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Criminale, 26.04.2012, Arnsberg

[singlepic id=1168 w=320 h=240 float=left]Die Criminale ist ja zum einen das Treffen der Mitglieder des Syndikats, der größten deutschsprachigen Autorenvereinigung von Kriminalschriftstellern. Da gibt es Workshops, Tagungen und ganz viel Austausch. Auf der anderen Seite ist es aber auch das größte deutschsprachige Krimifestival. Über 250 Autoren lesen im gesamten Landkreis an gewöhnlichen und ungewöhnlichen Orten. Diese Lesungen stehen immer unter einen bestimmten Motto.

In der gemütlichen Buchhandlung Houtermanns in dem ansonsten eher beschaulichen Arnsberg hieß es an diesem Abend “Auf und davon”. Die Krimis, die an diesem Abend vorgestellt wurden, spielten alle nicht in Deutschland. Der erste, Die Moldau im Schrank von Nina Maria Marewski gar in einer Parallellwelt. Sie erhielt dafür den SERAPH-Preis der fantastischen Akademie in der Sparte Debüt. Sie las eine Szene aus dem Leben des 16-jährigen Mitja, die deutlich machte, dass sie den Preis zurecht bekommen hatte. Befragt, wie sie sich denn auf ihrer ersten Criminale fühlen würde, meinte sie, dass sie sich sehr gut aufgehoben fühle und sich freue dabei zu sein, weil ihr Buch ja nun kein lupenreiner Krimi, sondern auch Liebesroman und Phantastik wäre.

Der nächste an der Reihe war Viktor Iro mit seinem Roman Tödliche Rückkehr. Der sympathisch und offen wirkende Autor ging das Wagnis ein, eine Szene fast vom Schluß seines Romanes zu lesen, aber das hat wunderbar funktioniert. Er konnte Budapest mit seinen Worten vor meinen Augen entstehen lassen. Sein nächstes Projekt ist die Verarbeitung einer Forschungsarbeit über die Darstellung von Drehbuchautoren im Film. Die Beispiele, die er anführte, klangen sehr interessant.

Die dritte Lesung führte schließlich nach Österreich, genauer gesagt in die Steiermark. Nach eigener Aussage mordet sich die erfolgreiche Autorin Claudia Rossbacher durch dieses österreichische Bundesland. Steirerherz ist ihr zweiter Roman um die Abteilungsinspektorin Sandra Mohr und die beiden Abschnitte, die sie las, gaben einen guten Einblick. Ihre Protagonistin ginge ihr manchmal ein wenig auf die Nerven, meinte sie, weil sie das Gegenteil von ihr selbst sei, aber der Chefinspektor Sascha Bergmann sorgt für einen gewissen Ausgleich.

Die letzte Lesung an diesem Abend stammte von Claudio Michele Mancini, der mit La Nesa und seinen anderen Mafiaromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen sollen, angeblich seine Jugend aufarbeitet. Ob das stimmt, lasse ich mal dahingestellt sein, mir kamen jedenfalls eine Menge seiner Aussagen übertrieben und unglaubwürdig vor. So wird seiner Aussage nach, wenn man sich einen Organspenderausweis zulegt, in in riesigen Datenbanken abgeglichen, ob die Werte zu jemandem passen und wenn das zufällig ein Superreicher ist, kanns schon mal sein, dass der Spender vorzeitig ablebt. Dumm nur, dass man in Deutschland gar nicht registriert wird, wenn man einen Organspendeausweis hat und schon gar nicht irgendwelche Werte darin festgehalten sind und die meisten Länder ein Opt-Out-System haben. Es ist ja ok für mich, einen Thriller über das Thema zu schreiben, aber den Menschen Angst zu machen, in dem man ihnen suggeriert, dass es alles harte Fakten seien, halte ich für geschmacklos. Er schaffte es jedenfalls, sich in praktisch jedes Gespräch einzumischen und sein nächstes Woche erscheinendes Buch mehrfach anzupreisen. Am Ende gab es noch ein paar Publikumsfragen und natürlich standen alle Autoren zum Signieren zur Verfügung.

