldarstellerin, die es als dritte Deutsche nach Hildegard Knef und Ute Lemper an den Broadway geschafft hat, das Haus.Begleitet wurden die Solisten von Anke Schwabe. Ein weiterer Höhepunkt dieses Vormittags war die ziemlich umfangreiche Einführung in die Kunst des Steptanzes durch die Choreografin Ricarda Regina Ludigkeit. Wirklich sehr beeindruckend, und in den musikalischen Teilen dieser Matinee konnte man schon einen guten Eindruck ihrer schönen Choreografie gewinnen. Michael Brandstätter als musikalischer Leiter ging auf die Besonderheiten des Stückes ein. So gehen die Songs von Cole Porter vom Wort aus. Das und die vielen feinen Wortspiele hat wohl das Produktionsteam dazu bewogen, die Songs auf Englisch zu belassen und nur die Dialoge aus Deutsch zu bringen. Ob es eine Übertitelung gibt, blieb offen. Am Ende ging Regisseur Josef E. Köpplinger noch auf die tierische Hauptrolle, die erst ein paar Tage zuvor vergeben worden war, ein. Damit hat er einen PR-Coup gelandet, selbst überregionale Zeitungen wie Die Welt berichteten darüber. Vier kleine Hunde werden dann in den Vorstellungen alternierend als “Benjamin Franklin” über die Bühne getragen. Sie steigen erst ab den Proben im Zelt des Deutschen Theaters ein, damit sie sich nicht an verschiedenen Spielorte gewöhnen müssen.
Diese Matinee war wirklich außerordentlich gut dazu geeignet, Lust auf die Premiere am 28.02. im Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmaning zu machen. Weiter Vorstellungen bis 22.03. jeweils Dienstag bis Sonntag, Karten von 25 – 60 € bei den bekannten Vorverkaufsstellen.
Der Richter und sein Henker oder Die Physiker sind den meisten Deutschen aus dem Schulunterricht vertraut, aber die musikalische Komödie Frank V., Untertitel Oper einer Privatbank (Musik von Paul Burkhard) dürfte den wenigsten bekannt sein.
Das ist auch kein Wunder, stand das Stück doch zum Beispiel in München erst einmal auf dem Spielplan und das ist über fünfzig Jahre her. Die Familie Frank leitet schon in fünfter Generation eine kleine Schweizer Privatbank. Und weil man ja gerne im Wohlstand leben möchte, muss man Verbrechen begehen. Man wäre ja sooooo gerne gut, aber leider, leider macht man Kohle nur mit Verbrechen. Da muss dann schon mal der ein oder andere Kunde oder Bankangestellte dran glauben, denn schließlich habe man noch nie Geld ausgezahlt, wie die Bankiersgattin glaubhaft versicherte. Da gibt es schon mal eine extra Angestellte, Frieda Fürst, nur dafür, Herren wieder um das Geld zu erleichtern, das sie zuvor abgehoben haben. Ihre eigenen Kinder wachsen jedoch behütet auf und sollen es einmal besser haben. Sie sollen gut sein können, und deshalb muss die Privatbank liquidiert werden. Doch die Kinder haben es längst ihren Eltern nach getan und sind bestens geschult in Prostitution und Erpressung. Sie verhindern die Liquidation und übernehmen die Bank. Selbst vor der Ermordung der eigenen Eltern schrecken sie nicht zurück. So kann es in kapitalistischen Zeiten keine Menschlichkeit geben.