[singlepic id=1167 w=320 h=240 float=right]Der zweite Programmpunkt an diesem Abend versprach einen Höhepunkt der Criminale: die Weltpremiere der ersten Krimiautorenband Hands up and the Shooting Stars! Ich war ja schon seit ewigen Zeiten nicht mehr auf einem Rockkonzert, aber die Energie, die an diesem Abend von der Bühne ins Publikum sprang, war ganz, ganz großartig. Die erfolgreiche Krimiautorin Gisa Klönne gab an diesem Abend ihr Bühnendebüt, sollte sie einmal genug vom Schreiben haben, ist ihr eine zweite Karriere am Mikro sicher. Ihre Gesangkollegin Sandra Lüpkes, sang nicht nur hinreißend, sondern legte bei Every breath you take auch noch ein fetziges Trompetensolo hin. Oliver Buslau, nach eigener Aussage eher im Klassikbereich unterwegs, zeigte, dass auch die Bratsche im Rock’n’Roll ihre Berechtigung hat.  Heinrich-Stefan Noelke am Bass, Volker Bleek am Schlagzeug, Peter Demant am Keyboard, Jörg Schmitt-Kilian (Gesang, Gitarre), Arnold Küsters (Bluesharp) und Stephan Everling (Gitarre) komplettierten die Band. Jedes Lied hatte einen kriminalistischen Zug, von Killing me softly bis zu einem speziell auf das Autorenleben neu getexteten, alten Song. Ein tolles Konzert, ich hoffe, das Auftritte ein fester Bestandteil der Criminale werden.Dazwischen las Oliver Buslau aus seinem Kurzkrimi Im Keller, der in der Musikschule nebenan spielt. Dass er die Atmosphäre und die Typen von Arnsberg sehr gut eingefangen hat, zeigten die Reaktionen des örtlichen Publikums.

Ein toller Abend, danke an alle Beteiligten!

Und danke an Petra Busch für die Fotos!

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Premiere Ein Maskenball, 20.04.2012, Südthüringisches Staatstheater Meiningen

Riccardo liebt Amelia, die Frau seines besten Freundes und Ratgebers. Die liebt ihn zwar auch, fühlt sich aber an ihr Eheversprechen gebunden. Um sich diese verbotene Liebe auszutreiben, sucht sie den Rat der Wahrsagerin Ulrica. Diese empfiehlt ihr ein bestimmtes Kraut, das um Mitternacht am Galgenberg gesammelt werden müsste. Die verängstigte Amelia macht sich auf und wird beim Pflücken des Krautes von Riccardo bedrängt. In diese Situation platzt Renato, der erst mal seine Frau für schuldig hält und sie umbringen will. Er überlegt es sich aber dann doch anders und verbündet sich mit Verschwörern, die Riccardo schon lange nach dem Leben trachten. Auf einem Maskenball sticht er Riccardo nieder, der inzwischen aber erkannt hat, dass es falsch ist, sich in die Ehe der beiden hineinzudrängen. Riccardo stirbt, nachdem er Renato davon überzeugt hat, dass sich Amelia nichts zu Schulden hat kommen lassen. Renato seinerseits wird von seinen Mitverschwörern als unliebsamer Zeuge ebenfalls getötet.

Verdi wollte ursprünglich das Attentat auf den schwedischen König Gustav III 1792 auf einem Maskenball in dieser Oper behandeln, dies wurde ihm jedoch weder in Neapel noch in Rom gestattet. Während die Zensur in Neapel die Oper komplett umschreiben wollte, begnügte man sich in Rom mit einer Umbenennung der Protagonisten und der Verlegung der Handlung von Stockholm nach Boston. In neuerer Zeit wird die Oper gerne wieder in ihrer ursprünglichen Fassung gespielt.

Regisseur Ansgar Haag entschied sich für die Bostoner Fassung. Mir erschien es etwas surreal, dass eine Oper von Verdi in Amerika spielt, aber es fühlte sich richtig an. Laut seiner Inhaltsangabe spielt das Stück 1862. Das prächtige Bühnenbild und die historischen Kostüme von Klaus Hellenstein verdeutlichen diese Zeitangabe, bei der Ausstattung sind jedoch ein paar kleine Fehler unterlaufen. So wies die Flagge Amerikas zu diesem Zeitpunkt erst 33 Sterne auf und damit deutlich weniger als die auf den verteilten Jubelfähnchen. Die Freiheitsstatue, die hier als Losurne benutzt wird, wurde erst 1886 eingeweiht. Solche Details mögen bedeutungslos erscheinen, lenken mich aber ab, weil ich dann während des Stückes darüber nachdenke. Ansonsten hat mir die Regie aber sehr gut gefallen, für mich war alles schlüssig. Besonders interessant fand ich den Einfall, den Pagen Oscar, normalerweise eine Hosenrolle für eine Sopranistin, als Frau zu konzipieren, die hoffnungslos in Riccardo verliebt ist.

Musikalisch war dieser Abend ein Hochgenuss. Xu Chang sang den Riccardo fabelhaft und überzeugte mich besonders in der Sterbeszene. Dae-Hee Shin als Renato klang fast überirdisch schön, ich kannte die Musik vorher zwar nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man die Arien inniger und berührender singen kann. Bettine Kampp ging ganz in der Rolle der Amalia auf und Sonja Freitag überzeugte als Oscar auf der ganzen Linie. Francis Bouyer (Silvano) und Stephanos Tsirakoglou (Samuel) fielen mir in ihren Partien positiv auf. Einen Glanzpunkt setzte, wie schon so oft, Rita Kapfhammer in der Rolle der Wahrsagerin Ulrica. Bei ihr kommen eine starke Bühnenpräsenz und eine Stimme mit großer Ausdruckskraft und schier unglaublichem Umfang zusammen. Gesungen wurde übrigens, trotz des deutschen Titels, in Italienisch. Der Chor sang und spielte ebenfalls hervorragend. Das Orchester unter Alexander Steinitz brachte Verdi zum Glänzen. Am Ende euphorischer Jubel für alle Beteiligten.

Ein Abend, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

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Der Kaiser von Atlantis, 31.03.2012, St. Thomas Augsburg

Oper und Kirche, geht das zusammen? Im Falle der Aufführung von Der Kaiser von Atlantis von Viktor Ullmann kann ich das mit ganzem Herzen bejahen. Oper und Location wirkten perfekt miteinander, ohne dass das eine das andere dominierte. Das Werk entstand 1943 in Theresienstadt, kam dort allerdings nur bis zur Generalprobe und wurde erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt. Seitdem wird es überall auf der Welt gespielt, meist an kleineren Häusern, da es sich eher um eine Kammeroper handelt. Trotz seiner tragischen Entstehungsgeschichte, Ullmann, sein Librettist Petr Kien und ein großer Teil des Ensembles wurden nach Auschwitz deportiert und dort ermordet, ist das Werk nicht auf den Holocaust fixiert, sondern allgemeingültig, denn Diktatoren gibt es auch heute noch. So spielt diese Inszenierung der Greek National Opera von 2008 wohl eher im Müll einer modernen Konsumgesellschaft:

Der Kaiser Overall lässt durch seinen Trommler verkünden, dass alle Menschen in seinem Reich bewaffnet werden und in den Krieg ziehen müssen, um den Gegner bis aufs Blut zu bekämpfen. Das missfällt dem Tod, der sich zur Maschine degradiert sieht. Er tritt in einen Streik und fortan sterben keine Menschen mehr. Verwundete und Kranke ringen mit dem Leben (eine sehr schöne Formulierung aus dem Libretto), aber die erhoffte Erlösung tritt nicht ein. Kaiser Overall nützt die Situation vermeintlich aus und verspricht seinen Untertanen ewiges Leben, aber das Land versinkt im Chaos. Er bittet den Tod, sein Handwerk wieder aufzunehmen, der fordert allerdings, dass der Kaiser sein erstes Opfer sein soll. In einem zweiten Strang treffen ein Mädchen und ein Soldat, die auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, aufeinander. Weil sie sich nicht töten können, verlieben sie sich ineinander und selbst der Trommler kann sie nicht trennen. Auch das ist eine sehr schöne Parabel für sich.

Der Abend begann mit Selig sind, die da Leid tragen aus dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms. Der Chor der Kirchengemeinde St. Thomas, die Chaplains, wies damit den Weg zu einer sehr berührenden Aufführung. Währenddessen irrte ein Scheinwerfer durch den Raum und erinnerte an den Wachturm eines Konzentrationslagers. Judensterne an der Kleidung wiesen die Beteiligten als Insassen aus, so dass trotz einer spärlich bestückten Bühne der Kontext klar wurde. Spätestens bei der schnarrenden Stimme aus dem Lautsprecher (Hanspeter Plocher), der die Protagonisten vorstellte und die Handlung kommentierte, war sich jeder Zuschauer bewusst, zu welcher Zeit das Stück spielt. Der Kirchenraum wurde in seiner Gänze genutzt, vor dem Altar diente ein Podest als Bühne, die mit einem Vorhang abgetrennt war. Die szenische Umsetzung unterstützte die berührende Musik sehr, so dass der Abend ein, leider einmaliges, Erlebnis war.