Die Bühne von Manuela Clarin ist wirklich hinreißend. Ganz in schwarz-weiß gehalten, wirkt das Bankgebäude wie mit Kreide gezeichnet. Auch verschiedene Requisiten wie Gläser, Tassen und Flaschen sind gezeichnet und wirklich ganz entzückend. Vorhänge, die den Blick auf eine Gemäldegalerie und später den Tresor dahinter freigeben, lassen eine schnelle Verwandlung der Bühne zu. Die Darsteller sind, abgesehen von den Kindern – hier wächst bereits sichtbar eine neue Generation heran – , ganz in schwarz mit einer Leuchtfarbe gekleidet. Je größer die Krawatte und die Uhr, desto höher steht derjenige in der Hierarchie der Bank. Die Regie von Ingmar Thilo ist sehr geradlinig und direkt, lässt aber ein bisschen Zug vermissen. Auch die Anschlüsse könnten ein bisschen flüssiger sein, aber vielleicht war das auch der Premierennervosität geschuldet und spielt sich im Laufe der nachfolgenden Vorstellungen ein. So dehnt sich der Abend auf knapp drei Stunden. Es ist dabei aber nie langweilig und es kann auch viel gelacht werden. So gibt es zum Beispiel eine Szene, in der jeder davon singt, was er schon alles für die Bank getan hat – und was die persönlichen Folgen für denjenigen sind. Das ist wirklich witzig gemacht.
Die schauspielerischen Leistungen waren durch die Bank sehr gut. Einige hatten mehrere Rollen zu spielen und konnten diese gut trennen und glaubhaft darstellen. Maximilian Maier spielte den Bankier hervorragend, seine Frau (und die gemeinsame Tochter!) wurde von Ulrike Dostal dargestellt. Der Monolog, in dem sie erkennt, dass ihre Tochter eine Hure ist, hatte shakespeareske Dimensionen und wurde von ihr sehr mitreißend vorgetragen. Das war einer der Höhepunkte des Abends. Virginie Didier zeigte die Frieda Fürst in ihren schwachen und in ihren starken Momente gleichermaßen gut, Johannes Schindlbeck hatte als Personalchef Egli und heimlicher Geliebter von Frieda am Schluss eine ganz starke Szene. Amadeus Bodis überzeugte als Prokurist Böckmann und Raphaela Zick war eine herrlich überdrehte Kundin.Niklas Clarin, Momi von Fintel, Manuela Clarin und Andreas Berner in verschiedenen Rollen ergänzten das Ensemble aufs Beste. Sabrina Cherubini begleitete die Darsteller am Klavier.
Ein unterhaltsamer Abend, der aber auch nachdenklich macht. Geld regiert die Welt und der Kapitalismus das Leben. Weitere Vorstellungen am 18.01., 23. – 25.01. und 31.01. – 02.02. jeweils um 20 Uhr im Theater Heppel & Ettlich in der Feilitzschstraße. Karten zu 20,20€ über Münchenticket.
Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche habe ich großartiges Sprechtheater gesehen. Mind over Murder, auf Deutsch Mordsgedächtnis, heißt das wirklich genial durchkomponierte Stück von Michael Cooney, einem britischen Autoren.
Caroline Walker soll ihren Mann und einen Angestellten umgebracht haben. Der bekannte Polizeipsychologe und Hypnotherapeut Dr. Mark Ellis soll herausfinden, was wirklich geschehen ist. Was ganz normal als Sitzungen in einer Praxis beginnt, nimmt ziemlich schnell ziemlich viele rasante Wendungen. Selten habe ich so spannendes Theater gesehen. Besonders das thema der Hypnose war für mich interessant. Anfang des Jahres habe ich einen Psychothriller testgelesen, in dem es ebenfalls um das Thema Hypnose ging.
Die regie von Mark Römisch lässt einen vergessen, dass hier mit wenigen Mitteln Theater gemacht wird. Die Illusion ist fast perfekt, auch wenn man ganz nah dran sitzt, so wie ich an diesem Tag. Getragen wurde der Abend von einer unglaublich starken Ulrike Dostal, die Caroline Walker geradezu auferstehen ließ. Matthias Bunsen als Dr. Mark Ellis, der vor der Pause auch noch in andere Rollen schlüpfte (was übrigens am Ende absolut Sionn machte, aber man muss den ganzen Abend unglaublich aufmerksam sein, um nichts zu verpassen) beeindruckte vor allem mit großer Wandlungsfähigkeit. Momi von Fintel und Jan Alexander Naujoks ergänzten das kleine Team perfekt.
Falls sich irgendwann einmal die Gelegenheit ergibt, sollte man sich dieses Kleinod nicht entgehen lassen.