Musikalisch war es ganz wunderbar. Tobias Peschanel am Klavier und Walter Freyn an der Orgel ließen durch ihre einfühlsame Begleitung andere Instrumente nicht vermissen. Eva Maria Amman als Mädchen, Cornel Frey als Soldat, Daniel Fiolka als Kaiser, Stefan Sevenich als Tod gefielen mir alle ausgezeichnet in der musikalischen und szenischen Umsetzung. Edda Sevenich als Trommler beeindruckte mich mit ihrem dramatischen Mezzosopran, ihre Stimme gefiel mir vom ersten Moment an.

Ein wirklich in jeder Hinsicht fantastischer Abend, vielen Dank an alle Beteiligten auf und hinter der Bühne, die ihn möglich gemacht haben.

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Lesung von Kerstin Gier, 16.03.2012, Karstadt Leipzig

Eine Lesung von Kerstin Gier zu besuchen gehört zu den 100 Dingen im Leben, die man einmal gemacht haben sollte. Es ist einfach ein unglaubliches Erlebnis, wie sie mit verschiedenen Stimmen spricht, den eigenen Roman ironisch kommentiert und auch drumherum lauter witzige Sachen sagt.
So wie wir dachten viele und im Katalog zur Buchmesse war leider nicht vermerkt, dass man sich für die Lesung vorher Karten besorgen muss. Aber von dem Schild “Ausverkauft, kein Einlass mehr” am Eingang des Karstadt ließen wir uns nicht abschrecken und fuhren einfach trotzdem mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Hier trafen wir auf eine Menge Leute, denen es genauso ging wie uns. Keiner hatte etwas von dem Vorverkauf gewusst, man hatte zum Teil andere Lesungen vorzeitig verlassen, es wurde sogar gemunkelt, dort drin säße nur das Personal von Karstadt. Aber Beharrlichkeit zahlt sich aus: Sekunden vor der Lesung wurden von irgendwoher noch Karten und Stühle gezaubert, und so konnten wir am Ende doch dieses besondere Erlebnis genießen.
Der Raum war rappelvoll, sicher 150 Personen hatten sich eingefunden. Und von dem Moment, in dem Kerstin Gier die Bühne betrat, nahm sie uns gefangen. Sie las aus ihrem neuesten Buch Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner mit so viel Witz und Esprit, dass wir aus dem Lachen nicht mehr herauskamen. Köstlich, wie sie jeder Person eine eigene Stimme gab, und sogar verschiedene Dialekte wie Pfälzisch streute sie zur Erheiterung der Zuschauer ein. Das muss man einfach mal erlebt haben. Das von ihr selbst eingelesene Hörbuch lässt einen das Vergnügen zwar schon ahnen, aber live ist es halt doch noch mal ein ganz anderes Erlebnis. Viel zu schnell ging die Zeit mit dieser sympathischen Autorin vorbei. Am Ende erfüllte sie trotz sehr vorgerückter Stunde noch alle Signierwünsche und plauderte dabei noch mit den geduldig Anstehenden. Für mich war dieser Abend der Höhepunkt der diesjährigen Buchmesse in Leipzig. Die ist zwar noch nicht zu Ende, aber das ist kaum zu toppen.

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Silvesterkonzert, 31.12.2011, Konzerthalle Bamberg

Mit einem festlichen Silvesterkonzert verabschiedete die Bayerische Staatsphilharmonie das alte Jahr 2011 in der Konzerthalle Bamberg.
Zu Beginn des Konzertes erklangen Ausschnitte aus den Facade Suiten Nr. 1 und Nr. 2 von William Walton. Diese Musik lebt von dem quicklebendigen Experimentiercharakter des Stückes. Waltons Klangcollage aus unterschiedlichsten Versatzstücken, von der Polka über den Foxtrott bis zu schottischer und schweizerischer Folklore, erinnert an ähnlich vergnügliche Projekte eines Igor Stravinsky, Sergei Prokofieffs oder Francis Poulenc. Die Bläsergruppen und Solisten hatten sichtlich Freude an ihren Aufgaben. Das Orchester hatte einen guten Abend und mit dem englischen Dirigenten Jeffrey Tate eine gute Wahl für dieses Konzert getroffen.Weiter ging es mit der Spezialität des englischen Musiklebens, die komische Oper, die mit einem Künstlerduo verbunden ist: Arthur Sullivan und William S. Gilbert. Zwischen 1871 und 1896 schuf Sullivan mit seinem Librettisten Gilbert insgesamt  14 Bühnenstücke, die in Ansätzen der französischen und deutschen Operette vergleichbar sind, aber auch Anleihen bei Rossini, bei der romantischen Oper und bei englischen Volksstücken machen.
Es hätten keine besseren Solisten für dieses Fach gefunden werden können wie: die Sopranistin Dame Felicity Lott und der Bariton Richard Suart, ein gefragter Sullivan-Interpret.  Sie sangen in  guter Begleitung der Symphoniker Arien und Duetten aus den Stücken: The Yeomen of the Guard, The Mikado, Iolante, Ruddigore und Patience.
Bei beiden Solisten wird die Interpretation der Stücke groß geschrieben, Sie überzeugen gesanglich wie schauspielerich auf ganzer Linie. Richard Suart gelingen die Höhepunkte des Konzerts: Die Geisterszene When the nightwind howls aus Ruddigore und When you´re lying awake (Nightmare Song) aus dem 2. Akt der Iolante.
Das begeisterte Publikum wurde noch mit einer Zugabe der beiden Sänger bedacht.
Als letztes Stück des Konzerts erklang die Konzertouvertüre op. 40 Cockaigne (In London Town) von Edward Elgar. Diese Ouvertüre ist von 1901 und das Stück ist, so die Erläuterung in der Partitur, vielen Freunden aus den Londoner Orchestern gewidmet. Der Titel Cockaigne bedeutet Schlaraffenland, was sich an seiner effektvollen, brillianten Instrumentation ablesen lässt. Hier durfte das Orchester noch mal alle Vorzüge und Qualitäten zeigen, die es hat. Die Musik kommt fröhlich-beschwingt daher: aufrichtig, gesund, humorvoll, kräftig, nicht jedoch vulgär, um Elgars Vokabeln zu gebrauchen.
Ein schöner Silvesterabend der Bayerischen Staatsphilharmonie und mit britischen Klassikern in das neue Jahr 2012.

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Der Freischütz, 16.07.2011, Veranstaltungsforum Fürstenfeld

Da ich den Freischütz zwar unheimlich gerne mag, aber die aktuelle Inszenierung am schönsten Theater Münchens szenisch ziemlich unterirdisch finde, war ich sehr gespannt auf die halbszenische Umsetzung im Rahmen des Jubiläumskonzertes zum 150-jährigen Bestehen der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck.

Regisseur Michael Stacheder brachte das Wunder fertig, auf der eher kleinen Bühne ca. 80 Mitwirkende des Chores unterzubringen und den Solisten trotzdem noch Freiraum zum Spielen zu geben. Er verlegte die Handlung in die Fünfziger Jahre, was in sich stimmig war und die Geschehnisse stärker an das Publikum heranbrachte. Ein guter Teil davon dürfte sich eh an die Zeit noch erinnern 😉 Die Personenführung der Solisten war gut, besonders die Idee, den Samiel (ganz ausgezeichnet Joachim Birzele) auch als Erzähler auftreten zu lassen, das straffte die Handlung etwas und lies keine Längen aufkommen. Auch sonst machte Michael Stacheder aus wenig viel, zum Beispiel hat mir die Wolfsschluchtszene sehr gut gefallen, trotz sicher eingeschränkter technischer Möglichkeiten war es ziemlich gruselig.

Die Solisten waren durch die Bank hervorragend. Torsten Frisch spielte und sang bei seinem Rollendebüt den Kaspar sehr eindringlich, genauso wie Tenor Adrian Cave den Max. Auch die Frauenseite war exzellent besetzt, Monika Rebholz als Agathe und Sonja Adams als Ännchen haben mir wirklich ganz ausgezeichnet gefallen, in den Duetten harmonierten beide Stimmen ganz wunderbar. Die restlichen Rollen waren mit Holger Ohlmann, Thomas Hohenberger, Martin Ohu und Adrian Sandu sehr gut repräsentiert. Der Chor spielte ein bisschen mit und sang sehr schön, auch wenn es mich etwas gewundert hat, dass einige Herren noch vom Blatt singen mussten. Das Orchester unter Klaus Linkel fand genau den richtigen Weber-Ton, dramatisch und sanft zugleich.