[singlepic id=1308 w=320 h=240 float=left]Selten hat ein Songtext auf eine Situation besser gepasst als dieser. Es war ja nicht nur ein Abschied von einem liebgewordenen Haus, sondern auch von vielen liebgewordenen Menschen. Meine Theaterleidenschaft begann im Mai 2007 und so konnte ich an diesem Abend viele Stücke noch mal Revue passieren lassen. In diesem Haus habe ich gelernt zu sehen, zu hören, zu fühlen und Gefühle zuzulassen. Ich bin sehr dankbar, dass ich so viel Neues kennenlernen durfte. Ich werde sicher noch viele Jahre davon profitieren.
Die musikalische Leitung dieses Galaabends hatten Lukas Beikircher, Andreas Kowalewitz, Jörn Hinnerk Andresen und Liviu Petcu inne. Die meisten Stücke wurden vom Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz begleitet, das damit mal wieder seine Vielseitigkeit und Ausdauer unter Beweis stellte. Die Choreografie des TTM stammte von Hans Henning Paar, der Chor wurde von Jörn Hinnerk Andresen einstudiert, die wahrlich nicht leichte Aufgabe der Programmkoordination hatte Gabriele Brousek zu bewältigen. Für die szenische Einrichtung und Spielleitung zeichnete Thomas Schramm verantwortlich, am Inspizientenpult saß Andreas Ehlers. Rolf Essers beleuchtete ganz ausgezeichnet und Dirk Buttgereit und Daniel Ployer betreuten den Ton hervorragend.
Der Abend begann mit einem Stück, mit dem ich auch meine erste aktive Erinnerung an das schönste Theater Münchens verbinde. Irgendwann in den Neunzigern hatte ich hier eine MY FAIR LADY gesehen und bis heute ist es eines meiner Lieblingsstücke. Marianne Larsen, die die Rolle der Eliza lange hervorragend verkörpert hat, trat im Kostüm ihrer anderen Glanzrolle auf: Mrs Lovett aus SWEENEY TODD. In diesen beiden Partien konnte sie ihr großartiges Musicaltalent voll ausspielen, wollte man mehr davon sehen, musste man ziemlich weit nach Osten fahren. Sie bot ihrer würdigen Rollennachfolgerin Milica Jovanovic dann auch Pasteten an, die erste war voll Alkohol (was da wohl drin war 😉 ), die letzte war marode und das war natürlich ganz klar das Gärtnerplatztheater. Unterstützt wurden die beiden von Sebastian Campione, Cornel Frey, Hans Kittelmann, Holger Ohlmann und dem Herrenchor.
Nach einem Prolog von Thomas Peters ging es weiter mit dem Überraschungserfolg DIE PIRATEN VON PENZANCE von Gilbert & Sullivan. Diese Stück hat bei mir das Interesse für die Musik des genialen Duos geweckt und seitdem beschäftige ich mich intensiv damit. Wenn das Kampfsignal ertönt schmetterten Thérèse Wincent, Frances Lucey, Ulrike Dostal, Martin Hausberg, der Chor und die Bobbies tanzten ein letztes Mal dazu. Als Schmankerl folgte dann noch das beliebteste Terzett im G&S-Kanon, Als Du uns schnöd verlassen hast, wie immer hinreißend vorgetragen von Rita Kapfhammer, Holger Ohlmann und Robert Sellier.
Sandra Moon sang Tschaikowsky, begleitet von Andreas Kowalewitz, und Neel Jansen und David Valencia zeigten Twin Shadow aus AUGENBLICK VERWEILE. Und weil so ein Dirigent auch wieder von der Bühne in den Graben muss, suchten in der kleinen Pause bis zum nächsten Stück drei fesche Herren im Bademantel die Sauna.