Am Ende viel Jubel für alle Beteiligten, eigentlich schade, dass es nur eine Vorstellung gab. Das hätte ich mir glatt nochmal angesehen.

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Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, 06. und 07.07.2011, Rumeli Hisari Istanbul

Mich reizt am Gastspielen besonders die Möglichkeit, ein vertrautes Stück mal auf einer anderen Bühne zu erleben und zu sehen, wie es in einer anderen Umgebung als dem schönsten Theater Münchens wirkt.
Das Gastspiel am Bosporus war aber in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Da war zuerst einmal das Stück: Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny. Würde dieses am Gärtnerplatz sehr beliebte Stück in einer sich von unserer Kultur unterscheidenden angenommen werden? Die Organisatoren des 2. Istanbuler Opernfestival waren sich ihrer Sache sicher und der Publikumszuspruch gab ihnen recht. Zwei sehr gut besuchte Vorstellungen, ein in großen Teilen junges, türkisches Publikum folgte dem Geschehen auf der Bühne hochkonzentriert und feierte die Protagonisten am Ende mit Standing Ovations.
Diese waren auch mehr als verdient und galten sicherlich auch denjenigen, die nicht auf der Bühne standen, ohne deren gemeinsame Anstrengungen diese beiden Abende aber nicht möglich gewesen wären.
Denn gerade in diesem Stück wird die Drehbühne viel genutzt, fahren Stühle aus der Versenkung hoch, spielen Teile am Bühnenrand vor einem schwarzen Vorhang. Der Aufführungsort hätte unterschiedlicher nicht sein können: ein Amphitheater über dem Bosporus mit Felsenbühne und ohne Vorhang. Die Herausforderungen, die der Spielort an Bühnentechnik, Möbler, Beleuchtung, Ton, Orchester, Chor und Solisten stellte, wurden bravourös gemeistert. Schon allein, wie die drei großen Stühle, die die Klimax im Wachstum der Stadt Mahagonny symbolisieren, den Berg hinaufgeschafft und dort fixiert wurden, um in der Pause mit vereinten Kräften auf die Bühne getragen zu werden, hätte eigentlich einen Sonderapplaus verdient gehabt. [singlepic id=982 template=caption w=256 h=170 float=left]

Die Inszenierung wurde den Gegebenheiten angepasst, besonders gefallen hat mir, dass das Publikum in der vollen Breite der Bühne miteinbezogen wurde. Bei der zweiten Vorstellung saß ich ganz unten, und dieses Erlebnis war ganz besonders intensiv. Trotz der Intimität des schönsten Theater Münchens kommt man ja den Darstellern nie so nahe wie hier. Auch die Auftritte fanden teilweise aus den Rängen statt und sorgten für besondere Publikumsnähe.
Die Akustik war außerordentlich, und das Orchester unter Andreas Kowalewitz klang wirklich fabelhaft. Auch war die Textverständlichkeit außerordentlich gut, so dass ich einige Stellen für mich neu entdeckte und mitnehme in das wunderbare Theater am Gärtnerplatz, wenn das Stück dort in der nächsten Spielzeit Wiederaufnahme hat.
Der Chor glänzte, wie schon so oft, durch Spielfreude und präzisen Gesang und wurde bestens von Inna Batyuk, der stellvertretenden Chordirektorin am Gärtnerplatz, geleitet.
Die Besetzung war an beiden Abenden gleich, was ebenfalls bemerkenswert ist, denn die Partien, die von der Opernarie bis zum Musical reichen, sind sicher nicht ganz einfach zu singen. Alle Solisten waren wirklich unglaublich gut und machten diesen Abend zu einem besonderen Erlebnis. Wolfgang Schwaninger, Harrie van der Plas, Gregor Dalal, Martin Hausberg, Cornel Frey, Stefan Sevenich, Marianne Larsen und Heike Susanne Daum wurden zu Recht vom Publikum gefeiert.
Es hat sich gelohnt, diesen Abstecher mitzumachen, das wunderbare Ensemble des Gärtnerplatztheaters mal aus einer anderen Perspektive zu sehen. Danke für diese tolle Zeit an alle Beteiligten!