Das Warten hatte sich gelohnt, denn als nächstes stand Gary Martin mit To dream the impossible Dream aus DER MANN VON LA MANCHA an. Schade, dass ich das Stück nie live gesehen habe. Sebastian Campione brachte danach das Haus zum Kochen mit einer extralangen Version seiner Beatbox aus VIVA LA MAMMA. Im Anschluss unterlegte er dann auch noch den etwas abgewandelten Küchenrap aus der OMAMA IM APFELBAUM rhythmisch. Thérèse Wincent und Susanne Heyng zeigten nochmals, dass sie es drauf haben.
Der Chor sang danach Universal Good aus CANDIDE, noch ein Stück, bei dem ich mich ärgere, es nicht gesehen zu haben. Der nächste Programmpunkt, angekündigt durch Hans Henning Paar und Ursula Pscherer, hatte einige interessante Komponenten: konzipiert und einstudiert wurde das Stück von Artemis Sacantanis, ehemalige Solotänzerin und nun Probenleiterin am Haus. Ihr zur Seite standen ehemalige Tänzer des Gärtnerplatztheaters, die jetzt in anderen Berufen am Haus, zum Beispiel Orchesterwart, Probenleiterin oder Leiterin der Kinderstatisterie beschäftigt sind. Ihre Wandlung von „Auf der Bühne“ zu „Hinter der Bühne“ drückte sich sehr schön im Titel inVISIBLEs aus.
Thomas Peters, der am Haus in vielen, vielen Rollen glänzte (unter anderem Freddie in MY FAIR LADY, Dirigent in ORCHESTERPROBE, Toby in SWEENEY TODD und ganz besonders Frosch in der FLEDERMAUS) erinnerte nochmal an sein bezauberndes Stück SHOCKHEADED PETER mit dem Song Der fliegende Robert. Leider habe ich es nur einmal gesehen, anfangs war ich noch nicht ganz so süchtig, zuletzt war ich ja durchschnittlich an vier Abenden in der Woche im Gärtnerplatztheater. Ursache dafür war die Vielfalt und das interessante Programm des Hauses – und das wunderbare Ensemble.
Sehr bewegend war auch der persönliche Abschied von Gunter Sonneson mit Hier im Grandhotel. Ich bin sehr froh, diesen Ausnahmekünstler noch fünfmal als John Styx in ORPHEUS IN DER UNTERWELT erleben zu dürfen. Halt nur leider nicht in München, sondern in Heilbronn.
Im letzten Stück vor der Pause hatten die drei Herren endlich die Sauna gefunden. Das Schiff aus der L’ITALIANA IN ALGERI ist zwar schon vor ein paar Wochen gesunken, aber die beliebteste Szene hatte man offensichtlich retten können. Für Publikumsliebling Stefan Sevenich natürlich ein Heimspiel, für seine beiden Begleiter Cornel Frey und Juan Fernando Gutiérrez hätte ich mir jedoch einen etwas „würdigeren“ Abschied gewünscht.
Zu Beginn des zweiten Teiles erinnerten das Preludio und die Arie Tu del mio Carlo al seno, wunderbar vorgetragen von Elaine Ortiz Arandes, an die sehr gelungene Inszenierung von I MASNADIERI. Das Schlussbild von HÄNSEL UND GRETEL gibt zwar einen wunderbaren Auftritt des Kinderchores her, aber die Solisten Rita Kapfhammer, Ann-Katrin Naidu, Thérèse Wincent und Gary Martin standen etwas verloren herum. Ich kann nur hoffen, dass diese zauberhafte Produktion wiederaufgenommen wird und nicht zu Gunsten einer Eurotrashregie in der Versenkung verschwindet. Das Balkon-Duett aus ROMEO UND JULIA wurde von Hsin-I HUANG und Marc Cloot sehr ansprechend getanzt, wenn mal keine Blätter auf der Bühne rascheln oder unaufhörlich Schnee fällt, gefällt mir moderner Tanz sogar fast.
Der scheidende Staatsintendant Dr. Ulrich Peters hielt eine persönlich gehaltene Abschiedsrede und ich kann mich seinen Worten nur anschließen: das Ensemble in Zeiten der Heimatlosigkeit aufzulösen ist in meinen Augen ein schwerer Fehler. Damit und mit der anscheinend unvermeidlichen Ablösung des im Stadtbild mittlerweile fest verankerten Logos nimmt man der Institution zumindest einen Teil ihrer Identität.
Im Anschluss sangen Franziska Rabl und Ella Tyran mit Unterstützung des Chores die Barcarole aus HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, auch ein Stück, dass schon länger zurück liegt und das ich nicht gesehen habe. Im FREISCHÜTZ war ich trotz der schrecklichen Inszenierung ziemlich oft, was für die Qualität der Sänger spricht. Christina Gerstberger und Sandra Moon sangen das Duett Ännchen-Agathe vom Beginn des zweiten Aktes. Das Duett Hans-Kezal gehört zu meinen Lieblingsstücken aus DIE VERKAUFTE BRAUT und es war schön, Derrick Ballard und Tilmann Unger damit noch einmal zu hören. Es folgte das Quintett aus der ZAUBERFLÖTE, gesungen von Sandra Moon, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Daniel Fiolka und Robert Sellier. Danach kam noch ein Ausschnitt aus AUGENBLICK VERWEILE und da war ich dann doch ganz froh, dass ich es nicht gesehen habe, denn bei so schnell vorbeihuschenden Szenerien wird’s mir immer schlecht, ganz abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, was im Kreis laufen mit modernem Tanz zu tun hat.
Im Anschluss gabs noch das schöne Duett Marie-Wenzel aus DIE VERKAUFTE BRAUT, Stefanie Kunschke und Hans Kittelmann wären auch ein prächtiges Paar gewesen, wenn sie sich nicht jeweils anders entschieden hätten. Der Weibermarsch aus DIE LUSTIGE WITWE machte nochmal so richtig Laune. Daniel Fiolka, Sebastian Campione, Mario Podrečnik, Robert Sellier, Gunter Sonneson, Tilmann Unger und Martin Hausberg mussten sich mit der geballten Weiblichkeit des Theaters zu einer schönen Choreographie von Fiona Copley auseinandersetzen. Thomas Peters hatte noch einen allerletzten Auftritt als Frosch, seine Paraderolle, bevor mit Tutto nel mondo è burla (Alles ist Spaß auf Erden) aus FALSTAFF ein positiver Schlusspunkt gesetzt wurde. Heike Susanne Daum, Sandra Moon, Christina Gerstberger, Ella Tyran, Ann-Katrin Naidu, Franziska Rabl, Gregor Dalal, Martin Hausberg, Hans Kittelmann, Gary Martin, Mario Podrečnik, Robert Sellier und der Chor machten Lust auf die nächste Premiere am 18.05., dann im Prinzregententheater. Am Ende winkten Publikum und Ensemble sich gegenseitig mit weißen Taschentüchern zu und nicht nur bei mir flossen ein paar Tränen.
Mir bleibt nur Danke zu sagen. Danke an alle Beschäftigten des schönsten Theaters Münchens, die für mich die letzten fünf Jahre zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ich werde die Erinnerung an diese Zeit immer in einer ganz speziellen Stelle meines Herzens bewahren. Danke für viel Heiterkeit und viele Tränen. Danke für emotionale, aufwühlende Stunden und für Lehrreiches.
Danke für so viel Schönes, liebes Gärtnerplatztheater.
Maria Stuart von Friedrich Schiller ist quasi Pflichtlektüre in jedem Deutschunterricht und das war im Grundkurs anno 1986 auch nicht anders. Wären wir doch damals in so eine einfühlsame und gleichzeitig eindringliche Vorstellung wie diejenige des Münchner Galerietheater, die immer mal wieder im Pepper Theater in Neuperlach aufgeführt wird, gegangen, hätten wir das Stück sicher mit anderen Augen betrachtet.