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Glückliche Reise, 25.06.2011, Philharmonie Köln

Mal ganz ehrlich, die Handlung dieser selten gespielten Operette von Eduard Künneke ist ein ganz kleines bisschen abstrus. Da fahren zwei deutsche Auswanderer mal eben von Brasilien zurück nach Deutschland, um sich mit Frauen zu treffen, die sie erstens nur aus Briefen kennen und mit denen sie zweitens auch nicht verabredet sind. Als komplizierender Faktor kommt noch hinzu, dass die Korrespondenz nur von einer Frau geführt wurde, die sich zusätzlich noch als Millionärin ausgegeben hat. So weit alles klar? Dann fügen wir noch einen Reisebüroinhaber dazu, der auf die Briefeschreiberin steht sowie ein paar Ballettratten, die für Verwirrung sorgen und fertig ist das Operettenlibretto.
Wäre da nicht die wirklich ganz ausgezeichnete Musik von Eduard Künneke, der ja meistens lediglich mit dem “Vetter aus Dingsda” assoziiert wird und die Dialoge in der sehr guten Fassung von Regisseurin Sabine Müller, könnte so eine konzertante Operettenaufführung leicht in Langeweile umschlagen.
Langweilig war es aber in keinster Weise. Im Gegenteil, die Melodien haben das gewisse Etwas, der Stilmix vom Tango bis zum Lied a la Comedian Harmonists birgt immer wieder neue Überraschungen und ein Ohrwurm jagt den nächsten. Das titelgebende Stück erweist sich als echter Hit beim mitklatschfreudigen Publikum, das überwiegend kurz nach der Uraufführung geboren worden sein dürfte. Auch war es eben nicht komplett statisch-konzertant, sondern durchaus mit ein bisschen Kostüm und Schauspiel, was zusätzlichen Pep in den Abend brachte.
Musikalisch war es ein Hochgenuss. Das WDR-Rundfunkorchester unter Antony Hermus spielte genauso präzise und harmonisch wie das Gesangs-Doppelquartett sang. Die Solisten waren sorgfältig ausgewählt und brillierten in ihren Partien, allen voran die famose Heike Susanne Daum als Lona Vonderhoff, der sie mit ihrem klangschönen Sopran und ihrer Bühnenpräsenz Charisma verlieh. Besonders nett fand ich die kleine Einlage mit einem Geburtstagsständchen für sie, das ja auch live im Radio übertragen wurde. Aber auch ihre Soprankollegin Natalie Karl und die drei Tenöre Stephan Boving, Jürgen Sacher und Boris Leisenheimer beeindruckten mich mit ihrem Gesang und Schauspiel.
Ein sehr schöner Abend!

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Opernsoirée, 29.05.2011, Historisches Stadttheater Weißenhorn

Schon alleine wegen des Theaters hat sich dieser mehr als spontane Ausflug ins schwäbische Weißenhorn mehr als gelohnt. Das mit 142 Sitzplätzen kleinste öffentliche und bespielbare Theater Bayerns ist wirklich wunderhübsch. Die folgenden Bilder stammen von Andreas Praefcke, der sie freundlicherweise unter CC-Lizenz bei Wikimedia Commons zur Verfügung gestellt hat.

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Aber das war nur the Cherry on the Cake, der wirkliche Grund meines Daseins hieß Rita Kapfhammer. Die nicht nur im schönsten Theater Münchens äußerst beliebte Solistin hatte hier fast so etwas wie ein Heimspiel, war sie doch vor ihrer Zeit am Gärtnerplatz 10 Jahre in Ulm engagiert.

Es gab vor Beginn eine Einführung durch den Meininger Operndirektor Dr. Klaus Rak, die Soirée selbst moderierte Heinrich Graf, der musikalisch-künstlerische Leiter der Weissenhorner Kammeroper.

Als erstes sang sie im Duett mit Sybille Sachs vom Theater Meiningen “Geschwind zu meiner Nachbarin” aus “Den Lustigen Weibern von Windsor”, eines meiner frühen Lieblingsstücke, das in mir die Neugier auf mehr geweckt hat. Leider passten die zwei Stimmen nicht wirklich harmonisch zusammen, Rita Kapfhammers weiche Samtigkeit ist schwer zu übertreffen.