Es ist immer wieder faszinierend, was man auch mit wenigen Mitteln erreichen kann. Selbst um zwei Teile des gleichen Aktes auf einer Bühne spielen zu lassen, reicht geschickte Beleuchtung. Das Bühnenbild lässt viel Platz für Assoziationen, symbolisiert aber gleichzeitig perfekt die verschiedenen Handlungsorte. Ebenso die Kostüme. Die Männer im Anzug, die beiden Rivalinnen in exakt der gleichen Kleidung in zwei verschiedenen Farben, das hieß für mich zwei gleichberechtigte Königinnen. Um aber aus einem Sessel und ein paar Stoffstreifen als Baldachin einen Thronsaal zu machen, bedarf es vor allem starker Bühnenpräsenz.
Und die zeigten alle Protagonisten an diesem Abend ohne Ausnahme. Fantastisch waren die beiden leading ladies, Ulrike Dostal als Maria und Raphaela Zick als Elisabeth. Sowohl einzeln wie auch in der Szene, in der sich beide begegnen, rissen mich beide mit und überzeugten mit präzisem, leidenschaftlichem Spiel. Sabine Heckmann gab der Amme Hanna Profil. Die Männer waren rollengerecht besetzt, Peter von Fontano (Talbot), Amadeus Bodis (Cecil), Andreas Berner (Davison) und Momi von Fintel (Mortimer) zeigten in der ausgezeichneten Personenregie von Ingmar Thilo die unterschiedlichen Facetten der Berater und Freunde der beiden Königinnen. Herausragend war Johannes Schindlbeck als Dudley, der die Zwiespältigkeit und Zerrissenheit besonders im letzten Monolog herausragend interpretierte.
Ein sehr dichter, leidenschaftlicher, sehr sehenswerter Theaterabend.
Ist zwar schon ein paar Tage her, aber auch über die Uraufführung von Kalteis des Jungen Schauspiel Ensemble München nach dem Roman von Andrea Maria Schenkel habe ich drüben bei mucbook geschrieben.
Die Fledermaus am Rosenmontag mit einem bestens aufgelegten Ensemble und ein ausverkauftes Gärtnerplatztheater – was braucht man mehr!
In der Inszenierung von (Noch-) Intendant Ulrich Peters tummelten sich die Ensemblemitglieder des Theaters. Heike Susanne Daum und Tilmann Unger standen als Ehepaar Eisenstein auf der Bühne. Tilmann Ungers Tenor passt sehr gut zum Eisenstein, und Heike Susanne Daum beeindruckte nicht nur schauspielerisch: sehr schön gelang den beiden das Uhrenduett. Mit ausdrucksstarker Stimme interpretierte Frau Daum die Rosalinde und bot auf dem Ball des Prinzen einen feurigen Csardas. In weiteren Rollen Ella Tyran als quicklebendige Adele und Ulrike Dostal als Ida. Torsten Frisch verlieh dem Dr. Falke seinen Bariton und Spielfreude. Mit schönem sattem Mezzo sang Franziska Rabl den Prinzen Orlowsky. Robert Sellier als Gesanglehrer Alfred und Hans Kittelmann in der Rolle des Advokaten Dr. Blind brachten die Figuren überzeugend auf die Bühne. Auch immer wieder schön: der Gefängnisdirektor Frank, von Dirk Lohr verkörpert. Mit Thomas Peters hat das Haus einen ausgezeichneten Gefängniswärter Frosch gefunden. Es kommen keine Längen, wenn er zu den alten Gags den Bezug auf die Politik und aktuelle Themen aufnimmt. Einfach super!
Der Chor war wie gewohnt in dieser Produktion gut und hatte an diesem Tag besonders viel Spaß. Auch das Orchester war in Champagner-Laune: Dirigent Andreas Puhani entlockte dem Orchester mit leichter Hand schmissige Rhythmen, schnelle Tempi, und die Funken sprühten. Danke!
Natürlich kannte ich den Faust von Goethe, so gut man halt ein Stück Literatur kennt das zur Allgemeinbildung gehört, man es aber nicht selbst gelesen hat. Es hat mich schon sehr überrascht, wie viele Zitate ich daraus kannte, die meisten durch den Monolog des Frosches in der Fledermaus am Gärtnerplatztheater. Jetzt, wo ich weiß, woher diese Zitate stammen, bekommen sie in diesem Zusammenhang noch einmal eine andere Bedeutung.