“Nun eilt herbei” aus der gleichen Oper von Otto Nicolai war das nächste Solostück der Sopranistin, gefolgt von der Arie der Magdalena “Johannes schläft” aus “Der Evangelimann”, wunderbar melancholisch vorgetragen von Rita Kapfhammer. Diese selten gespielte Oper von Wilhelm Kienzl ist noch bis 27.06.2011 an der Wiener Volksoper zu sehen.

Es folgte die Rosenübergabeszene aus dem Rosenkavalier, aber ich habs ja leider nicht so mit Strauß und kann das Stück deshalb nicht beurteilen. Danach sang Bariton Roland Hartmann, ebenfalls aus Meiningen, “Oh du mein holder Abendstern” aus dem Tannhäuser, dem Stück, dass auf meiner Wagner-To-Do-Liste ganz oben steht. Es fehlte zwar ein bisschen der Ausdruck, aber trotzdem hat er das Stück sehr gut gesungen.

Im nächsten Stück bewies Rita Kapfhammer, dass sie auch im dramatischen Fach sehr gut aufgehoben ist, in dem man sie am Gärtnerplatz leider noch nicht gehört hat. Die Arie der Fricka “Wo in den Bergen Du Dich birgst” aus der Walküre unterstrich diesen Anspruch auf dringlichste. Je mehr ich von Wagner höre, desto mehr schwindet meine Angst vor ihm und macht mir Lust auf seine Werke.

Den Abschluss bildeten zwei Stücke aus meiner Hass-Oper “Cosi fan tutte”, die mir aber so herausgelöst aus dem Opern-Kontext ausgesprochen gut gefallen haben. Vielleicht sollte ich mich wirklich nur auf den musikalischen Aspekt des Werkes konzentrieren und das superdoofe Libretto einfach vergessen.

Rita Kapfhammer richtete dann noch ein paar persönliche Worte an das Publikum, was ihr noch einige Sympathiepunkte einbrachte. Dann war es auch schon wieder Zeit, in Richtung Gärtnerplatz aufzubrechen, da am Abend die Wiederaufnahme meines Lieblingsstückes anstand. Den Teil nach der Pause diese interessanten Konzerts habe ich deshalb leider verpasst.

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Sound detectives, 28.05.2011, Barbican Hall

Es gibt Menschen, die behaupten, ich würde in der Nähe von Kindern meine Nasenflügel blähen und schnauben wie ein alter Drache. Alles Lüge! Immerhin bin ich freiwillig zu einem Kinderkonzert gegangen, jawoll. Und es hat Spaß gemacht.

Herzstück dieses Konzert ist das sogenannte audience participation piece, zu dem man bereits vor dem Konzert die Noten herunterladen konnte. So konnten die Nachwuchsmusiker schon daheim üben. Ab 90 Minuten vor dem Konzert stand dann ein Raum zur Verfügung, in dem die Kinder zusammen mit zwei Erwachsenen das Stück nochmals probten. Da gab es viel zu entdecken, mehrere Viertelgeigen und einen Achtjährigen, der super Trompete spielte. Außerdem konnten die Kinder auch verschiedenen Instrumente ausprobieren und Hütchen basteln.

Bereits zu Beginn saßen einige Kinder unter den Musikern des London Symphonie Orchestras, wahrscheinlich solche welcher. Das erste Stück war ein Arrangement der Titelmelodie von “The Incredibles” und mir daher unbekannt. Aber schon das zweite Stück, Brahms Ungarischer Tanz No. 5, hatte ich schon öfter mal gehört. Hier setzte die exzellente Moderation von Paul Rissmann an, der die Kinder Fragen zu den Stücken beantworten lies, bei denen auch die Erwachsenen noch was lernen konnten. Oder hätten Sie gewusst, dass in besagtem Stück das Tempo 17 Mal wechselt? Ich nicht.

Weiter ging es mit Stravinsky, Prokofiev und Bizet, bevor das audience participation piece angekündigt wurde. Wer ein Instrument dabei hatte, spielte mit, wer nicht, hat gesungen. Ein Riesenspaß war es jedenfalls für jung und alt. So kann man Kinder für klassische Musik begeistern, das hat man deutlich gemerkt. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die es auch von den Eintrittspreisen her (Erwachsene 9 €, Kinder die Hälfte) ein richtiges Familienstück war.

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