Das Pepper-Theater liegt im Keller und bietet rund 100 Personen Platz. Die bequeme Bestuhlung erinnert ans Kino, komplett mit Flaschenhalter, was zwei anwesende Schulklassen auch gleich dazu animiert hat, kräftig dem Alkohol zuzusprechen. Die Lehrer hatten sich vorsichtshalber schon mal abseits gesetzt, damit sie auch ja nichts davon mitbekommen. Entsprechend war teilweise der Geräuschpegel. Das Münchner Galerie Theater ist ein freies Theaterensemble, das seit einiger Zeit hauptsächlich in diesem Theater spielt.
Das Bühnenbild von Manuela Clarin setzte sich aus verschiedenen Ebenen zusammen, von lebensgroß bis Miniatur. Es spielten nämlich nicht nur die Schauspieler, manche Szenen wurden durch Marionetten oder Stabpuppen dargestellt. Ich fand diese Idee sehr schlüssig und gut umgesetzt. So ließen sich auch Szenen wie der Osterspaziergang realisieren. Es zeigt sich mal wieder, wie gut man die Fantasie der Zuschauer auch mit geringen Mitteln anregen kann. Die ausgezeichnete Personenregie von Ingmar Thilo tat ein übriges, um den Abend kurzweilig und interessant zu gestalten. So schaue ich mir auch Klassiker gerne an.
Die Schauspieler waren ganz ausgezeichnet, allen voran Amadeus Bodis als Faust, Ulrike Dostal als Gretchen und Raphaela Zick als Mephisto. Ihre intensive Darstellung erweckte die Figuren wirklich zum Leben. Weiter waren noch Brigitte Hoerrmann, Ulf-Jürgen Wagner, Manuela Clarin, Sabine Heckmann und Franziska Fischer zu sehen, die teils in wechselnden Rollen ihr Können zeigten.
Ein sehr gelungener Abend, der Lust auf mehr Klassiker macht. Das Münchner Galerie Theater hat auch den Faust II sowie Maria Stuart im Repertoire, die werde ich mir auf jeden fall noch ansehen.
Das Staatstheater am Gärtnerplatz und der Regisseur Holger Seitz haben sich für eine deutsche Fassung des Stücks “Der Mikado” von Gilbert & Sullivan entschieden. Diese deutsche Fassung ist von Walter Brandin und Arno Assmann und hat einen Erzähler, diesen gibt es im englischen Original nicht. Am Gärtnertheater wird diese Rolle von Thomas Peters sehr eindrucksvoll gestaltet, aber die Dialoge sind an einigen Stellen zu lange. Es hätte gerne gekürzt werden können, und die Übergänge der Szenen Dialog-Musik wäre schneller auf den Punkt gekommen. Nun aber genug davon. Es gibt ja so viel Schönes an der Produktion: Das schlicht gestaltete Bühnenbild von Peter Engel, das von der gelungenen Lichtgestaltung von Hans Guba zum Leben erweckt wird und in jeder Minute eine ganz besondere Atmosphäre entstehen lässt. Schon wenn sich beim langsamen Satz der Ouvertüre der Vorhang öffnet und die roten Lampions leuchten. Kostümbildnerin Sandra Münchow hat zeitlose Kostüme gestaltet, Anzüge in verschiedenen Graustufen mit Zeitungsaufdrucken, beim großen Auftritt des Mikado schwarze Anzüge mit goldgelben Ärmeln und für den Frauenchor bunte blumenbedruckte Kleider mit Schleifen. Holger Seitz kann bei seiner Regie und der Entwicklung der Personenführung ganz auf das spielfreudige Ensemble des Theaters setzen. Ein Glücksgriff ist auch der Dirigent der Produktion Benjamin Reiners: mit dem gut gelaunten und spielfreudigen Orchester blühen die Melodien von Sullivan aus dem Orchestergraben; an dieser Stelle ein besonderes Lob an die Holzbläser.
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Yam-Yam, Mündel von Co-Co, und Nanki-Poo wurden an diesem Abend von Therese Wincent und Mario Podrecnik gespielt. Therese Wincent beeindruckte während der ganzen Aufführung mit ihrer Bühnenpräsenz. In Gesang, Spiel und Choreographie war sie ideal für die Rolle der Yam-Yam. Der gut geführte Tenor von Mario Podrecnik stand ihr in nichts nach. Einen gelungenen Auftritt hatte auch Derrick Ballard als Mikado, mit kräftigem Bass und enormer Autorität. Rita Kapfhammer als älteres Hoffräulein Katisha war voll in ihrem Element, ausgestattet mit kräftigem Mezzo und großer Bühnengeste. Der Scharfrichter von Titipu, Co-Co, der kein Blut sehen kann, mit der Vergangenheit eines Schneiders, wurde gelungen verkörpert von Hardy Rudolz. Dieser hatte an diesem Abend Glück und bekam viel sichere Unterstützung aus dem Orchestergraben. Sehr aufmerksam! Die restlichen Rollen waren rollendeckend und gut besetzt: Sebastian Campione (Pooh-Bah, Minister für alles), Carolin Neukamm (Pitti-Sing), Ulrike Dostal (Peep-Bo) und Gregor Dalal (Pish-Tush, ein Edelmann). Der Chor, in der Einstudierung von Inna Batyuk, sang an diesem Abend sehr klangschön, und auch die Darstellung war wieder sehr gelungen.
Es ist schön, dieses Stück von Gilbert & Sullivan am Staatstheater am Gärtnerplatz zu sehen und zu hören mit dem noch existierenden Ensemble.
Diese Vorstellung war in vieler Hinsicht etwas besonderes: erst mal der Ort. Die Weinhandlung Fernando von Schirnding, untergebracht in einem schlauchartigen Anbau in der Maxvorstadt. Da war ich sicher nicht das letzte Mal, die Zeit vor der Vorstellung habe ich mir dann damit vertrieben, die ausgestellten edlen Tröpfchen zu inspizieren. Und natürlich auch eines zu probieren. Die Sicht war ok, viel besser jedenfalls als im Hofbräukeller trotz in etwa gleicher Anordnung der Stühle. Es wurde nur mit der Zeit in bisschen kalt beim Sitzen, aber es war ja auch ziemlich kalt draußen. Und leider ist manchem Zuschauer anscheinend der Alkohol zu Kopf gestiegen, jedenfalls meinten einige direkt hinter mir, den oft zitierten Satz zu vollenden zu müssen, bevor der Schauspieler auf der Bühne es getan hatte und fanden das extrem lustig. Ich fand es nur extrem störend.
“Es ist so schwül, so dumpfig hie…” hörten wir an diesem Abend ziemlich oft. Das Stück dreht sich um die Kästchen-Szene aus dem Faust, lässt uns verschiedene Probensituationen miterleben. Regisseure genau wie Schauspieler in ihren mannigfaltigen Ausprägungen treffen aufeinander. Da macht die Diva den Jungregisseuer fertig, der Regietheteaterfetischist möchte den “Abo-Schweinen” mal so richtig einen vor den Latz knallen und eine Dramaturgin als Regisseurin mags besonders intellektuell. Das Ganze lebt natürlich von klischeehafter Übertreibung, ist aber sehr lustig. Besonders, wenn einem der ein oder andere Typus schon mal begegnet ist 😉
Etwas besonderes war auch die Leistung der Schauspieler. Momi von Fintel, der auch Regie führte, als Conferencier, der die einzelnen Szenen mit witzigen Kommentaren verband. Amadeus Bodis und Ulrike Dostal, die es schafften die ständig wechselnden Typen glaubhaft und sehr präsent darzustellen. Ständig in neue Rollen schlüpfen zu müssen und diese dann auch noch so fantastisch zu präsentieren muss sauschwer sein. Chapeau!
Wenn dieses Stück nochmal kommt, sollte kein Theaterbegeisterter es verpassen. Und wer “nur” gerne herzhaft lacht, ist hier auch gut aufgehoben.
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